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Kinotag: Slumdog Millionaire

Slumdog Millionaire, UK 2008, Celador Films/Fox Searchlight/Prokino

Danny Boyle, bekannt geworden mit “Trainspotting”, besinnt sich nach dem mittelmäßigen “Sunshine” auf seine Wurzeln und kehrt zum Underdog-Kino zurück. Eine richtig gute Entscheidung!

Die Geschichte ist abwegig, kompliziert, gewaltätig, unglamourös, rührend, liebevoll und glänzend erzählt. Die Vorlage lieferte Vikas Swarup mit seinem Buch “Q & A” (dt.: “Rupien, Rupien”).

Der “Slumdog” Jamal Malik steht vor dem größten Tag seines Lebens. In der indischen Variante von “Wer wird Millionär” hat er es bis zur letzten, der 20 Mio. Rupien-, Frage gebracht.
Der Showmaster, eine arrogante und selbstverliebte Karrikatur glaubt nicht daß die letzten 14 Fragen nur durch Wissen und Glück beantwortet wurden sondern hält Jamal für einen Betrüger. Er läßt ihn verhaften.

Gefoltert, geschlagen, gedemütigt erzählt Mailk den Polizisten wie er es fertig brachte die bisherigen Fragen zu beantworten.

Die einzelnen Episoden werden in Rückblenden erzählt. Von der Kindheit auf den Müllbergen Bombays Mumbais bis ins Heute hinein, erlebt der Zuschauer eine Epoche eines sich wandelnden Landes.

Die Umsetzung ist gradezu virtuos geworden. Boyle gelingt es die Veränderungen in der (indischen) Gesellschaft einem (westlichen) Publikum sehr plastisch darzustellen. Von der dritten Welt über eine Schwelle zur Informationsgesellschaft. Das ist ganz großes Kino.

Daß wir uns nicht falsch verstehen. Natürlich ist es in erster Linie ein klassisches, fast Shakespear-haftes Drama. Bruderliebe und -Zwist, verlorene Liebe, Mord und Totschlag, Neid, Mißgunst, Sühne und Vergebung. Dies wird alles sehr roh und unverfälscht dargestellt, was das Erlebnis noch intensiver werden läßt. Ich will gar nicht groß auf die einzelnen Stories eingehen, das wäre viel zu kompliziert und spannungsarm.

Der Cast besteht ausschließlich aus (mir) unbekannten Indern, die jedoch ein Feuerwerk abfackeln. Das meine ich nicht im “Bollywood”-Sinn, sondern auf sehr westlicher Ebene. Bis auf den Abspann erinnert nichts an indisches Kino….ähm außer den Indern und Mumbai und…naja, Ihr wißt schon. Was ich sagen will ist, daß der Film so auch in Kapstadt, Kingston, L.A. oder Karl-Marx-Stadt funktionieren würde.

Die Gewaltdarstellung ist explizit und authentisch. Sie ist sogar nötig um zu verstehen was Indien oder zumindest den dargestellten -molochige Teil- Indiens ausmacht. Ich hoffe ich trete keinem Inder auf die Füße. Ich war noch nie dort und kann mir kein Bild machen aber es sieht schon sehr, sehr echt aus.

Spannung im Thriller-Sinn existiert nur am Rande. Natürlich will man wissen wie sich alles auflöst, doch eigentlich habe ich bedauert daß WWM nur aus 15 Fragen besteht. Für mich hätte der Film nochmal ´ne Stunde weitergehen können, so faszinierend sind die Bilder und Eindrücke.

Meisterwerk!

90 von 100

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