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FC – Ingolstadt: Shit happens

Ich stecke in einem Dilemma. Auf der einen Seite schaue ich auf die Tabelle und sehe elf Punkte nach sieben Spieltagen und bin zufrieden, weil wir im Soll sind. Sogar ein klein wenig darüber und uns schon ein gutes Stück von den ganz gefährlichen Plätzen abgesetzt haben. Auf der anderen Seite schlummert da diese maßlose Enttäuschung über ein 1:1 zu Hause gegen den Aufsteiger aus Ingolstadt in mir. Vielleicht ist das schon wieder dieses verquerte Kölner Anspruchsdenken, diese tief verwurzelte Sehnsucht nach größerem? Ingolstadt? Pah. Weghauen. Ich weiß es nicht, ich befürchte aber dass es so ist. Und irgendwann ist es Freitagabend, kurz vor halb elf und der 1.FC Köln wird, genau wie ich, eingenordet. Wir sind immer noch erst im zweiten Jahr. Wir spielen immer noch nur gegen den Abstieg. Nimm die elf Punkte und komm damit klar. Um dies zu erkennen musste ich aber erstmal ein wutdurchtränkte Nacht schlafen.

Ich muss gestehen, dass ich die Stögersche Aufstellung zu Beginn sehr charmant fand. Risse nach hinten gezogen, Zoller dafür in der Startelf und Gerhardt für Vogt sprach für Offensivfußball, für Selbstvertrauen. Das muss auch gegen einen Gegner, der formal nicht besser aufgestellt ist -zu Hause- der Anspruch sein. Das Spiel zu machen. Oder jedenfalls den Lernprozess, der sicherlich dem eigentlichen Ziel vorausgeht, aufzunehmen. Das Spiel in die eigenen Hände zu nehmen und ihm die Richtung vorgeben. Wir haben dazu in der Saison vielleicht sechs-, siebenmal die Gelegenheit und deshalb sollte man jede dieser Chancen auch nutzen. Try, fail, repeat. Das ist okay. Niemand erwartet von der Mannschaft die Souveränität einer Meistermannschaft.

Warum bin ich dann doch so aufgebracht? Oder war es zumindest? Rational kann ich das schlecht erklären. Ich reibe mich seit Wochen an den Leistungen von Marcel Risse auf, ich verstehe beim besten Willen nicht, warum Yuya Osako immer wieder, bei jeder Bewegung, wegrutscht, ich konnte Peter Stögers Wechselverweigerung nicht wirklich nachvollziehen und dann ist der noch der Gegner aus Ingolstadt, der mit Marvin Matip und Tobias Levels anreist, zwei Spieler, denen ich schon vor 10 Jahren jede Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen habe, der mir zudem extremst unsympathisch ist und dessen Demission in die Niederungen der Oberliga ich per Petition jederzeit unterschreiben würde. Es ist ein Gemischtwarenladen an unterdrückten Fehlgefühlen, die mich schaumschnaubend vor dem Fernseher sitzen lassen.

Und von Dingert war bisher noch nicht mal die Rede.

Bei Licht betrachtet ändert sich aber manches. Lasst uns mal ein wenig weniger verrückt an die Sache rangehen: Der effzeh machte eigentlich ein ganz gutes Spiel. Man hatte den Gegner unter Kontrolle, ließ nicht viel zu, versuchte immer wieder das Geschehen nach Außen zu verlagern und zeigte damit immerhin, dass man verstanden hatte, dass die Mitte zu ist und es nur über schnelle Verlagerung gehen kann. Das war nicht immer hundertprozent präzise und auch nicht immer vollständig durchdacht aber es waren Ansätze zu sehen, die mich heute (ich muss das wirklich betonen) ein wenig positiver stimmen.

Es fehlte halt an ein paar grundlegenden Dingen. Die letzten 20 Meter vor dem Tor waren Horrorkabinett-Zone. Wenn sich mal ein Spieler außen durchgesetzt hatte, kamen die Bälle ins Zentrum entweder als unverwertbare Geschosse in den Strafraum oder als leicht zu verteidigender Chip, der sogar Marvin Matip nicht vor unlösbare Aufgaben stellte. Das muss besser werden. Da müssen Automatismen her.

Ein anderes “Problem” ist der Schuss aus der zweiten Reihe, der beim effzeh irgendwie nicht sitzt. Jeder, wirklich jeder Ball geht weit über das Tor. Uns fehlt damit ganz klar eine Komponente im Spiel, denn die Verteidigung kann den Schützen auch mal aus 25 Meter draufballern lassen und muss sich nicht allzu große Sorgen machen. Lieber das Zentrum zumachen, Modeste in Doppelbewachung nehmen und gut ist. Irgendwann wird mal wieder einer reingehen und das ist dann vielleicht ein Brustlöser aber im Moment sieht das alles sehr gruselig aus.

Ist das motzen auf hohem Niveau? Für einen Fan des 1.FC Köln? Ich weiß es nicht, sagt Ihr es mir.

Ein letzter Punkt, der mir die vielleicht größten Sorgenfalten bereitet, ist unsere Rückwärtsbewegung. Ich spreche nicht nur von der Abwehr als solche, sondern von der gesamten Teamdynamik, die mir seit dem Frankfurt-Debakel verändert vorkommt. Ich habe wirklich Angst, dass da etwas kaputt gegangen ist. Das Urvertrauen in die Stabilität der Abwehr ist nicht mehr da. Man merkt, dass wenig bis gar kein Selbstvertrauen da ist. Die Organisation ist nicht mehr mit dem Vorjahr zu vergleichen. Heintz und Sörensen machen zwar einen einigermaßen soliden aber noch lange keinen guten Eindruck. Zudem sind immer wieder schwere Patzer und Ballverluste dabei, die potentiell gefährlich sind und dann kommt die fehlende Übernahmebereitschaft voll durch. Es wird sich nicht gut ergänzt und so fangen wir viele, viele Tore, die eigentlich ganz einfach zu verteidigen aussehen. Ich hoffe Maroh und Mavraj werden schnell wieder zu vollständigen Alternativen, denn wir brauchen dort Entlastung und Organisation. Wie gesagt, dass ist nicht nur auf die eigentliche Abwehr bezogen. Auch Lehmann ist hier ein Teil des Problems, denn er führt im Moment nicht, läuft etwas neben der Spur und das können wir uns einfach nicht leisten. In so einem fragilen Gebilde wie es der 1.FC Köln immer noch ist, kann eine fehlende Speiche das ganze Rad zum Kollaps bringen.

Achja, von Dingert war immer noch nicht die Rede.

Jetzt aber.

Schiedsrichter Dingert ging mir von der ersten Minute an auf die Nerven, seine kleinliche Art, sein übernervöses Pfeiffchen regten mich kolossal auf. Aber ist der Mann Schuld, dass der effzeh keinen Sieg eingefahren hat? Ich bitte Euch. Totaler Schwachsinn. Man kann über den Schiedsrichter schimpfen. Klar. Was wäre der Fußball, wenn wir uns nicht über vermeidliche Fehlentscheidungen aufregen würden? Aber ihm die Schuld für die Punkteteilung zu geben ist vollständig am Thema vorbei.

“Aber es war gar keine Ecke!”

Ich höre schon die Ersten wieder schreien.

Jap. Es war keine Ecke. Ich schrieb das gestern Abend auch. Wutentbrannt. Aber dass Sörensen die Offensivbewegung der Ingolstädter durch einen denkbar bescheuerten Fehlpass Richtung Krasnojarsk erst einleitete, kann Dingert eigentlich nicht angelastet werden. Zumindest nicht unmittelbar. Vielleicht war Sörensen so verunsichert von der Linie des Schiedsrichters, dass sein Hirn mit den zu treffenden Entscheidungen überfordert war aber das ist leider nicht zu klären. Darum gebe ich Dingert hier mal das benefit of the doubt, dass er diesen Fehlpass nicht verantwortete.

Genausowenig wie das schwimmbeckengroße Loch im Strafraum aus dem sich Marvin Matip zur Verwunderung von Osako und Sörensen kurzfristig materialisierte um unbedrängt köpfen zu können. Hat Dingert da etwa seine Mentalistenhände im Spiel? Man weiß es nicht aber man kann es ihm nicht nachweisen. Verdammte Hacke.

Und dass Yuya Osako (schon wieder er) in der 83. Minute an Özcan scheiterte, statt souverän den Sieg einzutüten sah zwar nach Voodoo aus, war aber letztlich wohl eine Verkettung von schlechtem Abschluss (hoch, über den Ball getreten) und guter Parade des Torwarts.

Nee, lass mal. Dingert war zwar kleinlich und auch -für meinen Geschmack- etwas zu schnell mit den Karten aber Schuld isser nix. Danke für die Aufmerksamkeit.

Und so müssen wir uns mit der Punkteteilung zufrieden geben. Ingolstadt machte das teilweise gut, verdichtete geschickt die Räume, ging zeckig in jeden Zweikampf, nutzte die Linie des Schiris clever (jaja) um Freistöße zu provozieren und brachte damit Unruhe in das Kölner Spiel. Die Konsequenz waren hektische Bemühungen, die dann in immer wieder unpräzisem eigenen Spiel endeten. Die Taktik von Hasenhüttl ging voll auf.

Aber, immerhin, der 1.FC Köln ist der erste Verein, der den Schanzern diese Saison einen Auswärtssieg verweigerte. Ich gehe nicht soweit dies einen Erfolg zu nennen aber ich wollte es erwähnt haben.

Also, lieber effzeh. Ganz so mies wie ich mich gestern gefühlt habe geht es mir heute nicht mehr. Ich sehe doch ein paar Punkte die mir eigentlich ganz gut gefallen haben und eine deutliche Steigerung zum Spiel in Berlin darstellen. Man muss nur mal drüber schlafen.

Elf Punkte. Passt schon. Weitermachen.

Come on effzeh!

2 comments to FC – Ingolstadt: Shit happens

  • JuergenL

    Unterschreibe ich, so ziemlich alles. Der effzeh ist eben noch keine Toptruppe, weit davon entfernt oben mitzuspielen. Da sollte man sich vom Tabellenstand einfach nicht blenden lassen. Wenn man sich die Neuzugänge mal in Ruhe betrachtet sind da eigentlich keine Stammspieler dabei. Alles Leute die in ihren Vereinen eher sporadisch oder überhaupt nicht gespielt haben. So ist das eben, wenn bei den Finanzen der Spielraum eng ist. Das wir mehr Tore kassieren als in der Vorsaison habe ich erwartet, mehr offensive Ausrichtung ergibt offenere Defensive.
    Seien wir mal ehrlich, Ingolstadt hat eigentlich so gespielt wie der effzeh in der Vorsaison. Defensiv fast ohne Fehler, nach vorne eher wenig. Solche Gegner sind sehr unangenehm zu spielen. Ich möchte nichts schön reden, ich sehe die Probleme die die Mannschaft ohne Frage hat. Aber ich wehre mich gegen Untergangsszenarien, die sehe ich nämlich nicht. Der Jan hat das gestern schön getwittert “graue Maus”. Das mag nicht jedem in Köln gefallen, ist aber so. Und wenn uns das locker in der Liga hält, kann ich damit leben und zwar gut. Immer noch die zweite Saison nach dem Aufstieg, immer noch nicht in der Liga etabliert. Damit müssen wir klar kommen.

  • Burkhard

    Recht haste. Wir können ja mal die Tabelle der letzten Saison zu Rate ziehen und schwupp, ach nee… da waren wir 16. mit nur 6 Punkten. Da hatten wir gerade 3:2 gegen Frankfurt verloren (2x Meier, wer sonst? Zu dem Zeitpunkt hatten wir auch ersten einen ganz dicken Brocken hinter uns (Bayern)… nur um vorsichtshalber den Kollegen den Wind aus den Segeln zu nehmen die jetzt sagen: ‘Hey, die dicken Brocken kommen doch noch!’. Ich bin mittlerweile seit exakt 34 Jahren FC-Fan und bin aber momentan sowas von relaxed, auch wenn es noch einige Baustellen gibt und die Konstanz fehlt. Wir sind, wie ja schon vom 4. Offieziellen erwähnt, im Jahr 2 nach dem Umbruch. Lasst doch den FC in der Konstellation erst einmal in Ruhe weiterarbeiten und bringt nicht unnötig Unruhe in den Laden indem Ihr die Euroleague fordert. Es gibt eine hohe Dichte an vereinen, die am Ende der Saison 2-3 Punkte vor oder hinter uns liegen können. Das kann durch Fehlentscheidungen des Schiris genauso gut geschehen wie durch spielerische Klasse. Dann wird aus dem 9. Platz ganz schnell ein 12.! Und? Würde ich sofort unterschreiben!

Haut rein, schreibt mir was!