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effzeh – Darmstadt 98: The Thunder Rolls

Ein Samstag in Gummersbach. Das hübscheste, klügste und liebste Patenkind der Welt hat gerufen und natürlich ist es keine Frage, dass ich Müngersdorf und den anschließenden Abschuss mit den üblichen Verdächtigen sausen lasse. Auch wenn es kurz ein ganz klein wenig weh tat, war es wohl alles in allem die richtige Entscheidung. Ich saß also alleine vor dem TV, hatte ein leckeres Getränk bereit, musste mich ab und zu vor dem vorwurfsvollen Blick der Kleinen (und der Mama) ducken aber letztlich blieb ich stur im dunklen Wohnzimmer sitzen, während draussen gelacht wurde. Manchmal ist man als Vollidiot einsam…

Was haben wir uns auf diesen Tag gefreut. Drei Monate mussten wir darben, haben uns mit EM- und Olympia-Methadon nur knapp über Wasser halten können, haben uns aus lauter Verzweiflung Testspiele mit Mainzer Fankommentatoren angehört, schauten täglich sieben Mal auf transfermarkt.de um neue Gerüchte über Zu- und Abgänge zu inhalieren, hofften und bangten um Jonas Hector und Timo Horn, regten uns über China, Red Bull und Uli Hoeneß auf, tippten die Tabelle rauf und runter, wägten ab und schließlich, mit einer Mischung aus Vorfreue und Angst (jedenfalls bei mir), sitzen wir am Samstag im Stadion oder vor dem Fernseher, fangen wieder an an den Fingernägeln zu kauen, wir schimpfen, jubeln, fluchen und lachen, streiten mit dem Nebenmann über einzelne Situationen, stöhnen lauthals auf, benehmen uns für zwei Stunden wie Irre und dann kommt der Schlusspfiff, der effzeh hat gewonnen, ein kurzes Abklatschen vielleicht oder ein Blick in den Himmel.

Hallo Bundesliga! Hat lang’ genug gedauert.

Mit 2:0 schlägt der 1.FC Köln die Gäste aus Darmstadt, die auftraten, wie man befürchten musste. Konfus, kopflos, uneingespielt aber auch unmotiviert, ohne Biss, ohne auch nur den Versuch zu machen das Spiel mitzugestalten. Nach drei Minuten muss es eigentlich schon 2:0 für ‘uns’ stehen aber sowohl Bittencourt als auch Rudnevs versagen im Teamwork. Statt den beide Male deutlich besser und eigentlich unbedrängt einschussbereit vor dem Tor stehenden Tony Modeste anzuspielen, versuchen sie es alleine und scheitern. Hoffentlich wird das nicht zu einem Muster.

Nach elf Minuten dann (endlich) das 1:0. Bittencourt läuft mit geschlossenen Augen in den Darmstädter Strafraum wie ein Crash Test Dummy, dem man Bewusstsein injiziert hat, hat aber das Glück, dass die Abwehr der Lilien zu sehr damit beschäftigt ist das satte Grün des Rasens zu bewundern. passt in die Mitte als wäre es geplant und Risse tritt nicht über oder unter den Ball, sondern -Zeichen und Wunder- direkt ins Tor. Die vierte große Chance der Anfangsphase führt also endlich zur Führung.

In der Folgezeit bestimmt der effzeh weiter das Spiel, ohne ganz großen Fußball zu spielen. Okay, es war auch warm und, ganz ehrlich, mehr wäre auch unnötig gewesen, da 98 eigentlich zu keiner Phase der Partie wie ein Bundesligist auftrat und in diesem Zustand sicher nicht wettbewerbsfähig sein wird. Es plätscherte so vor sich hin. Rudnevs lief wie blöd in der Gegend rum, Bittencourt rotierte, Jonas Hector schaltete sich ab und an auf links in den Angriff mit ein, damit er nicht einschlief und Timo Horn hat wahrscheinlich währenddessen genug Zeit gehabt um zu reflektieren ob Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch den Literaturnobelpreis wirklich verdient hat oder ob nicht (ganz besonders) “Secondhand-Zeit” völlig überambitioniert ist und eigentlich recht grundlos gefeiert wird. Mich würde seine Meinung dazu aufrichtig interessieren. Vielleicht hat er sich ja sogar Notizen gemacht.

In der zweiten Halbzeit das gleiche Bild: Der effzeh bekommt Chance um Chance das Ergebnis deutlicher zu gestalten scheitert aber in Person von Bittencourt und Rudnevs ein ums andere Mal vor den gegnerischen Tor. Der Begriff Chancentod wäre eine Beleidigung für Martin Harnik. Ich kann die guten Noten für beide nicht nachvollziehen. Ja, sie hatten Chancen, die aber nicht durch eigene Stärke, sondern durch völliges Desinteresse der Darmstädter in dieser Häufung auftraten. Sie nutzen keine davon. 14:1 Torschüsse, mindestens 8 Großchancen, vielleicht mehr, in einem Spiel, das den Charakter eines Trainingsspiels bot, gegen einen völlig überforderten Gegner. Und es passiert genau nichts. Muss man da zufrieden sein?

Das 2:0 resultiert folgerichtig aus dem Versuch Rudnevs den Ball blind Richtung Tor zu dreschen. Zum Glück trifft er ihn, wie er halt normalerweise Bälle trifft, nämlich nicht gut, das Ding verfehlt das Tor um eine gute Flugzeugträgerlänge aber Modeste ist zur Stelle, spritzt dazwischen und kann zur Entscheidung einnetzen. Soll mir niemand sagen, dass das gewollt war. Naja, egal, wie auch immer. 2:0 für den effzeh, der Käse ist gegessen.

Darmstadt kommt sogar noch zu ihrer einzigen Chance des Spiels als Sirigu die Gunst der Stunde erkannte, dass auch die heimischen Akteure keine allzu große Lust mehr auf Kampf hatten, lief durch das Mittelfeld und die Abwehr wie die Nase eines verschnupften Russen und scheiterte nur an Horn, der die Arme hoch riss und dabei wahrscheinlich sein Essay über den Sinn und Unsinn der Kontroverse im Spannungsfeld zwischen U- und E-Musik fallen ließ. Eine Schande.

Nach ein paar weiteren vergeben Chancen (Zoller!), lässt sich Maroh noch zwei Rippen brechen, weil Esser aus seinem Fünf-Meter-Raum segelt wie Tim Wiese auf Steroiden, mit dem Knie voran in den Bauch, eine Verletzung des Gegenspielers willentlich in Kauf nehmend. Klar, muss man machen bei 0:2 in der 93. Minute. Zeichen setzen und so. Ich bin sicher, dass Norbert Meier ein wohliger Schauer der Genugtuung den Rücken herunter lief. Ganz große Klasse.

Ihr merkt es vielleicht, nein, ich bin nicht zufrieden. Und das hat nichts aber auch gar nichts mit überhöhtem Anspruchsdenken zu tun, sondern nur mit diesem einem Spiel und wie sich dies gestaltet hat. Gar nicht gefallen hat mit Mavraj, der in seiner Zweikampfführung ein ums andere Mal den Eindruck hinterließ, dass es ihm egal ist, der schlechte Pässe in den Aufbau spielte und auch nie den direkten Weg suchte. Und das kann nicht am Stress liegen, denn zu tun hatte er eigentlich so gut wie gar nichts. Mir haben auch Bittencourt und Rudnevs nicht gefallen, denn -wie oben erwähnt- ist die Fußball-Bundesliga kein Leichtathletik-Meeting, es kommt auch ein bisschen darauf an ob man die Chancen, die man kreiert auch nutzt und ich sah nichts, was mich zu der Überzeugung kommen lässt, dass ich mit Rudnevs falsch liege. Er wird uns keinen Schritt weiter bringen, sondern frisst nur Brot vom Tisch.

Ich verstehe auch nicht warum Stöger Bittencourt nicht spätestens in der 70. Minuten rausgenommen hat. Eigentlich hätte er ihn aus disziplinarischen Gründen schön nach 38 Sekunden auswechseln können als er nicht auf Modeste ablegte aber gut, da will ich nicht so sein. Aber spätestens nach seinem siebten hirnlosen Abschlussversuch wäre mMn die Zeit gekommen Milos Jojic eine Chance zu geben. Viel schlechter hätte Jojic sich auch nicht anstellen können.

Der Gegner war halt überhaupt kein Maßstab. Ich kann mich nicht erinnern in den letzten 25 Jahren eine derart willenlose und gleichzeitig auch noch qualitativ schlechte Mannschaft in Müngersdorf gesehen zu haben. Das 2:0 ist viel, viel, viel zu wenig. Als 1.FC Köln, der nichts mit dem Abstieg zu tun haben möchte und vielleicht, wenn alles gut läuft, auf einem einstelligen Tabellenplatz ins Ziel kommen möchte, muss ich auch an das Torverhältnis denken. Und da hat der effzeh kläglich versagt anders kann ich das nicht ausdrücken.

Jaja, natürlich zählen die Punkte und Juchu, dat Trömmelche und überhaupt, wie geil wir sind.
Warten wir mal ab. Falls Ihr anderer Meinung seid könnt Ihr ja komment…
…ahahaha… tschuldigung… “kommentieren”… wie lustig… hahaha…

Tjaja und jetzt hat die FIFA in ihrer unedlichen Weisheit erstmal eine Länderspielpause in den Rahmenterminkalender gehackt, damit wir auch ja nicht zu viel Lust auf Fuppes bekommen. Weiter geht es also erst in zwei Wochen in Wolfsburg. Ich bin ernsthaft gespannt.

Dennoch und immer:

Come on effzeh!

Der erste Zwischenstand der Wette:
Modeste: 1
Rudnevs: 0

2 comments to effzeh – Darmstadt 98: The Thunder Rolls

  • Flittarder Geißbock

    Schöner Bericht, natürlich wieder streng subjektiv 😉

    Ich fand das Spiel insgesamt solide gegen einen schwachen Gegner. Der Fortschritt zur letzten Saison ist, dass wir fast nix zugelassen haben. In der Vergangenheit hätten wir unter Garantie maximal 0:0 gespielt oder sogar eher verloren (s. H96, Hertha, Augsburg, Ingolstadt usw.).

    Ja, man kann (oder muss) die Chancenverwertung bemängeln. Aber das war doch alles recht ansehnlich, strukturiert und mit Biss. Dazu haben auch Leo und Rudi beigetragen, die mir eher gut gefallen haben. Den Blick für Modeste werden sie schon noch finden 😉 Wenigstens gab es Chancen, die man verballern konnte. Und wir haben jetzt echte Optionen. Momentan bin ich eher optimistisch, aber das kann man auch erst nach 10-12 Spielen einschätzen, wenn wir gegen jede Art von Gegner mal gespielt haben.

  • Vielleicht sehe ich das ja zu positiv Axel… aber wenn wir gar keine Chancen kreiert hätten, dann würde ich unruhig werden. Da sind Jungs, die sich trauen und den Abschluss suchen. Wenn man das beibehalten kann, dann fallen zwangsläufig auch die Tore.
    Ohne Chance, kein Treffer (klingkling, ein paar Euro ins Phrasenschwein).

Haut rein, schreibt mir was!