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FC – Union Berlin: The Hitchhiker’s Guide to the Schweineliga

“Ist ja gut”, sagte Ford, “nur keine Panik.” “Wer hat denn was von Panik gesagt?” schnappte Arthur zurück. “Das ist doch bloß der Kulturschock. Wart’s ab, bis ich mich mit der Situation befreundet habe und wieder weiß, wo’s lang geht. Dann fange ich an, Panik zu kriegen.”

Nein, liebe Freunde, es ist wirklich noch nicht an der Zeit Panik zu schieben. Es ist der zweite Spieltag und noch muss einiges an unerwarteten Unfällen passieren, bevor ich meine Meinung, dass der FC sehr sicher und sehr souverän aufsteigen wird, revidiere. Da ändert dann auch das gestrige Unentschieden gegen ein zutiefst biederes Union Berlin nichts, auch wenn dieses Ergebnis natürlich nicht das war, was sich 45.000 Endorphin-überdosierte Heimfans vorgestellt hatten. Ich übrigens auch nicht. Die zweite Liga ist, man muss es so deutlich sagen, wirklich eine ganze Klasse schlechter als die Bundesliga. Gefühlt sogar noch mehr als das, weil das fußballerische Niveau fast nicht zu vergleichen ist. Die zweite Liga ist eine Schweineliga. Es ist schlechter Fußball. Es ist der Kampf einen Fünf-Meter-Paß ohne signifikante Selbstverstümmelung zu spielen. Tore fallen durch Fehler des Gegners, nicht durch eigenen Antrieb. Wenn ich vor dem Spiel höre, dass Urs Fischer “mutig mitspielen” will, dann ist das löblich und sicher ernst gemeint aber das Anlaufen gegen den ballführenden FC hätten sie sich auch sparen können, da eh kein Aufbauspiel stattgefunden hat. Vice versa übrigens genauso. Es ist Fußball aus den 80er Jahren: Bloß weg mit dem Ball. Es ist fast kein Spiel, sondern nur Kampf. Spaß macht das nicht.

Bei aller gebotenen Nonchalance müssen aber Fragen erlaubt sein. Ich verstehe Anfang nicht. Ich weiß nicht, was er vorhat, was sein Plan ist. Schon gegen Bochum waren die beiden eigenen Treffer eher glücklich und ein besserer Gegner hätte uns hinten drei oder vier eingeschenkt. Jetzt spielt der FC das erste Spiel zu Hause, es ist Montagabend, Flutlicht, volles Stadion, ein Gegner, der bereitwillig erklärt selbst Fußball-spielen zu wollen und sich nicht 90 Minuten mit zehn Mann am eigenen Strafraum einigelt und wir sehen eine Aufstellung, die mich zutiefst ratlos hinterlässt. Jonas Hector, Linksverteidiger, immerhin in der Nationalmannschaft, wird auf die Sechs beordert (was schon letzte Saison nicht immer perfekt geklappt hat) und dort völlig allein gelassen. Auf links stand mit Jannes Horn ein komplett überforderter Spieler, der (aktuell) weder das Tempo noch die Spielstärke hat, um in der zweiten Liga mitspielen zu können. Man konnte Mitleid mit ihm haben, wie er ein ums andere Mal von Hedlund oder Hartel (HARTEL, HERRGOTT!) überlaufen und stehengelassen wurde. Dafür mäandert Hector durch ein postnukleares Mittelfeld, ohne Aussicht auf andere Menschen zu treffen. The Last of Us in Müngersdorf.

Auf rechts Risse, der, stehts bemüht im Versuch den Ball nach vorne zu tragen, mehr als einmal in drei oder vier Berliner lief, die alle Zeit der Welt hatten sich zusammenzurotten, da ja nichts da war, was man im Raum decken müsste. Die vorderen vier Spieler (Clemens, Schaub, Hauptmann und Drexler) hatten anscheinend individuelle Briefings zum Spielplan erhalten, denn es sah nicht unbedingt so aus, als wüsste der eine wo der andere hin läuft. Eigentlich kam es zu keiner nennenswerten Pass-Stafette, es wurden keine Freiräume erspielt, es wurden keine Gegner gebunden, es wurde sehr, sehr stumpf versucht über die Außen nach Innen zu ziehen. Leider fehlt dafür dann die individuelle fußballerische Qualität. Besonders Drexler enttäuscht mich hier bisher sehr. Schon in Bochum fand ich ihn extrem fahrig und unkonzentriert, das hat sich gestern nahtlos fortgesetzt.

Bleibt noch Cordoba, der Dinge macht, die Cordoba eben macht. Er steht mit dem Rücken zum Tor, wird ab und an angespielt, kann den Ball aber nicht annehmen, der verspringt zum Gegner und Aus die Maus. Da ist auch null Bewegung, null Überraschungsmoment in seinem Spiel. Wenn er den Ball nicht hat, trottet er in einem Radius von maximal zehn Metern an der Strafraumkante auf und ab, lässt sich dann fallen um anspielbar zu sein, verliert den Ball wieder, weil er natürlich manngedeckt wird (es hat immer jemand Zeit, ist ja nix anderes zu tun) und dann geht das ganze von vorne los. Ich verstehe es nicht. Cordoba alleine in der Spitze kann beim besten Willen nicht funktionieren. Er ist kein Mittelstürmer. Wahrscheinlich ist er noch nicht mal ein Stürmer. Seine “Qualität” kann darin bestehen Abwehrspieler zu binden und damit Freiräume für einen Kollegen zu schaffen. Damit dies gelingen kann, braucht es aber zwei Voraussetzungen: 1. Es müsste ein weiterer Stürmer da sein und 2. müsste er eine Anspielstation 25 Meter vor dem gegnerischen Tor haben, zu dem er den Ball prallen lassen kann. Jemand, der den Ball dann annehmen und verteilen, scharf reinspielen kann. Beides ist nicht gegeben. So sieht unser Offensivspiel aus wie ein Fiebertraum von Wassily Kandinsky. Kann man mögen, ist aber schwer zu verstehen.

Und bitte, Union Berlin hat nun keinen Voetbal totaal gespielt. Es war ja nicht so, als ob uns die Berliner mit reinrassigem Kombinationsfußball Knoten in die Beine gespielt hätten. Auch auf der anderen Seite war jeder Ballbesitz ein Kampf ums pure Überleben. Tut mir leid, ich verstehe es wirklich nicht. Da hast du Koziello in deinem Team, der angedeutet hat, dass er wahrscheinlich der fußballerisch begabteste Spieler der zweiten Liga sein wird, mit Terodde jemanden auf der Bank, der nachgewiesen hat, dass er in dieser Liga alles in Grund und Boden schießen kann und machst nichts daraus. Man möge es mir erklären, ich bin überfordert. Die Wechsel sind reine Personalwechsel, wie ein Zugführer-Schichtwechsel bei der deutschen Bahn. Du hast Feierabend, ich mache weiter. Keine Umstellung, kein Versuch das Spiel mal ein wenig anders zu gestalten, kein Druck auf den Gegner ebenfalls umzustellen um die eingeübten Positionskämpfe aufzuweichen, nichts. Das ist dann schon einigermaßen enttäuschend. Spätestens ab der 60. Minute hat man erkannt, dass der FC gar nicht mehr wollte. Dass man in den reinen Verwaltungsmodus umgestiegen ist. Da war kein Feuer im Spiel, kein Willen das Publikum auf seine Seite zu bekommen, kein Interesse daran ein Ausrufezeichen zu setzen. Es war ein gelangweiltes Abarbeiten des Pflichtenhefts, während man alle zwei Minuten auf die Uhr guckt und hofft, dass schnell Feierabend ist. So hat dann auch eine Situation gereicht um den Ausgleich zu ermöglichen. Alles rechnet mit einem Freistoß, der wird nicht gepfiffen, aber geistig hat man schon abgeschaltet, die komplette Mannschaft wird übertölpelt und zehn Sekunden später steht es 1:1.

Und jetzt wird es richtig bitter: Ich habe wirklich geglaubt, dass dieses Gegentor noch einmal ein Weckruf sein wird. Es waren noch 20 Minuten zu spielen. Jetzt, hab ich gedacht, jetzt müssen sie was tun. Zu Hause, erstes Spiel, volle Hütte, die wollen nicht Unentschieden spielen. Jetzt muss sich im Spiel was tun, jetzt muss Anfang auch sehen, dass es so nicht klappt, jetzt geht’s los. Ich empfand das Gegentor zu diesem Zeitpunkt als wohltuend. Auf jetzt!

Doch dann: Nichts.

Anfang stellt nichts um, das Spiel wird weiter 08/15 angegangen. Weiterhin keine Anspielstation auf der Acht, keine Bewegung, kein Moment im Spiel. Und übrigens auch keine Wechsel. Wir brauchen zehn Minuten bis Zoller neben den früher für Cordoba gekommenen Terodde gestellt wird (auf die Clemens-Position) und nochmal sieben Minuten bis Guirassy für Hauptmann ins Spiel kommt. Da hat sich genau nichts am Spiel geändert, außer dass Zoller noch ein klein wenig ungeschickter am Ball war als Clemens. Weiterhin gähnende Leere im kreativen Bereich und der Ork-Moment war mit dem Führungstreffer von Clemens ja schon passiert.

Die letzten 20 Minuten haben mich wahrscheinlich mehr enttäuscht als alles was in der letzten Saison vorgefallen ist, denn da war man eben unterlegen und konnte sich nicht wehren. Hier hätte man durchaus Hebel gehabt, weigerte sich aber diese zu nutzen. Das war nicht schön.

Und so müssen wir feststellen: Es war ein Zweitliga-Fußballspiel. Wäre es Sandhausen gegen Heidenheim gewesen, es hätte sich niemand beschwert. Wir dürfen das auch nicht. Das ist im Moment unser Spiel. Wir müssen lernen damit zu leben.

Und, bei allem fehlenden Spaß: Es wird dennoch locker reichen. Junge, die zweite Liga ist schlecht.

Vielleicht ändert sich ja auch noch was, es ist erst der zweite Spieltag, ich schrieb es oben schon einmal. Einfach ein bisschen Mittelfeld, einen zweiten Stürmer, ein paar eingeübte Laufwege, das sollte schon reichen.

“Du meinst, das ist es?” fragte Ford. “Das ist es.” “Neun mal sechs. Zweiundvierzig.” “Das ist es. Das ist alles.”


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6 comments to FC – Union Berlin: The Hitchhiker’s Guide to the Schweineliga

  • Anonymous

    Treffend geschrieben, perfekt….

  • Anonymous

    Was bist du bloß für ein arroganter Fatzke, was für ein überhebliches Geschwafel !
    Biederes Union? Die einzige Mannschaft, die gestern bieder spielte, war der effzeh !

  • Anonymous

    Na ja. Ne schnoddrig aggressive Schreibe wie Paul Gascoigne beim Blick ins leere Bierfach des Kűhlschranks. Aber jenauso arrogant wie der Ziegenbockverein. Gab’s vorher so manche Sympathie gen Köln und wenn’s denn nur die Űbereinstimmung zur Ablehnung des dűmmlichen Nachbarschaftsdorfes sei- hat sich erledigt. Vorher und nachher hab ich nur Menschen angetroffen die entweder als Konsumenten in den Műngersdorfer Einkaufstempel pilgerten oder FCler die deutlich zu verstehen gaben das ein Aufenthalt in den Niederungen des Deutschen Fußballs Ekel Abscheu und Ausschlag machen. In keiner Stadt jedweden Stadion & Spieltag & Kneipenbesuches habe ich derartiges Fußballdesinteresse erlebt. Wűrzburg Regensburg Kiel oder selbst Dresden, űber all ist der Spieltag, die Mannschaft, die Lust auf einen geilen Abend zu verspűren. Bei euch ging es nur um “Traumabewältigung” und gegenseitige Bestätigung das euer sozialer kultureller und űberhaupt Abstieg ein Betriebsunfall – vermutlich ausgelöst durch einen österreichischen Saboteur- wäre. Ihr seid aber nur ein weiterer selbstverliebter und űbersättigter Patient der sich jetzt mit gehöriger Zweitligadiät wieder neu aufstellen muss. Die träge alte und selbstgefällige Tante Hertha hat es offensichtlich geschafft, euer Dorfnachbar, es gibt aber auch genügend andere Beispiele wie die Betriebssportgemeinschaft Rheinland Pfalz oder der Kalauer SC..
    Wiedergenesungsaufstieg ist kein Selbstläufer – wenn das Umfeld Fans und Vorstand so fűhlen dann strahlt das auf die Mannschaft aus.
    Also – bleibt so wie ihr seid, vielleicht nehmen ja ein paar von euch die unsäglichen Műhen auf sich um in dieser ‘Dreckszweitenliga”in den äußersten Osten zu reisen. Ich hoffe wir werden euch dort die Arroganz durchs Tornetz schießen. Ihr werdet 20 bis 25 Pokalerstrundenspiele haben, gehasst gejagt weil Arroganz ob in Kiel Aue Köpenick nirgendwo geliebt wird. Aber: ich Wűnsche euch den Aufstieg. Nicht den sportlichen. Aber das ihr unter euch bleibt. Mit RB und Bayer, mit Hoffe und Allianz und Gasprom. Mit Chearleader, Stadionsprecherlautstårke, peinlicher Combo, Leute die vor dem Schlusspfiff gehen, demZiegenbock samt seiner Beruhigungsmittel, euren sodomiezungenkuss,… Eisern Union

    P. S. Natűrlich herzlich willkommen den FUßBALL Fans des 1. FC Köln.
    P. S. Den Steinewerfern Verachtung

  • Ich habe sehr geschmunzelt, danke dafür & willkommen in Liga Zwei – gewöhnt euch schon mal dran, das Jahr ist noch lang 🙂 Eisern!

  • […] aus diametralen Perspektiven auf das Spiel in Köln zurückschauen will, wird in den Blogs ‘ Der vierte Offizielle‘ und ‘ Eisern NYC‘ […]

  • spuehlhand

    Na, da ist doch mal wieder ein Artikel des vierten offiziellen, den man zu mehr als 70 % unterschreiben kann. Nur kleine Einwände. Das mit Hector auf der 6 kann ich irgendwo verstehen. Lacht alle, die Ihr’s lest – aber Hector ist nicht nur der beste LV Deutschlands, sondern auch der beste 6. (Also, der beste 6er, den Löw in Russland dabei hatte, auch wenn er die 6 dort nicht spielen durfte. Vielleicht gibt’s bessere, aber weder Löw noch ich kennen einen). Anfang spielt mit nur einem 6er. Kann man hinterfragen, aber angenommen, man macht das mit – dann gegen Union hier einen Kociello hinzustellen, hätte ich mich auch nicht getraut. Warum allerdings Kociello nicht nach 45 Minuten für Hauptmann oder Drexler gekommen ist, verstehe ich auch nicht. Die Auswechslung von J. Horn habe ich auch laut gefordert, nicht nur weil er weder gut ist, noch einen guten Tag hatte, sondern weil der Schiri unberechenbar war. Ich glaube, der stand 0,14 mm vor gelb-rot. Auch ich kann mich an kein Spiel erinnern, bei dem das Publikum (inklusive meiner einer) so mürrisch war. Das lag – liebe Kommentare 2 und 3 – nicht an unserer Arroganz der 2. Liga gegenüber, sondern weil uns unser eigenes Spiel zu behäbig war. Wir haben früher sehr schlechte Erfahrungen mit Systemtrainern gemacht. Da ist man hypersensibel. Einen anderen Widerspruch zum Artikel habe ich noch: Ich glaube nicht, dass die Jungs überheblich waren oder nicht kämpfen wollten. Die waren irgendwo zwischen “wie war das noch mit dem neuen System” und Hose voll. Das wird noch sehr, sehr knifflig und ich habe nach dem Union Spiel ein großes Stück Vertrauen verloren. Vieles ist zu kraftlos – und ohne Kraft dominiert man keinen Gegner der 2. Liga. Ob Schaub so gut ist, wie die lokalen Zeitungen schreiben, werden wir noch sehen. Wenn man als Linksfuß rechts spielt, weil der nach innen zieht, müssen die anderen erstens Freisperren und er selber braucht eine bessere Schusstechnik. Ich bin gespannt, ob er nur Gegenspieler nass macht, oder auch für Tore oder Vorlagen sorgen wird.

    Einen Nachschlag zu Kommentar 3 noch: Ich glaube, Sie haben das fußballunbegeisterte Publikum im Rheinenergiestadion seit 5 Jahren er”lebt”. Ob’s Ihnen im Normalfall besser gefallen hätte, weiß ich nicht. Vermutlich nicht. Denn vieles von dem was Sie an Randerscheinungen stört, ist halt immer da. Wir nehmen’s halt seufzend mit. Wenn die Cheermädels unbedingt tanzen wollen – lassen wir sie halt. Stören ja kaum. Aber wir haben offensichtlich eine vollständig andere Auffassung davon, was arrogant ist. Sie meinen, wenn man sicher ist, dass die Spieler der eigenen Mannschaft besser spielen können sollte, sei man arrogant. Ich glaube eher man ist arrogant, wann man behauptet, alle Anhänger anderer Mannschaften als einiger handverlesener seien im Gegensatz zu den ein Anhängern der wahren Teams lediglich eventversessen. Tja der eine sieht’s so, der andere so. Wenn der eine Menschenschlag sich vor 50.000 Zuschauern zum Vollochsen machen lässt, in dem er scheinbar einen gezeichneten Geissbock auf rosé Lippen küsst, zeigt er, dass er über sich selber lachen kann und zulässt, dass 49999 über ihn lachen. Ist eine Lebenseinstellung. Der andere Menschenschlag bezeichnet das als Sodomie. In diesem Sinne kann ich stolz von mir sagen: Ich bin kein Berliner.

Haut rein, schreibt mir was!