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Dragon Age 2: Ein Zwischenspiel

(c) Bioware / EA

Hm. Schwierig die richtigen Worte zu finden. Nachdem ich DA Origins geliebt habe, jede einzelne Herkunftsgeschichte durchgespielt habe, meine Party so im Griff hatte, dass ich eigentlich gar nicht mehr eingreifen musste, mit alle Add-Ons und was-weiß-ich-noch-alles fertig war, konnte der 10 März gar nicht schnell genug kommen, denn da versprach Bioware die Fortsetzung des Epos. Musste ich haben.

Vorab wurde viel über die veröffentlichten Trailer und bestätigten Entscheidungen der kanadischen Entwickler diskutiert. Allerorten waren die Fans der Meinung, dass die Neuerungen dem Spiel nicht gut tun werden, dass die Gefahr der “Verwässerung” besteht und die RPG-Hardcores eigentlich nur die Chance haben würden auf “The Witcher II” zu warten. Eine mäßig kluge Entscheidung traf man mit der Veröffentlichung der schaurigen Demo, die alle Befürchtungen sogar noch toppte. Entsetzen in den Nerd-Höhlen und Trolle am Keyboard waren die Folge. Ich habe mich mit Infos über den Nachfolger nur spärlich versorgt, denn erstens bin ich kein wirklicher “Gamer” und zweitens weiß ich mittlerweile wohin Erwartungen und Hoffnungen und Paranoia führen können. Fragt mich mal nach der Matrix…

Okay, kommen wir zurück nach Ferelden (der Heimat unseres Helden und der Schauplatz der Geschehnisse in “DA Origins”). Hawke, so heißt der entweder männliche oder weibliche Held, ist ein Flüchtling. Nachdem das Dorf Lothering von der “dunklen Brut” (vergl. Orks vom LotR) überrannt wurde, ist er mit seiner Familie auf der Flucht. Nach kurzem Überlegen wohin denn nun die Reise führen soll, hat die Mama die beste Idee: Lasst uns mal nach Kirkwall wandern, da haben wir noch Familie. Gesagt, getan. Man hilft ‘ner Templerin, schlitzt ein paar Hurlocks und Genlocks auf, trifft auf ‘nen Drachen (für Norbert: Das Spiel heißt Dragon Age! Geht sich um Drachen! Weißte Bescheid…), der eigentlich gar kein Drache ist und gelangt nach Kirkwall. Soweit waren wir nach der Demo schon.

Nun muss unser Held feststellen, dass das alles nicht so super einfach ist mit fereldischen Flüchtlingen in der großen fremden Stadt. Die Familie Hawke ist nämlich nicht die Erste, die den Geistesblitz hatte umzusiedeln als die Kacke zu sehr anfing zu dampfen. So sind die Bewohner der Stadt auch eher wie italienische Grenzer, wenn es um Flüchtlingsboote aus Afrika geht: Erstmal draußen sammeln.

Um in die Stadt zu gelangen muss der Held nun Frohndienst leisten. Na gut. Wenigstens ist Bioware so gnädig uns dieses erste Jahr nur anzudeuten. Machen muss man nix. Irgendwann ist die Sequenz zu Ende, man wird in die Freiheit in der Stadt entlassen und das “echte” Spiel kann beginnen. Bis man dann wirklich “Champion von Kirkwall” wird, vergeht aber noch ein bißchen Zeit.

Dann kommen wir mal ans Eingemachte:
Was als Erstes auffällt, ist die Erzählweise. In Rückblicken erzählt der Zwerg Varric einer Templerin die Geschichte des Champions. Mal bleibt er nah an der Wahrheit aber es kann auch sein, dass der Zwerg Blödsinn erzählt und man nach einem Kampf erfahren muss, dass dieser so nie stattgefunden hat und man sich die Mühe des Siegs völlig umsonst gemacht hat. Das ist auf der einen Seite interessant, auf der anderen Seite kann es aber auch zu Frust führen.

So begeleiten wir Hawke also durch seine Jahre in Kirkwall. Schnell findet sich die Party zusammen: Eine Blutmagier-Elfe, einen Magier-hassenden Elfen, der erwähnte Zwerg, Anders – der Magier aus Awakening, eine Piratin, die im Prolog gerettete Templerin und schließlich noch die Schwester des Helden. Es gibt noch einen bogenschießenden Prinzen aber dafür braucht man ein DLC und wird deshalb erstmal nicht erwähnt. Die Charaktere sind so ziemlich 08/15. Varric ist ganz nett und Fenris, der lyriumverseuchte Elf auch aber der Rest ist ziemlich austauschbar. Es baut sich auch nicht wirklich ein Gruppengefühl auf, denn anderes als im Original muss man -um mit den einzelnen Leuten zu sprechen- in deren Behausungen einkehren. Man hat kein Lager wo alle Mann an einem Platz anzutreffen sind. Ganz schön doof.

Gut, haben wir die Party abgefrühstückt. Kommen wir zum Setting. Die gesamte Geschichte findet in und um Kirwall statt. Der Held ist heimatverbunden und geht nicht auf Reisen. Konnte man im ersten Teil noch durch ganz Ferelden wandern, Dörfer entdecken, Wälder und “tiefe Wege” erforschen, reduziert sich hier alles auf drei Höhlen und ein paar Straßen. Das ist für den Anspruch eines “Dragon Age” einfach viel, viel zu wenig.
Wirklich ärgerlich wird es, wenn man feststellt, dass sich Bioware noch nicht mal die Mühe gemacht hat die verschiedenen Innen-Areale anderes zu gestalten. Ein Haus gleicht dem anderen, die eine Höhle ist genauso aufgebaut wie die nächste. Treppen, Stege, Durchgänge: Alles gleich. Einmal designed, sieben verschiedene Texturen drüber, fertiges Spiel. Junge, Junge, das ist fast schon frech. Wenn sogar den programmierten Protagonisten langweilig wird, sollte das zu denken geben oder wie sonst soll ich Hawkes Einwurf bei einer Quest verstehen: “Gut, gehen wir in das Anwesen. Wieder mal.”…Es wird wirklich irgendwann öde.

Kurz vor dem Ziel: Der Held und sein Zwerg im Hafen.

Damit sollten wir kurz zur Technik kommen: Die Grafik ist nicht überragend aber geht schon noch. Man kann sich ein HQ-Texture-Set runterladen, wenn man die Hardware dazu hat (achja: ich rede hier rein über PC. Keine Konsole im Haus). Ist schon okay auch wenn genug Fehler dabei sind aber, hey, eine Augenorgie war Origins auch nicht und dennoch hat es monstermäßig Spaß gemacht. Damit kann ich leben. Ganz stark sind die Zwischensequenzen, denn die Gesichtszüge wurden merklich verfeinert. Die Gespräche sind ebenfalls gut gelungen und sogar die Synchro wirkt professionell und stark. Technisch kann man den Jungs also keinen großen Vorwurf machen, wenn die Faulheit nicht so eklatant herausstechen würde.

Die Storyline ist interessant und vielschichtig auch wenn sie mit dem Vorgänger eingentlich nichts zu tun hat. Es geht weder um die Gefahr einer “Verderbnis” durch die dunkle Brut noch um einen Erzdämon. Hier werden “weltliche” Themen angesprochen. Der Konflikt zwischen Templern und Magiern steht im Mittelpunkt der Geschichte. Umso ärgerlicher, dass Bioware das Ende des regulären Spiels so verpatzt hat, dass es eigentlich nur mit einem Add-on oder einem DLC zu retten ist. Oder waren das etwa die Taktikfüchse von EA, deren Eiterpestbeulen eigentlich mittlerweile das ganze San Mateo County zu einer kontaminierten Zone machen müssten, die auf die Dummheit des Publikums setzten? Mir reicht dieser Scheiß langsam. Wenn ich ein Spiel kaufe(!), dann möchte ich auch das ganze Spiel sofort und an einem Stück haben und nicht häppchenweise neue Inhalte bezahlen müssen. Soll sich keiner beschweren, dass die Umsätze flöten gehen. Genauso bescheuert ist das unsägliche “kannst-nur-spielen-wenn-du-online-bist”-Aktivierungs-System. Kein Wunder, dass EA die Brühe um die Ohren fliegt, weil die Server reihenweise in die Knie gehen. Ich halte diese Art von Verkaufsstrategie für grundfalsch und hoffe dass die Domestizierung der Menschen durch solche Halunke noch nicht zu weit vorangeschritten ist. Doch, da können wir Bücher drüber schreiben und mir fehlt jetzt die Lust mich weiter aufzuregen. Machen wir noch einen Abstecher zu den Quests und den Kämpfen:

Wie üblich sind nem der Hauptstory noch eine Menge Nebenquests zu erledigen. Vom einfachen Auffinden von Gegenständen, bis zur Geiselbefreiung, vom Magier-töten, bis Magier-berfreien, ist viel dabei. Leider ist das schwache Setting auch hier ein erheblicher Freudenstop, denn machten mir die Erfahrungslevel 5-13 noch ziemlich viel Spaß, wird es spätestens dann reichlich lahm. Immer wieder in die Gießerei, immer wieder an die Küste, immer wieder will irgendjemand irgendwas mit mir im “gehängten Mann” besprechen. Man hat nur drei Gebiete: Kirwall Tag, Kirkwall Nacht und Kirkwall Umgebung. Den Vogel schiessen dann solche Missionen ab wie: Triff Elf XY am Tag im Gesindeviertel, sprich mit Elf, Elf sagt dir du sollst nachts wiederkommen. WAS SOLL DAS? Jetzt mal ernsthaft: Da brauch ich doch ‘nen Schnaps! Nervtötend.

Zudem sind die Kämpfe mit einem sehr dummen Trick versehen: Immer wieder tauchen aus dem Nichts neue Gegner auf. Da hat man gerade seine Armbrust und seinen Magier safe gesetzt, da fliehen auf einmal die Healthpoints wie Kakerlaken wenn das Licht angeht, weil ein doofer Gegener im Rücken der Gruppe erscheint und die ganze Taktik für’n Arsch ist. Das ist nichts anderes als künstliches Hochsetzten des Schwierigkeitsgrades. Zudem ist die Zuordnung der Erfahrungspunkt mehr als Zweifelhaft. Da besiegt man im null komma nichts eine Gruppe Seeräuber und erhält dafür 800 Punkte aber ein hoher Drache, der mir fünf mal mehr Mühe gemacht hat gibt nur 530? Keine Ahnung aber ausgewogen sieht das für mich nicht aus.
Zudem wurde die Taktik-Kamera gestrichen (was ich verstehen kann, denn richtig taktisch kann man ja eh nicht mehr vorgehen). Ich kann immer noch pausieren und meiner Party den nächsten Schritt vorgeben aber es ist schom mehr ein Hack’n’Slay als ein RPG.

Die gewonnen Punkte kann man wieder in Attribute (Stärke, Mana, Gesundheit usw) und Fähigkeiten (neue Kampftechniken, Verbesserungen) investieren. Hierbei ist mir auch einiges ein Rätsel. Ein Beispiel: Man erhält pro Level-Aufstieg 3 Punkte. Um einen Schurken so auszustatten, dass er eine “Meister”-Truhe knacken kann, braucht er 40 Punkte, bei einem Startwert von 14. Bei Spielende ist man auf Level 19, vielleicht -mit Glück- auf 20, d.h. wir haben also maximal 60 Punkte zu vergeben. Sind also schon mal 26 Punkte weg, weil wozu hab ich ‘nen Schurken, wenn der keine Schlösser knacken kann? Um aber bestimmte Gegenstände zu benutzen (Waffen und Rüstungen) braucht mein Schurke auch eine gewisse Intelligenz. Genau genommen 41 für den Dolch, denn ich bei einem Golem gefunden habe. Hmm. Nochmal 27 Punkte weg. Heißt, mir bleiben genau 4, wenn ich Schwein habe 7, Punkte für Gesundheit, Ausdauer und Stärke. Das war mit den einzelnen Fähigkeiten bei Origins viel, viel besser gelöst. Es gibt zwar auch hier Gegenstände, die gewisse Boni beinhalten aber so Sachen wie “+8 Geschicklichkeit” suche ich vergebens. Auch doof.

Ein weiterer Riesennachteil ist, dass man seine Party nicht selbst ausstatten kann. Die Burschen tragen einfach ihre eigenen Klamotten. Zwar erhalten auch die Gefährten irgendwann bessere Rüstungen aber das ist ein Auto-Upgrade und bezieht sich nur auf die Rüstung als solche. Ich kann keine Helme, Handschuhe oder Stiefel austauschen, man findet nur ab und an Upgrades, das ist alles. So kann man 90% der im Spiel erbeuteten Gegenstände in die Tonne kloppen oder verkaufen. Ich kann zwar Waffen und Ringe tauschen aber das ist dann auch alles. Das ist mehr als unbefriedigend und nimmt mir viel Motivation.

Alles in allem ist DA2 natürlich kein schlechtes Spiel, dafür ist die Story zu gut. Trotzdem ist es eine Enttäuschung, denn mit dem Vorgänger kann man nie mithalten. Ich werde es wohl irgendwann nochmal als Magier (mit einem anderen Startszenario) spielen aber das wird es dann auch gewesen sein. Hoffentlich nehemen sich Bioware und EA der Kritik der Fangemeinde an und lassen sich etwas Zeit die Franchise wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

★★★☆☆

Haut rein, schreibt mir was!