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Kinotag: Redacted

Redacted. USA 2007, Magnolia Pictures
Eine Legende erzählt von einem Kaufmann in Bagdad, der seinen Diener zum Markt schickte. Schon nach kurzer Zeit kam dieser blass und aufgeregt zurück. „Ich wurde auf dem Markplatz von einem Menschen angestoßen und als ich mich umdrehte, erkannte ich den Tod“, berichtete er atemlos. „Er schaute mich an und machte eine drohende Handbewegung.
Herr, ich bitte dich, gib mir ein Pferd. Ich will nach Samarra reiten, dort wird mich der Tod nicht finden.“ Der Knecht erhielt das beste Pferd im Stall und galoppierte los. Später ging der Kaufmann selbst zum Markt und sah den Tod mitten in der Menge stehen. Er fragte ihn: „Warum hast du heute morgen meinen Knecht mit solch drohender Handbewegung erschreckt?“ „Das war keine drohende Bewegung“, sagte der Tod, „ich war nur überrascht, ihn hier in Bagdad zu sehen, denn ich habe heute Abend eine Verabredung mit ihm in Samarra!“

Puh. Was ein Film. Brian de Palma erzählt die Geschichte einer Einheit US-Soldaten im Krieg gegen den Terror, die einen Kontrollpunkt im irakischen Samarra bewachen müssen. Völlig desilusioniert und abgestumpft verrichten sie ihren Dienst, ständig umgeben vom inneren und tatsächlichen Tod. Soldaten sterben, Irakis sterben, eine Razzia wird durchgeführt, es kommt zu Kriegsverbrechen. Der Film leht an das reale Massaker von Mahmudiyya an.

Brian De Palma variiert “Die Verdammten des Krieges” in den “modernen” Krieg. Die Protagonisten sind ohne wirkliche Tiefe und Seele. Ich bin mir noch nicht sicher ob das so gewollt ist oder ob es da einen kleinen Fehler im Drehbuch gibt. Letztlich spielen die Soldaten aber gar nicht die Hauptrolle in dem Film sondern es geht in erster Linie um den Krieg selbst, der sich einholt, überholt und so grotesk unwirklich wird daß er nur in einer Katastrophe für alle Beteiligten enden kann.

Der Film ist eine Montage, mehr Handwerk als Umsetzung. Erzählt wird die Geschichte mit Hilfe eines Video-Tagebuchs eines US-Soldaten, einer französischen Dokumentation, Ausschnitten von mehreren (fiktiven) Fernsehstationen, Videos von diversen Webseiten und Überwachungskameras. Das ist perfekt gemacht, erzeugt einen hohen Spannungsbogen und eine Art emotionale Bindung an die Protagonisten. Leider fällt diese Beklemmung in den letzten zwanzig Minuten immer mehr ab, denn man erkennt keinen Grund mehr das Handeln der Personen nachzuvollziehen.

Natürlich ist es in erster Linie eine Klage gegen den Krieg, gegen die Bush-Administration, gegen das oberflächliche, dumme, kriegsheldenverehrende White-Trash-Amerika. Die Botschaft ist so eindeutig daß man zu schnell vergißt daß in dem Film auch die etwas leiseren Töne und die (tatsächlich dargestellte) Verzweiflung der stationierten Soldaten vorkommen. Das ist für mich in der zweiten Häfte etwas untergegangen. Schade drum, denn diese Momente haben mir sehr stark das Gefühl vermittelt dem Ursprung der ganzen Geschichte nahe zu kommen.

Es ist keine verschwendete Zeit sich den Film anzuschauen aber es ist leider nicht das erwartete Meisterwerk. Dafür ist es zu brachial.

65 von 100

Haut rein, schreibt mir was!