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FC – Leverkusen: Die lose Stufe

Peter Stöger sagte nach dem Spiel sinngemäß dass das Spiel durch die unterschiedliche Qualitäten der Mannschaften in der Chancenverwertung entschieden wurde. Joa, das kann man so stehen lassen. Bayer Leverkusen reichten zwanzig sehr gute Minuten um zwei Großchancen zu kreieren, die die versammelte Kölner Hintermannschaft überforderten und die dann einfach -zack, bumm- genutzt werden. Zuerst Brandt und dann Hernandez werden von Bellarabi mustergültig in Szene gesetzt, der Strafraum ist beide Male obszön frei von Kölner Abwehrbeinen, weil die Augen auf dem Ball waren und nicht im Spiel.

Zum vierten Mal in Folge verliert der effzeh zu Hause. Gegen Leverkusen, München, Schalke und Hertha. Dass all diese Mannschaften um die Champions League mitspielen macht die Niederlagen nicht erträglicher aber nachvollziehbarer. Wir sind immer noch -das dürfen wir nicht vergessen- nicht etabliert in der Bundesliga. Wir können mit diesen Mannschaften (die Hertha mal außen vor, weil das zu freakig ist, als dass ich da an eine dauerhafte “Kraft” in der Liga glauben will) einfach noch nicht dauerhaft mithalten. Vielleicht gelingt uns mal eine Überraschung oder, wie in der Hinrunde, auch ein paar mehr aber das sind dann eher Ausrutscher nach oben, die wir so nicht in die Kalkulation einpreisen dürfen. Wir stehen in etwa genau da, wo wir aktuell in der Bundesliga hingehören. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger.

Das Spiel gegen Leverkusen kann eigentlich als Blaupause für die Gesamt-Saison herhalten. In Teilen gefällig, sogar schön ab und zu. Man erkennt deutlich dass es einen Plan gibt, die Körpersprache ist immer positiv und der Kampf wird auch angenommen. Aber es sind kleine Dinge, die den effzeh eben noch von einem wirklich ernstzunehmenden Bundesligateam trennen. Die Abspiele sind oft ungenau, dadurch bringt man sich selbst immer wieder in Kalamitäten weil dadurch die Zeit für eine geordnete Ballannahme und -weitergabe nicht gegeben ist. Der Gegner ist dadurch schneller im Zweikampf ist als dass es nötig ist. Das hat man gestern in der Leverkusener Druckphase zwischen der 25. und der 45. Minute wunderbar sehen können. Der erste Pass ist schon knapp ungenau, dadurch muss schneller der zweite Pass gespielt werden, der dann noch ein wenig ungenauer wird und irgendwann hat sich der erste Fehler soweit potenziert, dass kein vernünftiger Spielaufbau mehr möglich ist. Leverkusen hatte dann leichtes Spiel.

Über unsere Flanken aus dem Halbfeld und die Standards soll ich -auf ärztlichen Rat hin- nicht mehr schreiben, ich hoffe Ihr seht mir das nach. Wer meine Meinung dazu aber visualisiert haben möchte, der möge sich einen großen Tisch und einen blutigen Kopf vorstellen.

Das sind Fehler die einfach mit individueller Klasse zu tun haben. Natürlich ist es unter Peter Stöger schon alles besser geworden und natürlich sind die Laufwege und damit der Raum, der sich für den passgebenden Spieler ergibt schon gut und breit, weil eben eine taktische Grundordnung da ist, weil die Automatismen augenscheinlich trainiert werden aber dann kann man üben wie man will, ich werde genauso wenig noch einen Physik-Nobelpreis bekommen wie z.B. Kevin Vogt den Ballon d’or.

Bitte hier das z.B. besonders beachten. Nach dem Spiel gab es großen Ärger bei Peter Stöger weil das Kölner Publikum gestern nicht zimperlich mit Kevin Vogt umgegangen sein soll. Ich habe das aus der Ferne nicht wirklich mitbekommen aber wenn Peter Stöger das sagt, dann wird das wohl auch so sein. Ich denke dass Vogt einfach den Frust der Kölner Fussballfans am besten verkörpert. Er ist ein technisch limitierter Spieler, der für das eigentliche Spiel keine Relevanz hat. Das meine ich noch nicht einmal böse, das ist einfach so. Wenn ich mir aus den historischen effzeh-Mannschaften einen Vergleich heraussuchen müsste, dann wäre es wohl am ehesten Thomas Cichon, der den Ball auch nicht als erstes in sein neues Freunde-Poesiealbum hat schreiben lassen. Kevin Vogt steht für diesen Minimalansatz, diesen kleinsten gemeinsamen Nenner im Fußball. Und genau da liegt der Hund begraben. Es ist unser Anspruchsdenken, dass uns an ihm verzweifeln lässt. Wir erwarten ein besseres Spiel als vor anderthalb Jahren. Wir erwarten etwas, was der effzeh aktuell einfach noch gar nicht leisten kann. Ich nehme mich da kein bisschen aus, denn auch ich benutze Kevin Vogt oft als Katalysator.

Ist das unfair? Ja. Hundertprozent.

Gestern hatte nicht nur Vogt den ein oder anderen Wackler in seinen Aktion. Yannick Gerhardt hatte einen ziemlich schlechten Tag und über Bittencourt müssen wir eh gleich noch ausführlich reden. Dazu kommt die eklatante Abschlußschwäche, die uns am Ende mehr ärgern müsste als die paar Fehler bzw. Ungenauigkeiten im Spiel von Vogt. Das ist aber nicht der Fall, weil es psychologisch einfacher ist über Vogt zu motzen als über Modeste.

In der zweiten Halbzeit verwaltet Leverkusen das Spiel mehr als dass sie aktiv an diesem teilnehmen. Klar, ab und zu wird der Ball noch in Halbkontern über die Mittellinie getragen und die Ballsicherheit ist auch eine andere als die des effzehs aber letztlich war es eine sehr bürokratische Halbzeit von Bayer 04. Das ist aber natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass der effzeh das Tor nicht trifft. Modeste, Zoller, Bittencourt, Modeste (again) und Hartel hatten wunderbare Einschussmöglichkeiten, die aber allesamt ungenutzt in der Müngersdorfer Abenddämmerung verglühten. Fällt in einer Situation das Anschlusstor, muss Leverkusen reagieren und sie machten -so ab der 70. Minute- nicht unbedingt den Eindruck, dass da noch viel Tiger im Tank war. Das wäre eine hochinteressante Situation gewesen aber leider war es wieder mal unsere schlechte Chancenverwertung, die dies verhinderte.

Auch hier können wie den Bogen zur Gesamt-Saison schlagen: Wir brauchen viel zu viele Anläufe um ein Tor zu schließen. Leider ist auch das einfach eine Qualitätsfrage. Mit Robert Lewandowski vorne drin, wäre der effzeh dem Abstiegsstrudel wahrscheinlich längst entkommen. Aber das ist ja genauso klar wie die oben erwähnten Qualitätsunterschiede. Wir müssen mit den Spielern arbeiten, die man als mittelmäßiger bis unterdurchschnittlicher Bundesligist bekommen kann. Das ist kein Vorwurf, das ist einfach eine Situationsbeschreibung. Und auch wenn die Rückrunde unter den Erwartungen bleibt, so ist das Gesamtpaket, dass der 1.FC Köln in Personalfragen dieses Jahr geschnürt hat, ja durchaus gut. Also den beschriebenen Umständen entsprechend. Dass es dann aber am Ende gegen einen Gegner wie Leverkusen nicht reicht, damit müssen wir ohne Groll umgehen. Das ist eben so.

Noch.

Viel schlimmer als die Niederlage wiegt die rote Karte für Leonardo Bittencourt, der in der Nachspielzeit zur Hans-Peter Briegel-Gedächtnisgrätsche ansetzt und wie weiland die Walz von der Pfalz ohne Rücksicht auf Knochen, Sehnen, Sprunggelenke und geistige Gesundheit Admir Mehmedi wegremmelt und dafür sogar zu recht rot sieht. In Echtzeit hab ich die Entscheidung noch für falsch gehalten aber in der Zeitlupe ist das schon ein Foul der Güteklasse A. Das A steht in diesem Fall übrigens für Idiot.

Jetzt mal ehrlich, 0:2 hinten, 94. Minute, da muss ich mehr Disziplin haben, als so eine Grätsche auszupacken und damit den Einsatz für die kommenden Spiele zu gefährden. Das geht nicht. Auch wenn er jetzt vom Verein in Schutz genommen wird, was nach Außen hin sicher richtig ist, muss man intern mit ihm reden und es ihm klipp und klar sagen: Junge, mach das nicht nochmal. Wir brauchen dich, wir haben eine Personaldecke, die Ausfälle und Sperren nur in einem sehr begrenzten Rahmen verkraften kann, da darf das nicht passieren. Ich denke dass Schmadtke und Stöger auch für diese Situation die richtigen Leute sind aber mich hat es dann doch schon sehr geärgert.

Mal abwarten ob Mladenovic nachträglich auch noch eine Sperre bekommt, weil er sich auf ein Handgemenge mit Wendell eingelassen hat und ein Schwinger deutlich im TV erkennbar war aber von Gräfe nicht bewertet wurde. Da kann das Sportgericht gleich weitertagen, vielleicht sollten sie eine Außenstelle in Köln aufmachen.

Aber egal, damit müssen wir jetzt auch leben, das Spiel gestern hat das nicht entschieden.

Der effzeh geht die Bundesligastufen zwar kontinuierlich hoch aber wie es in einem alten Haus so üblich ist kann es auch mal passieren, dass eine Stufe locker oder morsch ist. Da kracht man dann schon mal wieder ein paar Meter nach unten und sitzt auf dem Popo. Wichtig ist dann aber, dass man diese lockere Stufe nicht ignoriert und versucht einfach mit einem großen Schritt zwei Stufen auf einmal zu nehmen, sondern dass man sich so schnell als möglich in den Baumarkt aufmacht und mit der Reparatur anfängt.

jippi jaja jippi jippi yeah

Und so finden wir uns nach dem 29. Spieltag immer noch mitten drin im Abstiegskampf. 6 bzw. 7 Punkte Abstand haben wir noch aber wir spielen auch noch genau gegen de Kandidaten, die da unten drin stecken. Darmstadt, Augsburg, Bremen. Drei, besser vier Punkte müssen noch her, damit wir wirklich auch nächstes Jahr erste Liga spielen.

Glaube ich daran? Ja klar!
Bin ich mir sicher? Naja, es ist immer noch der effzeh, ne?

Am besten holen wir nächste Woche in Mainz einfach einen Dreier, dann ist mir schon viel wohler.

Come on effzeh!

1 comment to FC – Leverkusen: Die lose Stufe

  • Peter Stöger hat Recht, das Spiel wurde durch die unterschiedlichen Qualitäten der Teams entschieden. Köln benötigen, um ihre Defensive zu verbessern und mehr Chancen in der Offensive. Julian Brandt und Chicharito erzielte 2 Tore sehr schnell, und nicht, weil sie ein gutes Spiel hatte, nur weil Köln dies erlaubt.

Haut rein, schreibt mir was!