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FC – München: Der Tod auf Raten

Als es nach dem Schlußpfiff in Müngersdorf noch einmal laut wurde, als die Fans noch einmal zum “Erster Fußballclub Köln” ansetzten, wurde es wieder einmal klar: Ein Spiel gegen die Bayern ist für den Gelegenheits-Rosinenpicker-Zuschauer das Spiel des Jahres. Man ist stolz mit den Bayern formal in einem Wettbewerb zu stehen und kann auch mit einem 0:3 zu Hause ganz schön gut leben, weil man ja weiß, dass alles andere eine Komplettsensation wäre. Um die Bayern zu bezwingen brauchst du einen Sahnetag, während gleichzeitig beim Gegner keine Lust, keine Motivation und kein Glück mitspielen muss. Nach Spieltag 28, wenn die Bayern Meister sind und sich voll und ganz auf die Champions League konzentrieren, wird es einfacher. Ob ein Bundesligist also eine Chance haben kann, liegt zuvorderst am Spielplan, dann an den Bayern selbst, ein bisschen am Glück und erst ganz am Ende kommt das eigene Können ins Spiel. Es ist völlig egal ob es für die Münchener dabei gegen Köln, Frankfurt, Wolfsburg oder auch Dortmund geht. Niemand in der Liga ist auch nur ansatzweise in der Lage völlig aus eigener Kraft die Bayern zu schlagen. Es braucht immer die Idealkonstellation aus allem vorgenannten. Der BVB hat das Hinspiel auch nur gewonnen, weil die halbe Kreativ- und Offensivabteilung der Bayern im Krankenhaus lag. Nein, in halbwegs Normalbesetzung, mitten in der Saison, ist gegen die Bayern kein Kraut gewachsen.

Man weiß das ja vorher. Es ist ja nicht so, dass wir uns auf das Spiel freuen und sagen: Hach, toll, die Bayern. Das unterscheidet uns dann vielleicht vom Pokal-Erstrunden-Publikum, die die Karten in Müngersdorf kaufen um einmal dabei zu sein wenn der große FC Bayern in die Stadt kommt. Da wird gelacht und gefeixt, guckt mal dä Ribbärih und dä Müller, der Thomas, der Spitzbub. Jaja, ist ja alles okay. Aber wenn wir uns ernsthaft über Wettbewerb unterhalten wollen, dann müssen wir doch konstatieren: Überflüssigsten zwei Spiele des Jahres. In der Hinrunde hat der effzeh ja sogar in München einen Punkt geholt, weil Tony Modeste eben Tony Modeste ist und weil die Bayern dreihundertsiebenzwanzig Mal den Pfosten getroffen haben, statt das Netz. Siehe oben, Punkt drei. Aber gestern war eben ein ganz normaler Tag, da ist nix drin.

Sportlich ist der Sieg de Bayern natürlich völlig unbestritten, zu gut ist das, was sie auf den Platz bringen (können), wenn sie denn Lust haben. Der effzeh versuchte es mit massivem Rückwärtsgang, verschob recht schnörkellos immer Richtung ballführendem Bayernspieler, was recht schnell von den Münchnern ausgeguckt wurde, so dass die Vorträge alle über rechts begannen, bis die beiden Kölner Ketten genug auf rechts geschoben haben, dann ein langer Ball auf links, Richtung Bernat oder Thiago, lange Hälse beim effzeh, vierzig Saarlandflächen Platz. Dass das nicht auf Dauer gut gehen kann, war eigentlich nie eine Frage. Der Druck der von den Bayern aufgebaut wird auch wenn mal ein Ball von der Abwehr abgefangen wurde ist so immens, da kommt man einfach nicht mit.

Und da nicht nur die Gesamt-, sondern natürlich auch die individuelle Qualität nicht im Ansatz mit dem Humankapital Personal (ich wurde darauf hingewiesen, dass “Humankapital” in der Wirtschaftswissenschaft die “personengebundenen Wissensbestandteile in den Köpfen der Mitarbeiter” ausdrückt. Das passt nicht ganz. Glaube ich. Ich hab’s mal geändert. Danke, Klaas! Folgt ihm alle, er ist sehr klug. Und nett.) des Gegners mithalten kann, fallen eben Tore. Das 0:1 nachdem Rausch einen seinen vielen Mittagsschläfchen im Strafraum hielt und Kessler wieder mal nicht weiß, dass er im Strafraum seine Hände benutzen darf…

Einschub:
Okay, das ist vielleicht unfair, so richtig eine Mitschuld hat er eigentlich nicht aber er sieht halt seit ein paar Spielen bei jedem Gegentor schlecht aus. Das ist mehr ein subjektiver Eindruck, als dass ich das festmachen kann aber die vielen, vielen kleinen Fehler, die Unsicherheiten einen Ball festzuhalten, der fehlende Überblick über seinen Fünfmeter-Raum, die unglaublich schwache Abfangquote bei Hereingaben, die Faustabwehren bei Fernschüssen… ach, ich bin schon froh, wenn Timo Horn wieder zurück kommt
/Einschub

…das 0:2 nach Schema F wie oben beschrieben, Bernat hat auf links Platz für die größte Paellapfanne der Welt, nutzt diesen und Kessler kann auch diesen Ball nicht halten und so weiter und so fort. Dass es nur 0:3 ausgegangen ist, ist eine Nebensache. Es hätte genauso gut 0:5 ausgehen können oder mit ganz viel Glück 2:3 aber machen wir uns nichts vor: Wenn die Bayern richtig hart gewollt hätten, hätten sie auch noch mehr Tore gemacht. Was haben wir entgegen zu setzen?

Nichts.

Auf der Bank der Münchner sitzen Leute wie Hummels, Robben und Xabi Alonso, die von Ancelotti in einem solchen stinknormalen Bundesligaspiel einfach gar nicht gebraucht werden. Ribery kommt für Douglas Costa, Kimmich für Vidal und Rafinha für Coman. Herzlichen Glückwunsch. Der 1.FC Köln hatte zum Ende der Partie mit Klünter(21), Ciftci(19) und Hartel(21) drei Ersatzspieler dabei, die ihr normales Habitat (noch) im Franz-Kremer-Stadion haben.

Und wir machen uns Gedanken über ein Spiel gegen die Bayern?

Quatsch. Der Wettbewerb in der Bundesliga ist von einer Sinnlosigkeit geprägt, die es sonst quasi nirgendwo gibt. Die Bayern werden dieses Jahr zum fünften Mal in Folge Meister, nächstes Jahr dann zum sechsten Mal und übernächstes Jahr zum siebten Mal. Auch Leipzig wird nie die Möglichkeit haben an die Bayern ran zu kommen, weil die etablierten Spieler, die wirklichen Weltstars nicht zu Red Bull gehen werden, sondern im Zweifel zu den Bayern. Die können genauso viel bezahlen und haben eine Strahlkraft, die Leipzig abgeht und die sie nie erhalten können. In den Osten gehen dann die jungen aufstrebenden Stars von morgen und so Kaliber wie Carlos Tevez oder Obafemi Martins kurz bevor sie dann in China in den Sonnenuntergang reiten. Das wird wahrscheinlich auf Dauer ein Platz unter den ersten vier sein – immer – aber eben nicht mehr. Nein, der Vorsprung der Bayern ist so signifikant groß, dass wir uns von einem Meisterschaftskampf in der Bundesliga verabschieden können.

Vielleicht ist das aber auch okay so. Vielleicht ist die fehlende Spannung genau das, was die durcholiverbierhoffisierte Bundesliga braucht um zum implodieren.

Wie schon ein paar Mal hier geäußert, kann die eigentliche Rettung für die Liga nur darin bestehen, dass die Bayern mit den anderen gesetzten europäischen Topteams ihre Superliga machen, Sonntagsmorgens um halb acht, damit in Asien zugeschaut wird und der Rest der Liga dann einfach wieder einen deutschen Meister austrägt. Einfach so. Mit Auf- und Abstieg, mit vielleicht zwei, drei Klassen schlechteren Fußballspielern aber vielleicht auch mit weniger Theater und Prunk und Protz und Drama drumherum.

Vielleicht.

Keine Ahnung.

Ich weiß nur, dass ich die Spiele gegen Bayern nicht genießen kann. Ich bin kein Fan von einem kleinen Dorfverein, der im “Spiel Deines Lebens”-Wettbewerb von SKY gewonnen hat und dadurch einmal gegen München spielen darf. Nein, ich bin Fan des 1.FC Köln, Deutscher Meister 1962, 1964 und 1978. DFB-Pokalsieger 1968, 1977, 1978 und 1983. UEFA-Pokal-Finalist, acht Mal Halbfinale Europapokal, Florida Cup Sieger und deutscher Hallenmeister 1993! Heute eine Nichtigkeit in der Fußballwelt, abgehängt durch eigene Unfähig- und Eitelkeiten, durch biederer Vereinsmeierei und bis an die Grenzen des menschlichen Verstands reichende Dummheit. Gerade dabei sich wieder etwas zu konsolidieren aber immer noch am Rande des Wahnsinns. Nein, ich freue mich kein bisschen auf Spiele gegen die Bayern, weil sie mir auf zu einfache Art klar machen, wie weit wir weg sind, wie groß, wie unkittbar die Gräben sind.

Aber das ist der Lauf der Zeit, wie sagte mein Kollege Willy immer so schön, wenn er mal einen Kunden am Telefon hatte, der einen unserer zahlreichen Abrechnungsfehler anprangerte: “Ja, verstehe, is ärgerlich, ne? Ja. Nee, machen können mer nix. Tschöööhööö.”

So ist das. Machen können wir nix.

Für den 1.FC Köln geht nach den zwei Testspielen die Saison jetzt weiter. Jetzt geht es um Punkte. Noch ist der Traum von Europa nicht ausgeträumt.

Lass uns noch einmal zusammen feiern, effzeh. Einmal noch. Und dann kann die Bundesliga auch untergehen, so schlimm wär’s nicht.

Come on effzeh!

2 comments to FC – München: Der Tod auf Raten

  • Eine Reform der BL müsste her. Endlos Geld hinein pulvern dürfen und TV-Geldvergabe nach Plätzen muss abgeschafft werden. Und zwar möglichst Europaweit. Dann könnte man mit dem gesparten Geld die Zuschauer günstiger ins Stadion lassen. So hätten alle was von. Ausser vielleicht ein paar extrem überbezahlte, ach so hart arbeitende Fussballspieler.
    Ja ja, natürlich ist Profi-Fussball kein Zuckerschlecken, aber sag das mal jemandem, der bei Wind und Wetter im Strassenbau oder am Fließband steht…^^

  • Holger

    Warum eigentlich so depressiv? Gibt’s nur kohlpechrabendunkelschwarz und sonst nichts. Ist mir zu billig, echt jetzt! So nach dem Motto, wenn das Kind nicht die gymnasialreife schafft, schreiben wir es ab, weg damit … Ist nicht meine Welt. So what…

Haut rein, schreibt mir was!