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FC – 1899 Hoffenheim: Jurassic Park

Es gibt ja Menschen, die in der Vergangenheit leben. Für die “früher immer alles besser” war und die fragen warum etwas zu ändern sei, wo doch alles funktioniert. Diese Nische Mensch -und ich zähle mich in großen Teilen selbst dazu- konnte gestern aus nächster Nähe bestaunen, daß es also doch einen Tag Y gibt, der dem Tag X folgt. Die TSG 1899 Hoffenheim illustrierte eindrucksvoll ihren Lauf aus jeder Situation ihren Vorteil zu schaffen, ihre Kaltschnäutzigkeit auszuspielen und den Fußballplatz als verdienter Sieger zu verlassen.

Muß man das “Projekt Hoffenheim” mögen? Wie ich an anderer Stelle schon überdeutlich erwähnte, bin ich kein Freund des “Vereins” oder des Gönners Dietnmar Hopp. Nun kann man dazu stehen wie man will, es muß einem jedoch -als Fußballfreund- wenigstens Respekt abfordern, wie die TSG ihre Spiele gewinnt und wie hilflos die Gegner teilweise sind. Wir sind das beste Beispiel.

Jaha, wenn Vucicevic aus zwei Metern das leere Tor getroffen hätte, wenn Chihi nicht dauernd über seine eigenen Füße gestolpert wäre. Wenn Petit nicht nur durch meckern aufgefallen wäre und wenn wir (alles kommt wieder auf die Vucicevic-Chance zurück) dann aus einer geordneten Abwehr mit einem -erneut prima agierenden- Geromel das Spiel hätten verschleppen können und unser träges Mittelfeld sich eher defensiv hätte orientieren können, jaha, dann… hättste… könntse… würdeste…. Hollywood is da lang! War aber nicht so.

Die Krux war ganz einfach, daß die TSG´ler ihre Chancen eiskalt nutzten und wir wieder wie die Deppen dastehen. Natürlich gibt es keine Erklärung dafür, warum der Vucicevic (ich möchte den Namen gar nicht mehr schreiben) nicht das Tor trifft. Natürlich kann es nicht angehen daß unsere engagiertesten Abwehraktionen nur das Beschwerdemanagement beim Schiedsrichter betreffen. Und…was man wieder gesehen hat: Wir haben einfach kein offensives Mittelfeld. Wir sind wie die Dinosaurier die verzweifelt versuchen ihr Revier zu verteidigen, während wir übersehen daß die Evolution eine ganz neue Spezies hervorgebracht hat, der wir nicht standhalten können.

Der Sieg der TSG ist in meinen Augen nur die Konsequenz aus einer Reihe von Unzulänglichkeiten auf unsere Seite. Es ist ja nicht so daß Hoffenheim “Hurra-Fußball” gespielt hat. Nein. Daß sie aber auch in einem absoluten Kampfspiel überzeugen konnten, muß der Liga noch viel mehr Angst machen, als irgendwas Anderes.

Nochmal: Muß man Hoffenheim mögen? Ganz sicher nicht! Ganz besonders unangenehm fiel mit Eduardo auf, der aus jedem Fliegenschiss eine Tätlichkeit mit gleichzeitiger Hodenamputation machte. Der Rest der Truppe ist davon jedoch nicht sonderlich weit weg. Insgesamt ein sehr, sehr unsymphatischer Haufen Fußballspieler.

Die “Fans” der TSG fielen auch nur durch unfassbare Arroganz auf. Man möge Euch mit Pest und Pocken bestrafen. Wenn man in einem Stadion der ersten Bundesliga zu Gast ist, der Heimverein einfach schlechter ist und man die Punkte im Sack hat, dann freut man sich! Dann genießt man die letzten Minuten und vielleicht macht man sogar ein Paar “Olé”-Rufe bei jeder Ballberührung der eigenen Mannschaft.
Auf keinen Fall jedoch gebührt es sich -als der Dorfclub der man nunmal ist- ohne regionale und/oder gewachsene Verfeindungen den “starken Mann” zu machen, 50.000 andere Stadiongäste auszulachen und einfach nur gehässig zu sein wie Scheiße es doch ist, nicht einen Herrn Hopp als Sponsor/Präses/Fickfrosch zu haben. Und wie geil man selbst ist, weil man diesen Fickfrosch Sponsor ja hat. Daß da Teile der FC´ler ein wenig ausgetickt sind, will ich nicht verteidigen -denn Gewalt ist Gewalt ist dumm ist Gewalt ist dumm ist Gewalt etc- aber ich war auch nicht derjenige der sie provoziert hat.

Man muß einfach neidlos anerkennen daß die TSG Hoffenheim einen unglaublich klugen Ball spielt und das völlig emotionslos und losgelöst von der Bürde des “für-die-Stadt-kämpfens”. Die Punkte sprechen für sich, doch SAT.1 zittert jetzt schon vor den Quoten für die nächste Champions-League. Denn ob man es will oder nicht: Wahre Gefühle und wahres Leben hat der Retortenclub (noch) nicht in sich. Und nur das verschafft Quote. Schlag nach bei Leverkusen oder Wolfsburg. Interessiert sich bundesweit keine Sau für. Hoffentlich bleibt das auch so und der geneigte Fußballfreund geht lieber Mittwochs abends seine örtliche “SpVgg” in der Kreisklasse gucken, als das TV einzuschalten um sich europäisches Einerlei aus Mannheim (lebt Klaus Schlappner eigentlich noch?) anzutun. Ich hoffe daß sich damit (fehlende Wirtschaftlichkeit, mangelnde Gedult) das “Problem” in zwei/drei Jahren in Luft auflöst…ich rechne jedoch nicht damit.

Für die Tränen und die Lust müssen dann wieder wir hinhalten. Wir längst vom austerben bedrohten, romantisch veranlagten Fans eines Fußballvereins, der nicht im Labor gezüchtet wurde, sondern in den Straßen der Stadt, von der Jugend und von der Liebe zum Spiel. Der hundert Jahre alte Kokon aus Schweiß, Blut und Tränen (jaja, interpretiert rein, was ihr wollt!).
Doch eine Sache stimmt mich zuversichtlich. Wie im Film, so ist es im Leben: Auch wenn alles feindlich und unwirklich erscheint, die Hoffnung nur noch in weiter Ferne als solche zu erkennen ist, bleibt eins doch wie in Stein gemeißelt: “Die Natur findet einen Weg!”.

Haut rein, schreibt mir was!