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Berlin – FC: Im Moloch

Als der Abend in die Nacht überging, der Morgen zwar noch nicht graute aber das letzte Tageslicht lange seinen Weg über den Atlantik angetreten hatte, standen wir in einer Mischung aus Klein Köln und Venuscellar in Berlin, tranken einen Absacker und fluchten weiter vor uns hin, ob der Ungerechtigkeit der Welt, dem Elend des Daseins und überhaupt. Plötzlich und ohne Vorwarnung spielt der “DJ” ein Lied von Frida Gold (zugegeben, ich musste das googlen) und Silkes Risse-Trikot überstrahlte die Tanzfläche. “Wovon sollen wir träumen” schallte es aus den Boxen und dieses Bild eines effzeh-Trikots mit diesem Liedtext im Hintergrund hat sich sofort eingebrannt. Ja, verdammt, wovon sollen wir träumen? Ich weiss es doch auch nicht.

Die erste Niederlage der Saison kommt in Berlin. Nicht ganz unerwartet (Ibišević!), nicht ganz unverdient, dennoch unnötig, am Ende unglücklich und trotzdem ohne Schrecken und Qual, denn zum einen ist der Druck jetzt erstmal weg, zum anderen trat der effzeh nicht wie eine Mannschaft auf, der ich es nicht bis zur letzten Minute zugetraut hätte das Ding noch drehen zu können. Zu gewaltig ist im Moment das Vertrauen in dieses Team, als dass ich jetzt in einen Grumpy-Mode verfallen könnte, weil mal nicht alles 100% funktioniert hat. Das gehört bei einer generischen Mittelfeldmannschaft wie dem 1.FC Köln halt auch mal dazu.

Dennoch ärgert man sich ja. Hoffentlich ist das im allgemeinen Tenor noch nicht verboten. Dass Mitchell Weiser den Ball vor dem 1:0 mit der Hand mitnahm, dass der Schiedsrichter pfiff, als käme er vom Basketball, nur vor eben jenem 1:0 im Mittelfeld weiterlaufen liess, dass Simon Zoller nur den Pfosten traf, dass Rudnevs in der letzten Sekunde wegen nichts und wieder nichts zurückgepfiffen wurde, dass die Hertha das kleinliche Gepfeife zu spektakulärem Bodenturnen nutzte, dass vor dem 2:1 ein unnötiges Foul passierte (oder wenigstens gepfiffen wurde), dass die Zuordnung nicht immer gestimmt hat, dass die Ball- und Pass-Sicherheit nicht da war… hab ich was vergessen? Natürlich ärgert mich das bis zum-geht-nicht-mehr, ist doch klar.

11Aber deswegen bin ich ja noch lange nicht unzufrieden. Auch wenn es ein Spiel war, dass eher untypisch für den 1.FC Köln der Saison 2016/17 (bisher) war. Von Beginn an stimmte irgendetwas nicht. Für mich sah es so aus, als seien die Zuspiele nicht mit der letzten Sorgfalt ausgespielt worden, man kam nicht in die Zweikämpfe (auch weil wirklich jeder Zweikampf abgepfiffen wurde), die Hertha hatte zehn Meter vor der Mittellinie zu viel Platz und konnte dadurch immer wieder gut auf die Aussen verlagern und die Zuordnung bzw. die Übergabe in der Rückwärtsbewegung war auch nicht immer flüssig. Es ist also nicht so, dass wir uns jetzt auf Schiedsrichter-Schelte einstellen sollten (auch wenn das sicherlich nie falsch ist, bei so vielen Fehlentscheidungen, die wir noch gut haben), sondern müssen uns eingestehen, dass das Spiel, vom reinen Leistungsstandpunkt aus betrachtet gar nicht unverdient verloren ging. Mir kam Berlin immer einen Ticken bissiger, genauer und cleverer vor. Vielleicht ist der letzte Punkt der entscheidende. Es war ja nicht so, dass Hertha ein Feuerwerk abbrannte aber sie nutzen halt die kleinliche Linie des Schiris geschickt aus und waren im richtigen Moment zur Stelle, waren einen Deut wacher und schneller im Kopf als der effzeh und schossen halt die Tore.

Doch und jetzt kommen wir auf die Gesamtsitaution zu sprechen, der effzeh ist aktuell nie geschlagen. Es gibt keine hängenden Schultern, es wird versucht das, was am Tag auf dem Platz vielleicht fehlt, mit Einstellung und Willen auszugleichen. Das imponiert mir selbst in der Niederlage. Dass eine gute Aktion immer kommen kann auch wenn es aus dem Nichts ist. Dass man als Gegner nie sicher sein kann, dass das Team von Peter Stöger nicht doch noch einen Weg findet, dir den Tag zu versauen und du deshalb immer und bis zur letzten Sekunde aufmerksam bleiben musst. Diese Erkenntnis, dass uns (im Moment jedenfalls) eigentlich nichts kaputt machen kann, die ist in der Niederlage eigentlich noch ein Stück weit beruhigender als nach einem 3:0 zu Hause.

Und so geht man dann aus dem Spiel, ärgert sich zwar aber guckt nach Vorne. Man lamentiert nur kurz um dann zu sagen: Joa, war halt so, heute, nächste Woche wird es wieder besser und wir werden daraus lernen.

Das ist ja auch so ein Punkt: Ich habe absolutes Vertrauen in die Lernwilligkeit der Mannschaft. Ich glaube fest daran, dass Fehler, seinen sie nun taktischer oder spieltechnischer Natur, sich nicht sonderlich oft wiederholen werden, weil wir dazu genau den richtigen Trainer haben. Weil sowohl Peter Stöger als auch das Team sich nicht mit Niederlagen abfinden will. Ich spüre in jedem Interview, in jedem Statement nach dem Spiel die Enttäuschung. Nicht mal so sehr über das Ergebnis, Niederlagen passieren nun mal, nein, über die eigene Leistung, die fast schon überkritisch analysiert wird. Man spürt die Lust der Jungs auf Erfolg, auf Siege, auf Tore.

Lasst uns das Spiel einfach als gegeben hinnehmen, lasst es uns auf die launigen Götter schieben oder auf ein oder zwei komische Schiedsrichter-Entscheidungen, lasst uns als Fans es vergessen aber die Mannschaft wird auch aus diesem Spiel ihre Lehren ziehen, wird es mitnehmen in die weitere Saison, wird durch diese Niederlage besser werden. Davon bin ich fest überzeugt.

Nächsten Sonntag kommt der HSV nach Müngersdorf und eigentlich, wenn man beide Mannschaften vergleicht, darf es keine Diskussionen um den Favoritenanspruch geben. Der HSV präsentiert sich diese Saison wieder mal wie der weidwunde Club der letzten Jahre, was ich aufgrund der Transferpolitik, der unsäglichen Arroganz vor der Saison (sowohl von Club- als auch von Fanseite) und dem Gesamtkonstrukt Kühne/HSV ziemlich lustig finde. Hoffentlich ballert der effzeh die weg wie nichts gutes.

Hoffentlich…

Das war es mit dem sportlichen, eine kleine Randnotiz noch: Ich war zum ersten Mal im Olympiastadion und fand es schrecklich. Davon ab, dass der Biergarten ganz nett war, auch wenn das Bier an sich eher nicht so gut schmeckte, war das Stadionerlebnis selbst eher doof. Der Einlass dauerte ewig, weil es zwar Eingänge ohne Ende gab aber nur zwei Abtaster, so dass sich ein Rückstau bis kurz vor Schloss Sanssouci bildete. Mann, Mann, Mann. Muss das denn sein? Eine Viertelstunde vor Anpfiff sah das Olympiastadion aus als würde gleich ein Leichtathletik-Sportfest stattfinden und der Veranstalter hätte vergessen die Freikarten an die Schulen zu schicken.

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Achja: Von der Heimkurve hört man genau gar nichts. Hier muss ich nicht unbedingt wieder hin aber es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, denn der DFB wird wegen mir seine Pokalfinal-Verträge nicht bearbeiten, nehme ich an. (Dieser Satz wurde 32 Stunden vor dem Zweitrunden-Spiel des 1.FC Köln gegen Hoffenheim geschrieben)

Und so bleibt von der Eingangsfrage eigentlich nur eine Antwort: Wir müssen gar nicht träumen, der effzeh macht das schon. Danke, Frieda Gold, war nett gemeint.

Come on effzeh!

2 comments to Berlin – FC: Im Moloch

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