Badabenng.
Gestern morgen kam eine etwas überraschende WhatsApp in meinem Selbsthilfe-Effzeh-Chat an: Freund Christoph schrieb: “Ohne Miso nach Meppen, wo bleibt denn da der Spaß?”. Ich saß im Büro und hatte den Kopf nicht für den effzeh, weil bei uns gerade die Welt untergeht und keine Leute da sind und… ach, das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag und einen anderen Blog.
Egal.
Ja, also ohne Miso nach Meppen. Ich dachte an eine kleine Verletzung oder ein Stögersches Preseason-Rotations-Experiment. Dass Miso Brecko tatsächlich den 1.FC Köln verlassen könnte und sich einem anderen Verein anschließen würde, kam mir nie in den Sinn. Völlig ausgeschlossen.
Bis ich dann irgendwann nach Mittag mal im Netz war und der EXPRESS mich mit der Schlagzeile: “Hier trainiert Brecko schon in Nürnberg” kurz vor den Schlaganfall brachte. Brecko weg? Was? Wer? Wo? Geil! Das waren so die ersten Gedankenfetzen, die mir diese Meldung entlockte. Zusammenhänge erkennen und in ganzen Sätzen denken ist gerade eh nicht drin, weil bei mir im Büro geht gerade… ja.
Sieben Jahre schnürte der Slowene im Grüngürtel die Fußballschuhe. 206 Spiele, 5 Tore. Hätte man mich gefragt, ich hätte auf drei getippt. Da sieht man mal. Man tut den Spielern schnell unrecht. Brecko war (und ist) in erster Linie ein Fußballarbeiter. Ein Spieler ohne große Finesse aber auf dem Platz mit einem gewissen Arbeitsethos. Den kann man ihm nicht absprechen. Er versucht “seine” rechte Seite im Griff zu behalten und sich an taktischen Vorgaben zu orientieren. Nach vorne ist Miso leider eher ein Verhinderer als ein Antreiber, der Flankengott kam den Fans selten ironierfrei über die Lippen.
Dennoch stand Miso Brecko lange Zeit für den 1.FC Köln. Face of the Franchise möchte man schreien. Weil es so verdammt passen würde zu dem Chaos, welches der effzeh in den letzten Dekaden veranstaltet hat. Er kam 2008 in den Verein, nachdem er vom HSV aussortiert wurde (VOM HSV! Alter…), stieg mit uns ab, stieg mit uns auf, war (dem Vernehmen nach) der Kalender- und Wasserboy von Nova, setzte eine Karre im Suff ins Gleisbett der KVB, kam auch schon mal mit dem Taxi zum Training und spielte dann trotzdem am nächsten Wochenende, weil die Konkurrenz auf seiner Position nicht ausgeprägt war in den letzten Jahren.
Mehr als einmal brachte er mich mit seinem Stellungsspiel an den Rande des Wahnsinns. Unvergessen die Aktion zu Hause gegen Paderborn, kurz nach der Halbzeit als ein langer Ball aus dem Mittelfeld nach rechts (also nach links, aber auf unsere rechte Seite – ihr wisst, was ich meine) geschlagen wurde, Miso gefühlt minutenlang in die Luft schaute (dass er dabei nicht in der Nase bohrte, stört mich immer noch), dann plötzlich, ernsthaft, wie aus heiterem Himmel realisierte, dass sich in seinem Rücken ein Paderborner davonstiehlt um diesen Ball zu verwerten, er sich rumdreht und wie von der Tarantel gestochen hinter eben jenem Paderborner herläuft und diesen einfach am Trikot festhält. Freistoß, Tor, 0:1 Heimniederlage, vielen Dank. Hach, das waren Zeiten. Das war noch der 1.FC Köln meiner Jugend.
Und genau das ist der Punkt bei Miso Brecko. Ich bin froh, dass er nun nicht mehr bei “uns” ist. Er ist ein Dinosaurier, eine Altlast, ein Ballast aus einer anderen Epoche des Vereins. Er steht für Stillstand statt Entwicklung, für das Festhalten am Erprobten, für all das, was uns die letzten Jahre so leiden ließ. Natürlich nur exemplarisch und nicht kategorisch aber immerhin. Er ist niemand, der dem Verein, so wie er jetzt aufgestellt ist, auf Dauer helfen kann und deshalb ist die Entscheidung ihn gehen zu lassen richtig. Mit Pawel Olkowski haben wir auf rechts eine bessere Alternative und als Backup kann Risse da immer einspringen. Oder der junge Klünter bekommt man eine Chance. Sehe ich genau null Probleme.
Also rein sportlich.
Wie es um sein Standing in der Mannschaft, seine Führungspersönlichkeit aussieht, kann ich nicht wirklich beurteilen, weil ich zu den Mannschaftsabenden leider nicht eingeladen werde. Ich kann mir schon vorstellen, dass Miso Brecko kein Miesepeter ist und in der Mannschaft durchaus beliebt war. Weiß ich aber nicht.
Und letztlich ist das auch egal. Das sind Profis, die wissen, dass man schnell woanders sein kann, das kann und wird kein Problem sein.
Jetzt schnürt Miso seine Schuhe also in Franken, beim 1.FC Nürnberg. Nach dem Auftatktspiel vom Glubb gegen Freiburg vielleicht nicht die schlechteste Entscheidung jemand für die rechte Seite hinten zu ordern. Und für Miso Brecko vielleicht auch nicht die schlechteste Entscheidung wieder zurück in die zweite Liga zu gehen. Hier dürfte er sich wohl fühlen, hier ist sein Talent gebraucht und gewollt.
Und so endet ein Kapitel Vereinsgeschichte. Bleibt nur vielen Dank zu sagen an Miso, für unzählige Lacher, Kopfschüttler, Fast-Herzinfarkte aber auch für sieben Jahre solides und altmodisches “Fußball-arbeiten”, für Knochen hinhalten und für den vielleicht schönsten und wichtigsten Aufstieg der Vereinsgeschichte. Ich wünsche ihm alles Gute in Nürnberg.
Und uns wünsche ich, dass mit seinem Abgang die Gedanken an Unterklassigkeit verschwinden werden. Wir sind seit zwei Jahren auf einem guten Weg uns neu zu erfinden. Das dauert seine Zeit, erfordert viele Einschnitte in bekannte Muster aber es werden immer weniger und das ist eine verdammt gute Nachricht für den 1.FC Köln.
Tschö Miso. Prost Jung.
Come on effzeh!
Ich hätte es nicht besser formulieren können. Der Zeitpunkt seines Wechsels kam jetzt auch für mich sehr überraschend, allerdings dürfte er auch gemerkt haben, dass er in der kommenden Saison wohl nur noch selten Spielzeit bekommen hätte. Er war unser Kapitän, aber das er dazu gemacht wurde habe ich schon damals nicht verstanden. Ich persönlich hätte ihn schon viel früher aussortiert, dass hätte einigen sicher viele Nervenzusammenbrüche erspart.
Ich wünsche ihm trotzdem viel Glück in Nürnberg und uns, dass er nie wieder zurück kommt.
Schön geschrieben. Ich bin mir ziemlich sicher, von Brecko keine einzige Situation im Gedächtnis zu haben, vermutlich wird er in Zusammenschnitten auch gar nicht so häufig gezeigt, aber ich hab’s gern gelesen.
Also, ich mag ihn. Ich bin Fan von Fußballarbeit, und für mich ist er immer noch der weltweit einzige – wenn nicht gar einzigste Rechtsverteidiger, gegen den Ribbery nie eine Schnitte bekam (gut – außer letzte Saison…). Und ich mag’s wenn Ersatzspieler nicht moppern. So gesehen, alles gut. Ein sympathischer Spieler bekommt eine Chance auf EM-Vorbereitung, der effzeh macht einen Schritt vorwärts und wir alle hoffen, dass Olkoswki gesund bleibt und sich nicht ausruht.
Viel besser kann man es nicht schreiben.
[…] Miso geht « Der vierte Offizielle Axel, falls du das hier zufällig liest, ich mag dich einfach. Für dein Blog, für den Bockcast, für deine Art. Ehrlich, authentisch, unterhaltsam. Ein großartiger Mensch! Lest und hört ihn, verdammt noch mal. Zeigt es ihm. Und sagt es laut. Ich war mir auch nicht ganz sicher, ob ich den Abgang jetzt erschreckend finden sollte oder einfach überaus gut. Axel klärt meinen Blick. Sein Abschied ist das deutliche Zeichen, wie sich der EffZeh wandelt. Punkt. […]