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Lichterloh – Kein Ende in Sicht.

Eben veröffentlichte der 1.FC Köln die News, dass es – wegen des Vorfalls gegen Union Berlin – zu einem Vereinsausschluss-Verfahren und damit einhergehend zu Vereinsausschlüssen und Dauerkarten-Kündigungen gegen neun Personen gekommen ist. Die restlichen an dem Vorfall beteiligten Personen erhielten vom 1.FC Köln ein sog. “ermahnendes Schreiben” und Stadionverbot. Ich gehe mal davon aus, dass der Vereinsausschluss auf der einen – und die “Bewährung” auf der anderen Seite mit den Akten der jeweiligen Personen zu tun hat und alles satzungskonform abgelaufen ist. Dass die Betroffenen die Gelegenheit hatten sich in dem Verfahren zu äußern und dies anscheinend unterließen, darf nicht überraschen, es darf aber genauso wenig die Sorge des Vereins sein. Mit diesen Vereinsausschlüssen reagiert der 1.FC Köln zwar hart aber mMn durchaus nachvollziehbar auf das Fehlverhalten nach dem Union Spiel. Wenn ich mich als Mitglied eines Vereins privat in einem Maße daneben benehme, dass es in den strafrechtlichen Bereich geht, dann hat der Verein durchaus das Recht in Frage zu stellen, ob diese Personen als Mitglieder tragbar sind. Ob ich persönlich so entschieden hätte, weiß ich nicht, ich finde aber man kann dem Verein in diesem speziellen Fall keinen Vorwurf machen.

Hart ist es aber natürlich dennoch.

Weiterhin verlangt der 1.FC Köln 14.000 Euro von zwei Personen die am Fahnenklau gegen BMG beteiligt waren. Diese “Weitergabe” der Verbandsstrafe ist sicherlich juristisch haltbar, jedoch stelle ich mir die Frage, ob der Verein es tatsächlich nötig hat wegen einer Aktion, die eher an einen Pfadfinder-Streich erinnert und ganz sicher nicht als Ausschreitung gewertet werden darf, die volle Bandbreite des Möglichen ausnutzen muss. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Höhe der Strafe nicht ansatzweise transparent und für Normalpersonen nachvollziehbar festgelegt wird. Der DFB verhängt Mondstrafen, es kommt ja nicht zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren, in dessen Verlauf sich die “Täter” verteidigen können. Ich bin natürlich kein Anwalt aber vom reinen Sachwert her sollten es sich bei einem Fahnenklau um eine Bagatelle handeln. Korrigiert mich bitte, falls dem nicht so ist. Vor einem zivilen Gericht, bei einem reinen Eigentumsdelikt (es war ja nicht mal Raub, sondern Diebstahl, oder?), wäre der Fall hoffentlich glimpflicher ausgegangen. Der Verein sollte in meinen Augen anerkennen, dass der DFB hier Strafen verhängt, die sich nicht gegen die Personen richten und die sicher auch “Vorstrafen” mit einbeziehen, die (im Zweifel) nicht von den jetzt zur Kasse gebetenen Personen zu verantworten sind. 14.000 Euro sind ein Batzen Geld. Ich wüsste jetzt nicht, wo ich auf die Schnelle 7.000 Euro hernehmen sollte.

Die Konsequenzen aus dieser Regress-Forderung stehen für mich in keinem Verhältnis zur Tat. Was passiert, wenn durch die Forderung eine Privat-Insolvenz ausgelöst wird? Was passiert, wenn durch die Forderungen vielleicht Menschen (Kinder, Frauen, Eltern, Großeltern) betroffen sind, die auf einmal nicht mehr unterstützt werden können, da der FC ein paar hundert Euro im Monat wegpfändet? Haben wir als Verein das wirklich nötig? Ich meine nicht. Vielleicht kann der FC hier noch einmal in sich gehen. Setzen wir es mal zum Vergleich, den 3,x Millionen Abfindung an Schmadtke gegenüber, dann kann sich ja jeder selbst ausmalen, was dem Verein mehr geschadet hat.

Im letzten Absatz schreibt der FC von Werten und einer FC-Familie. Es wäre schön, wenn diese Worte nicht nur hohle Phrasen wären, sondern auch von Vereinsseite mit Leben befüllt werden. Im gestrigen FC-Stammtisch sprachen Dieter Prestin und Harald Konopka über den Umgang des Vereins mit ihren Double-Siegern von 1978. Der größte Triumph des Vereins. Unser annus mirabilis feiert in diesem Jahr sein 40. Jubiläum. Und was macht der Verein? Nichts. Keine Ehrungen, keine Erinnerungen, nicht mal ein Retro-Trikot haben sie hinbekommen. Es wird einfach unter den Teppich gekehrt. Es ist als hätte es nicht statt gefunden. Kein Wort, keine Einordnung, keine Erinnerung. Der aktuelle Vorstand hat es anscheinend nicht nötig den Helden von damals ‘Danke’ zu sagen. Wie Konopka richtig anmerkte: Das ist beschämend und des 1.FC Köln nicht würdig. Geht man so mit seinem Erbe um? Vor allen Dingen: Wenn es wirklich eine FC-Familie gäbe, die auch von Vereinsseite als solche gesehen wird, wäre es dann nicht die Pflicht des Familienoberhauptes hier mit einem guten Beispiel voran zu gehen?

Im Mitschnitt des Stammtisches spricht Prestin dann auch noch das Verhalten des Vereins gegenüber Herbert Neumann an, dem es – nach Aussage von Prestin – schon seit längerer Zeit nicht gut gehen soll und der von Vereinsseite keinerlei Unterstützung oder Zuspruch erhält. Neumann war (neben Flohe) die zentrale Position im Kölner Spiel, er wurde drei Mal Pokalsieger mit unserem Club und war eben auch Teil der Meistermannschaft von 1978. Man kann schon von einem verdienten Spieler reden. Und da ist der Verein nicht in der Lage zu helfen? Wo sind wir nur hingekommen?

[Update]
Da hinten bei effzeh.com hat man sich der Kritik von Konopka und Prestin ebenfalls angenommen und beim Verein nachgefragt. Dieser weist die Vorwürfe zurück.

„Der 1. FC Köln hat das Double 1977/78 in diesem Jahr mehrfach und zu verschiedensten Gelegenheiten gewürdigt, nicht zuletzt in der Sonderausstellung im Deutschen Sport- und Olympiamuseum. Zu deren Eröffnung waren alle 78er-Legenden eingeladen. Zudem wird es in diesem Jahr eine Gala zu 70 Jahren FC geben, bei der das Double eine gewichtige Rolle spielen wird. Insofern ist dieser Vorwurf für uns nicht nachvollziehbar“, heißt es in einer Stellungnahme des 1. FC Köln. „Wir würden uns wünschen, dass verdiente ehemalige Spieler wie Dieter Prestin oder Harald Konopka sich direkt und persönlich an den FC wenden, wenn sie Fragen oder Kritikpunkte haben.“

Wenn der Verein dies als ausreichend betrachtet, dann ist das eben so.

Zur Causa Neumann teilt der FC mit:

„Die Vorwürfe von Dieter Prestin sind vollkommen falsch und treffen diejenigen, die sich seit Monaten intensiv um Herbert Neumann bemühen, zutiefst. Sowohl FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle als auch insbesondere Toni Schumacher und Bernd Cullmann haben sich mehrfach mit Herbert Neumann getroffen und alles unternommen, um ihm zu helfen“

Hier hört man aus – wie gewohnt gut informierten Quellen – dass diese Aussagen zutiefst glaubwürdig sind und sich insbesondere Toni Schumacher weit über normales Engagement um Herbert Neumann gekümmert haben soll und alles versucht hat um ihn zu unterstützen. Dass dieses Engagement (bisher) nicht von Erfolg gekrönt war, kann man dem Verein nicht vorwerfen.

Zumindest den Punkt Neumann muss man im Lichte dieser Stellungnahme anders und völlig konträr betrachten. Entweder Prestin wusste nichts vom Engagement des Vereins, dann war es fahrlässig mit diesen Holzhammer-Vorwürfen vorzupreschen oder Prestin lügt bewusst und verfolgt eine eigene Agenda. Man kann es im Moment drehen und wenden wie man will, die Geschichten rund um den FC weisen mehr Twists und Merkwürdigkeiten auf, als ein durchschnittlicher David Lynch-Film.

Der Rest des Textes bleibt so stehen, wie ich ihn geschrieben habe, ich bitte aber das Update zumindest gedanklich mit einzubinden.
[/Update]

Das wirklich absurde ist, dass von Vereinsseite dazu aufgerufen wird die FC-Charta zu respektieren, wo doch der Verein die Rolle der monströsen Ignoranz übernimmt. Vergleichen wir Artikel 3 der Charta

UNSERE IDENTIFIKATION – OP TREU UN OP IHR
Wir lieben Köln, die Region und die rheinische Lebensart. Es ist eine Ehre mit dem 1. FC Köln
verbunden zu sein. Der FC ist für uns ein Stück Kultur.

einmal mit dem Umgang der Double-Mannschaft. Oder vielleicht schauen wir uns einmal Artikel 5

UNSERE MITGLIEDER – MER STONN ZESAMME
Mitglieder und Gremien handeln mit Wertschätzung kooperativ für den FC. Wir wünschen
uns Unterstützung untereinander. Wir übernehmen Verantwortung: Ehrenamt, soziale Projekte,
Integration, Fan-Projekte, Jugendförderung, …. Wir engagieren uns!

an und überlegen wie der Vorstand, wie Werner Spinner mit Mitgliedern umgeht, die ihm nicht genehm sind. Die Initiatoren von 100% FC – DEIN VEREIN, der Mitgliederrat und die namentlich genannten Personen im unsäglichen offenen Brief fühlen sich sicher gut aufgehoben in diesem Punkt.

Der Weg zurück zu einer “Familie” ist keine Einbahnstraße. Niemand behauptet, dass die aktive Fanszene keine Fehler gemacht hat. Dort ist sicher auch nicht alles Gold was glänzt und mehr als einmal kann man sich auch über sie ärgern, keine Frage. Und, was gerne vergessen wird, die Opposition gegen den aktuellen Vorstand setzt sich ja nicht ausschließlich aus Ultras zusammen. Es gibt eine sehr große Bandbreite an Mitgliedern die weit weg von “aktiver Fanszene” sind aber dennoch Veränderungen in die Wege leiten wollen.

Natürlich kann man auch nicht pauschal alles falsch finden, was von Vereinsseite passiert aber es geht mittlerweile um mehr als ein Abwägen zwischen (empfundenen) richtigen und falschen Entscheidungen. Der 1.FC Köln befindet sich mit diesem Vorstand in einer Sackgasse aus der wir nicht mehr herauskommen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass der Verein zwar fordert aber selbst nicht liefert. Das ist ja kein neues Muster. Um wieder zu einer Einheit zu werden, um wieder zu einem Verein zu werden auf den wir alle, ob nun sportlich oder abseits des Platzes, stolz sein können, muss es zu tiefen Veränderungen in der Vereinskultur kommen. Es muss Schluss sein mit Gutsherren-Art und Sonnenkönig-Tum. Es muss Schluss sein mit Grabenkämpfen innerhalb der Gremien. Wir müssen persönliche Eitelkeiten hinter uns lassen und endlich wieder das werden, was uns dazu gebracht hat diesen Verein zu lieben und ein Teil von ihm zu sein: Wir müssen wieder der 1.FC Köln werden.

Im Moment sind wir nur irgendein Fußballclub. Und das darf nie unser Anspruch sein.

Bei der nächsten Mitglieder-Versammlung gilt es den ersten Schritt zu machen.

Come on effzeh!


Habt ihr Bock mir ‘nen Kaffee oder ein Bier zu spendieren? Das würde mich freuen. Rechts gibt es einen PayPal-Button. Grüße! [Der Hoster will auch wieder sein Geld, ich würde mich also aktuell echt freuen :-)]


4 comments to Lichterloh – Kein Ende in Sicht.

  • David Magnus

    Stimme Dir vollständig zu, auch was die MV angeht. Die Einweihung der Hans Schäfer Südkurve unter Ausschluss der Öffentlichkeit passt auch noch gut in das Bild.
    Schlimm ist die Lage der beiden “Derbyhelden”. Wenn ich mich richtig erinnere, hat fast die ganze Süd über den Fahnenklau gejubelt – mich eingeschlossen. Wenn jeder beim nächsten Spiel eins der ekelhaften Stadionkölsch weniger trinkt und das Geld an die Beiden spendet, wäre zumindest der Fall erledigt…

  • Müller

    Ich stimme dir auch vollkommen zu Axel. Vielleicht sollte man einen Aufruf starten, um die beiden Jungs zu unterstützen. Wie David schon gesagt hat, haben viele Leute die Aktion gegen BMG gefeiert. Ich habe das ganze mal im Effzeh-Bekanntenkreis angesprochen und einige wären bereit, etwas beizusteuern. Das wäre vielleicht auch mal ein Zeichen, um dem Vorstand vor Augen zu führen, wie die FC-Charta wirklich gelebt werden sollte. Nämlich als, hier kennt man sich, hier hilft man sich. Vielleicht kannst du ja mal einen Aufruf starten oder ein Spendenkonto eröffnen.

  • Kaycee

    Müsste nicht einer der beiden auch derjenige sein, der gerade erst vor Gericht stand und dessen Vater 400-facher Millionär ist? Falls ja, geht es zumindest bei demjenigen vermutlich eher nicht um die nackte Existenz…

  • Frank

    Danke für den Text. Schön, dass Du wieder Zeit hast zu schreiben! Teile nicht alles, aber die Richtung stimmt! Bzgl. MV im Oktober wird sich mE. nicht viel bewegen. Das hatte ich im Frühjahr anders gedacht…

Haut rein, schreibt mir was!