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VfB Stuttgart – FC: Patient atmet noch

Wenn nichts mehr zu gehen scheint kommt der VfB Stuttgart mit seinen elf Kneifzangen und zieht ganz behutsam Nagel für Nagel aus dem eigentlich schon bezugsfertigen Kölner Sarg. Seit wir 1581 das letzte Mal im „Ländle“ verloren haben, ist das Spiel in Stuttgart tatsächlich immer eine Konstante. Der Effzeh gewinnt halt irgendwie. Ob glücklich oder nicht spielt in unserer Situation überhaupt keine Rolle, das Ding war mehr als wichtig!

Wenn es ein wichtiges positives Fazit außerhalb des puren Ergebnisses geben kann, dann dass der FC mit viel Einsatz eine starke, disziplinierte Leistung zeigte, die sonst so üblichen Konzentrationsschwächen auf ein Minimum beschränkte, auch nach der Pause nicht den Faden verlor und nicht, wie das Kaninchen vor der Schlange, versuchte ein 0:0 über die Runden zu krüppeln.

Von Anfang an schien sich die Mannschaft bewusst zu sein dass sie ihr Schicksal selbst in der Hand hat. Vor Wochenfrist sahen wir eine leblose, emotional verwelkte Kölner Truppe, die nichts mit dem Auftritt von Heute gemein hat. Woran liegt das? Wie kommen diese Schwankungen zustande? Letztlich will ich es wahrscheinlich gar nicht wissen. Wir müssen im Jetzt leben und die drei Punkte genießen.Selten waren sie so nötig, so wirklich überlebensnotwenig.

Trainer Schaefer hatte schon am Donnerstag angekündigt Faryd Mondragon, unseren wechselwilligen Torwart aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, wieder ins Tor zu stellen, zu unsicher trat der junge Miro Varvodic im Derby gegen Gladbach auf. Das Ziel der Maßnahme schien klar: Der Abwehr die nötige Ruhe zu geben, die er halt ausstrahlt. Ob diese Ruhe immer nur Routine oder auch manchmal Ignoranz einer gefährlichen Situation ist sei mal dahingestellt, der Plan ging auf, Mondragon zeigte eine tadellose Leistung und gab so der Innenverteidigung vielleicht den Tacken mehr Sicherheit um den Kasten komplett sauber zu halten.

Ebenfalls aus der Mannschaft flog Stephan Salger, der in den letzten Spielen leider nicht den Eindruck machte als dass er dem Team groß weiterhelfen kann. Schaefer zog für sich die Konsequenz dass Fabrice Ehret wieder zurückgezogen wird, der Trainer hat ja nun wirklich keine Alternativen auf der Bank. Was unter Soldo so grandios misslang ging diesmal auf. Ehret ist natürlich immer noch kein linker Außenverteidiger aber durch die Unterstützung von Pezzoni, der sich abwechselnd um Cacau und Ciprian Marica kümmerte und einem unermüdlichen Podolski konnte der Franzose das Spiel schadlos überstehen und sich auch das ein oder andere Mal mit nach Vorne einschalten, wo seine Flanken allerdings für keine Gefahr sorgten.

Links spielte der ewige Miso Brecko. Auch wenn es langweilig ist aber wenn der VfB etwas zustande brachte, dann über seine Seite. In der ersten Halbzeit wurde er ein, zwei Mal von Boka düpiert, er ist einfach gedanklich nicht in der ersten Bundesliga zu Hause. Eine Kopfballchance gab es noch von Cacau, da stieg er gar nicht zum Ball hoch, sondern guckte dem Stuttgarter Stürmer nur auf die Brust, seine Vorstöße sind in der Regel nicht der Rede wert aber dann bringt er die Flanke die zum Elfmeter führt. Richtig viel falsch gemacht hat er nicht aber es ist eben wie es ist, besser ist er nicht und Andere haben wir nicht. Für einen Sonntag im November belassen wir es mal dabei.

In der Innenverteidigung standen wie erwartet Geromel und Mohammad. Pedro mit einem sehr guten Spiel, er war immer zur Stelle, kläre meistens bevor irgendeine Gefahr entstehen konnte. Unser Libanese war da deutlich anfälliger auch wenn er sich ebenfalls keine wirklichen Schnitzer erlaubte. Eine Situation in der ersten Halbzeit, als er viel zu weit von seinem Gegenspieler weg stand, erinnerte stark an Hannover nur dass der Stuttgarter knapp am Tor vorbei zielte. Leider war auch sein Stellungsspiel nicht immer astrein, so war er mindestens zwei Mal schon ausgespielt, weil er einfach die Situation nicht erkannte und somit zwei Schritte zu spät dran war. Wir können uns bei der wirkliche harmlosen VfB-Mannschaft bedanken, dass diese keine Nutzen aus den freien Räumen ziehen konnte.

Vor der Abwehr kam Petit wieder zurück in das Kölner Spiel und zeigte mit einem starken Auftritt dass er für die Mannschaft immer noch enorm wichtig sein kann. Praktisch jedes Aufbauspiel lief über ihn, er versuchte immer wieder schnell in die Spitze zu spielen, ging auch mal ein paar Meter mit dem Ball und hatte zudem immer wieder den Ehrgeiz selbst abzuschließen. Eine richtiger Führungsauftritt. Hut ab, sehr starke Leistung. Neben ihm kam Kevin Pezzoni zum Einsatz. Schaefer legte damit die (auf dem Papier) defensivere Grundausrichtung fest, anstatt mit Matuschyk einen kreativen Kopf zu bringen. Pezzoni und Petit teilten sich den Raum gut untereinander auf, zeigten beide gutes Stellungsspiel und hohen körperlichen Einsatz. Beide sorgten mit ihrer Leistung dafür, dass die Stuttgarter -bis auf wenige Ausnahmen- kaum gute Angriffe durch die Mitte zustande brachten, sondern meistens schon vierzig Meter vor dem Gästetor abbrechen und auf Außen ausweichen mussten.

Etwas offensiver ausgerichtet waren Lanig und Jajalo, die das Mittelfeld komplettierten (wenn wir Podolski mal als Stürmer durchgehen lassen wollen). Lanig mit einer bissigen, fast über-motivierten Einstellung gegen seinen Ex-Club. Ich kann mir nicht helfen aber ich finde ihn immer noch etwas träge, wenn er denn den Ball mal unter Kontrolle hat. Es macht mir den Eindruck dass er weiß was er machen will, die Ansätze auch da sind aber das Spiel einfach eine Spur zu schnell für ihn ist. Über seinen Einsatz und seine Motivation kann man aber nicht meckern. Dass er in der Pause in der Kabine bleiben musste lag an seiner frühen gelben Karte. Die Auswechslung war notwendig. Im nächsten Spiel gegen Wolfsburg ist er aber dennoch gesperrt.

Wie das dann aussehen kann (oder wird?) haben wir in der zweiten Halbzeit gesehen als Clemens eingewechselt wurde und eigentlich überhaupt nicht mit Jajalo harmonierte. Beide standen sich mehr als einmal auf den Füßen, kannten die Laufwege des jeweils anderen nicht und verloren so eine Menge Bälle. In der ersten Spielhälfte war Jajalo deutlich stärker auch wenn er es manchmal mit dem Dribbeln übertreibt.

Podolski wurde vom Trainer aus dem hängenden Zentrum nach halblinks beordert. Zum Einen konnte er so Ehret die nötige Unterstützung auf der Außenbahn anbieten und außerdem häufig seine Schnelligkeit ausspielen um sich von seinem schwacher Bewacher Celozzi frei zu spielen. Er hatte zwei sehr gute Einschussmöglichkeiten, scheiterte jedoch am fehlerfreien Stuttgarter Tormann Ulreich. Poldi zeigte jedoch eine ganz starke, mannschaftsdienliche Leistung, hatte ein hohes Laufpensum und übernahm von Beginn an Verantwortung. So will man den Mann sehen und eigentlich muss man ja sagen, dass wir ihn diese Saison häufig so sehen. Er hat den Kampf auf jeden Fall angenommen und zeigt dass er mit Herz und Seele bei der Sache ist. Es gibt schlimmere Nachrichten!

Novacovic spielte wie immer, nur dass er diesmal den Abschluss nicht im Tor unter brachte. In der ersten Hälfte wird er vom schlechten Schiedsrichter Dingert aus dem Vorteil zurück gepfiffen, in der Schlussphase hat er die Riesenmöglichkeit zur Entscheidung, scheitert aber ebenso wie Podolski an Ulreich. Dazwischen schirmt er den Ball ab, geht immer wieder steil und überzeugt auch in seinem Zusammenspiel mit seinem Sturmpartner. Natürlich können die zusammen spielen!

Das Siegtor für den Effzeh fällt nach einem umstrittenen Elfmeter, den Niedermeier an Nova verursacht. Flanke von Brecko in den Strafraum, nicht mal besonders gefährlich weil sie recht unpräzise kommt, Nova ist nur mit einem Fuß dran, klammert genauso wie sein Gegenspieler, fällt und der Schiri zeigt Elfmeter. Keine Frage, das war schon sehr, sehr glücklich, denn er kann auch weiterspielen lassen, wenn nicht sogar Freistoß für den VfB geben. Wäre die Situation auf der anderen Seite passiert würde ich Zeter und Mordio schreien, so nehme ich es als gottgewollt hin und freue mich über die Kaltschnäuzigkeit von Podolski und seine ehrliche Freude.

In den letzten Minuten probiert Stuttgart natürlich alles aber wirkliche Torchancen kommen dabei nicht zustande. Der VfB scheint mit dem Druck nicht besonders gut umgehen zu können auch wenn das Publikum nicht die Geduld verlor und eigentlich über das gesamte Spiel ihre Mannschaft unterstütze. Das hat man im Süden auch schon mal anderes gesehen.

Unter dem Strich ist der Sieg zwar nicht unverdient aber doch glücklich weil beide Mannschaften sich nicht viel nahmen. Der Effzeh musste zwei äußerst brenzlige Situationen überstehen, der VfB hatte Ulreich im Tor. Wichtig war die Reaktion der Mannschaft nach der JHV, nach der Niederlage gegen Gladbach. Diese wurde gezeigt. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger. In unserer jetzigen Situation ist das fast schon mehr als ich erwartet habe, von daher kann mir das „wie“ der Sieg zustande gekommen ist diesmal reichlich egal sein. Durch die gestrige Niederlage der Fohlen ist der FC nicht mehr Letzter, hat nun genauso viele Punkte wie Stuttgart und wenigstens sehen wir Licht am Ende des Tunnels. Natürlich ist das Spiel nur ein erster Schritt in Richtung einer Genesung des Patienten aber immerhin ist es schön, dass dieser noch nicht in ein Hospiz überwiesen wurde.

Nächste Woche kommt der VfL Wolfsburg nach Köln. Die tun sich gerade mächtig schwer gegen St. Pauli. Es kann für den FC nur eine Marschroute geben: Das Publikum von Beginn an einspannen, über Kampf und Einsatz Chancen kreieren und absoluten Willen zeigen. Es wird auf jeden Fall spannend zu sehen ob das Team wieder in den „Mr Hyde-Modus“ umschwenkt oder tatsächlich die Kurve kriegt. Zu wünschen wäre es uns!

Haut rein, schreibt mir was!