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FC – SC Paderborn: Euphoria galore

Hennes packte das blanke Entsetzen. Wie ein Derwisch fegte Tony Ujah zur Seitenlinie und will dem Tier an die Hörner, doch die Goaß hat keinen Bock und flieht mit Betreuer Reipka im Schlepptau weg von dem enthemmten Doppelpack-Torschützen. In Müngersdorf kümmert das keinen Menschen. Grad’ hat der effzeh das 3:0 gegen den SC Paderborn geschossen, ist punktgleich mit Lautern und nur noch 11 Punkte von Braunschweig weg. Der Samstag kumulierte in Köln schon kurz vor drei in rot-weißer Glückseligkeit. Willkommen im Tollhaus.

Vor dem Spiel gab es für mich schon den ersten Grund einigermaßen zufrieden zu sein. Bröker wurde mit Jajalo und Strobl zwei Menschen mit geraden Füßen zur Seite gestellt. Die Hoffnung, dass mal ein Paß ankommen werden würde stieg um mehrere Potenzen. Leider nur in der Theorie, denn Jajalo machte das Spiel (leider wieder mal) komplizierter als es wirklich ist, Strobl war kaum zu sehen und Bröker rannte erneut über den Platz als würde er das Endspiel in Takeshi’s Castle bestreiten. Manchmal ist das lustig, meistens jedoch nur tragisch.

So blieb in der Abteilung Kreativspiel wieder alles an Christian Clemens hängen, der -in meinen Augen- wieder mal der stärkste Mann auf dem Platz war. Ein wenig unterstützt wurde er diesmal von Matuschyk, der sein bestes Spiel seit vielen, vielen Monden machte. Das ist immer noch weit von meiner Vorstellung von einem aktiven Sechser entfernt aber immerhin. Die Laufwege waren größtenteils okay, die Unterstützung des Mittelfeld funktionierte und auch sein Tor war gut gemacht, er ist schneller als Demme und verwandelt die scharfe Hereingabe von o.e. Clemens imt der Sohle. Ich bin ja (wie ihr wisst) mit wenig zufrieden, daher ist das schon okay.

Es war jedoch für mindestens 30 Minuten das erwartet zähe, schwere Spiel. Paderborn stellte die Räume ganz exzellent zu, ließ dem effzeh sehr wenig Raum zur Entfaltung, setzte auf schnelle Balleroberung und zog damit dem eher trägen Kölner Mittelfeld schnell den Zahn. Immer wieder musste über die Außen gegangen werden, wo dann das Feld viel schneller zu Ende war als die Kölner sich umsortierten und wieder war ein Ball verloren. Das war taktisch und auch fußballerisch ein prima Auftritt des SC. Was fehlte war aber der Druck nach Vorne. Das Tor von Timo Horn stand selten im Mittelpunkt. Wirkliche Gefahr bestand kaum. Daher war das 1:0 schon die eigentliche Entscheidung im Spiel, nur welcher effzeh-Fan mit einem gesunden Mittelmaß an Verstand würde sich darauf verlassen?

Kurz vor Ende der Halbzeit kommen die ersten Gerüchte von den Journalisten vor Ort: “Achtung! CE4 kommt gleich”. “Eichner steht bereit.” “Jetzt ganz stark bleiben, Eichner kommt für Hector”. Im Sekundentakt schlugen die tweets ein und sorgten unter den effzeh-Anhängern für blankes Entsetzen. Wäre hätte gedacht, dass die Einwechslung Eichners nur die Präliminarie für eine wirklich anständige zweite Halbzeit bot, die ich nach den ersten 45 Minuten kein bißchen erwartet habe?

Spätestens nach dem 2:0 durch Ujah war den Paderbornern der Zahn gezogen. In der Folgezeit konnte man echten Fußball im Kölner Westen sehen. Das ist ja schon mal selten genug und macht daher auch richtig Spaß. Mckenna, Maroh, der eingewechselte Chihi und Ujah himself hätten das Torverhältnis weiter zu unseren Gunsten drehen können aber ich will nicht klagen. Das 3:0 machte den Deckel dann ein für alle Mal zu und Ujah startete seinen ekstatischen Lauf Richtung Hennes VIII.

© @fckoeln

Um sich ein Bild über die Stimmung und die Erwartungshaltung in der Stadt zu machen, musste man aber gar nicht bis zum Schlußpfiff warten. Schon vor dem Spiel zeigte die Südkurve, dass sie in ihrem Selbstverständnis nie zweitklassig war oder ist. Konfettiregen, tausende Schals und Fahnen. Herrjeh, was’n Bild. Auslöser war aber eher nicht der SC Paderborn sondern der Besuch der Pariser Ultras der Virage Auteuil (PSG) bei ihren Freunden in Köln. Dennoch eine klasse Aktion! Cudos!

Nun ist also das Rennen um den dritten Platz wirklich ein Rennen. Punktgleich mit Lautern, die am Montag in Braunschweig antreten müssen, das knapp schlechtere Torverhältnis aber eben noch ein ausstehender direkter Vergleich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in den nächsten Wochen schon eine Vorentscheidung fallen wird auch weil ich dem Braten aus Braunschweig noch nicht richtig traue. Elf Punkte sind zwar ‘ne Menge aber es sind auch eben noch 27 Punkte zu vergeben. Mal schauen.

Mittlerweile ist mir dann auch klar, dass man gewisse Mechanismen und Automatismen nicht ankämpfen sollte. Es wird bis zum Ende der Saison Stimmung für den Aufstieg gemacht werden, ungeachtet der Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Okay. Muss und kann ich mit leben. Der EXPRESS hievte die Titelseite heute wieder in Richtung Wahnsinn (“YES we Köln!”), die Foren quillen über, die Leute auf der Strasse sind wieder im Voll-Effzeh-Modus und verschämt kommen auch wieder die ersten Fahnen an die Fenster. Heute hab ich gesehen wie ein Kunde vor der Bäckerei seinen Schal aus dem Kofferraum holte und auf die Hutablage drapierte. So ist das hier bei uns. Da kommste auch nicht gegen an. Alle warnenden Worte sind spätestens nach diesem Samstag nur leere Töne. Da kann man auch mit der Hundeflöte pfeifen, hört auch niemand.

Gut, ich bin ja im Grunde ein Philanthrop. Echt. Ich kann mich für andere Menschen freuen und so will ich das auch hier handhaben. Natürlich ist es mir lieber, dass mein Verein gewinnt, statt dass er verliert, ist doch keine Frage und natürlich freue ich mich genauso wie ihr über jedes Tor. Das Leben für den Moment habe ich in meinen späten teens und frühen tweens zur Kunstform erhoben, heute bin ich da ein Stück reifer geworden aber -wie das so ist- manchmal kommen die Geister eben zurück. Ich bin noch nicht so weit, dass ich mir den Aufstieg wünsche. Ich denke weiterhin, dass es grundfalsch wäre hoch zu gehen aber ich gebe mich dem einheitlichen Stimmungstenor weitgehend geschlagen. Was soll man denn jetzt auch groß machen? Sagen, dass die Mannschaft jetzt nah dran ist aber damit ist auch gut. Nee, schon klar. Jetzt hast Du gottweißwas investiert, jetzt willst Du auch die Ernte einfahren. Kann ich hunderprozentig nachvollziehen.

Also gut, effzeh: Come on! Zeig mir was!

Nächste Woche muss der 1.FC Köln auswärts in Dresden antreten. Montag, 20:15 Uhr. 580 km. Ich rechne mit 1.500 -2.000 Auswärtsfahrern. Dresden hat heute gegen Aue verloren, steht tief im Abstiegskampf und wird ganz bestimmt kein leichter Gegner. Aber: Die Serie von 13 ungeschlagenen Spielen ist sicher keine Garantie aber immerhin schon ein Ausrufezeichen nicht duckmäuserisch an die Elbe zu fahren.

2 comments to FC – SC Paderborn: Euphoria galore

  • pedi

    dir zum trost,das spiel in dresden ist noch lange nicht gewonnen,aber ich sehe es lieber der effce gewinnt.
    wenn das am ende heist,das sie (er)aufsteigen ,dann so what.

    mfg pedi

  • Mittlerweile haben wir gegen Dresden gewonnen und Ujah und Hennes haben sich wieder lieb.
    Alles läuft prima und das ist aus Kölner Fansicht leider ein ungewohntes Gefühl.
    Aber ich könnte mich dran gewöhnen.
    Gruß
    Die kölsche Ziege

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