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London Calling

Die Eröffnungsfeier der Spiele der XXX. Olympiade 2012 in London ist gerade einmal zehn Minuten vorbei. Ich bin völlig hin und weg, grenzenlos begeistert, emotional berührt und viel zu aufgedreht, als das Monster, das Danny Boyle da heute jedem Event-Veranstalter des Universums um die Ohren gehauen hat nicht ganz speziell hier zu würdigen. Ich habe mich fast fünf Stunden lang fantastisch unterhalten gefühlt und das ist -schwer zu glauben aber wahr- nicht ausschließlich der Verdienst des talentierten Regisseurs, sondern auch meiner twitter-timeline und diversen Blogs geschuldet. Ich will das mal ein wenig dokumentieren, denn, seinen wir doch mal ehrlich: Was soll ich hier groß schreiben? War toll? Mein schönstes Ferienerlebnis in 300 Wörtern? Nee, lasst uns mal schauen, ob ihr beim nachlesen genausoviel Spaß habt, wie ich live:

Kurz vor 22 Uhr geht Eurosport mit Siggi Heinrich auf Leitung. Da geht es uns besser als den armen Amerikanern, denn Dirk Nowitzki twittert um kurz nach zehn reichlich konsterniert:

Der Hinweis auf http://www.eurovisionsports.tv wird ignoriert 🙂

Die ersten Bilder aus dem Olympiastadion sind verdächtig grün und folgerichtig kommt bei mir schon Recht früh ein furchbarer Verdacht auf:

Die ersten Minuten, die Chöre aus den verschiedenen britischen “Ländern”, der Auftritt von Kenneth Branagh sieht schon bildgewaltig und unkonventionell aus, macht Lust auf die nächsten Stunden und nimmt die Furcht vor einer endlosen Selbstinszenierung vor dem eigentlichen “olympischen” Teil.

Mit der Industrialisierungs-Sequenz und dem schönen Finger Richtung Festland-Europa (Frauenwahlrecht) kommt Kai Pahl ins Spiel, der -wie immer- umfassend und grandios auf allesaussersport.de berichtet:

Als Boyle dann noch die Verdienste des englischen Gesundheitssystems aufleben lässt (täusche ich mich da, oder war das eher eine Hommage an die Queen, die ja wohl im 2. Weltkrieg auch irgendwelche Pflegedienste verrichtet hat? Ich weiß es jetzt nicht mehr genau und bin zu faul zu googlen aber, das war dann schon etwas…spooky, sagt meine timeline:

Zum Glück ist der Bogen zur Populärkultur schnell gefunden und auch Frauen haben Spaß:

Doch, erste kritische Stimmen kommen auf. Natürlich aus Österreich!

Als dann Daniel Craig mit den Coggies in den Heli steigt, explodiert das Internet. Besonders die Briten überschlagen sich aber der Rest der Welt ist nicht weit weg. Aber das hier beschreibt den Tenor schon ganz gut:

Wer es verpasst hat: Hier nochmal die gesamte Sequenz. [Update: Ist natürlich schon durch’s IOC gesperrt worden. Vollpfosten!]

Nun kommt -und hier sind die Briten natürlich zu Recht stolz und verwöhnt- ein Durchmarsch durch 60 Jahre Popkultur. Nach kurzen Irritationen

und unerfüllten Fantasien

kommt das nächste kritische Internet-Moment. Mr Bean enters the Stage. Da könnte ich jetzt dreißig tweets zu posten aber Einer sagts am besten:

Weiter geht der Parforceritt mit viel, viel guter und ausgesuchter Musik. Man muss es anerkennen:

ein Fangirl ist ein wenig enttäuscht

und die leichte Sorgen um John Lydon sind auch nicht unbegründet:

Immer wieder kommen auch vereinzelte Stimmen durch, die die nicht ungerechtfertigte Angst vor einer deutschen Olympia-Eröffnung plastisch machen:

oder wie es Trainer Baade allen in Erinnerung ruft:

Ja, so ist das. Von einer solchen Show trennt uns nicht nur eine Mentalität, sondern ein plötzlicher Evolutionssprung. Naja, man kann nicht alles haben. Egal. Widmen wir uns wieder den Könnern zu. Nachdem das IOC ja eine offizielle Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer von München ’72 verboten hat, wird dennoch gedacht. Nicht diesen Toten aber (und das kann ich nur interpretieren, ich hab’s nicht genau mitbekommen) den Opfern der Bombenanschläge in der Tube. Auch das ging sehr britisch, sehr stilvoll über die Bühne, nachdem man vorher noch David Beckham über die Themse hat schippern lassen. Hier konnte man einen ersten kleinen Hint auf das Finale erahnen. Nicht Beckham hielt die Fackel, sondern eine junge Fußballerin. Der “Star” war nur Beigabe. Ich habe mir da noch nichts gedacht aber im Nachhinein war das schon sehr, sehr clever.

Dann begann der Einmarsch:

Ein erster Höhepunkt kommt schnell:

und auch die deutschen Sportler sind schon ziemlich aufgeregt:

Beim ZDF fühlt man sich übrigens genötigt die Menschen wenigstens kurzfristig zur Ruhe kommen zu lassen:

So macht man das beim öffentlich-rechtlichen Supersender. Nichtsnutze ans Mikrofon setzen und dann den Leuten sagen: Schauts halt ohne im Internet. Dass das ZDF vier Tonspuren raushaut und nicht eine ohne den Poschmann besetzt ist, ist an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten. Egal, guck ich eh nicht, mir verdirbt der Heitzefeitz nicht die prächtige Stimmung. Siggi Heinrich redet sich derweil richtig schön in Rage, weil wohl irgendwelche Frittenbuden in der Bannmeile geschlossen werden mussten, damit McDonalds sein Monopol nicht verliert. Recht hat der Mann!

Der Einlauf der Sportler ist halt immer einigermaßer ereignisarm. Kurz vor dem Einmarsch ins Stadion kommt noch ein tweet von vor dem Stadion rein:

Die Begeisterung ist ansteckend. Ich freue mich kolossal für die Jungs und Mädels, die da ihr Land repräsentieren dürfen und dies niemals vergessen werden.

Als Monaco ‘ne halbe Stund später einläuft macht es kurz ‘Snap’ bei Herrn Heinrich. Er macht Albert schnell zum König. Hmm. Nunja. Kann ja mal passieren. Folgenden Dialog möchte ich Euch aber nicht vorenthalten:

Als letztes Team kommt GB unter David Bowies “Heroes” ins Stadion. Auch hier stimmt alles. Bis auf eine entwas verknautschte Lisbeth:

Nach den eher belanglosen und sehr Bullshit-Bingo lastigen Reden kommt (m)ein einziger Kritikpunkt an der gesamten Veranstaltung. Muss man da M. Ali hinstellen? Für mich sah das nicht sonderlich nach freiem Willen aus. Selbst wenn er sich selbst dazu entschlossen hat teilzunehmen, muss ich das nicht unbedingt gutheißen. Hat mir nicht gefallen, war aber zum Glück schnell vorbei.

Die Flamme wird dann vom Nachwuchs mit sechs, sieben Flammen simultan angezündet. Ich finde die Idee äußerst charmant und das Konstrukt auch extrem clever, denn die 205 Töpfe/Länder als eine Flamme abzubilden hat mehr Symbolkraft als alles, was wir bisher bei Olympia gesehen haben. Fand ich toll!

Die Reaktionen auf die gesamte Show waren durch die Bank weg positiv. Danny Boyle hat es geschafft einer etwas piefigen Veranstaltung neues Leben einzuhauchen. Seine wichtigste Errungenschaft: Es war eine junge Eröffnungsfeier. Es war wirklich eine Feier für die “Jugend der Welt”. Keine verknöcherte Funktionärsgala und auch keine überbrodelnde Pathos-Darstellung. Es hat wirklich alles, alles, alles gespasst. Oder wie es Kai zum Abschluss seines live-bloggings ausdrückte:

Da sind wir dann gespannt 🙂

Und zum Schluß noch ein kurzer Blick rüber auf die Insel. Dort scheint man dann doch mächtig stolz zu sein:
Der Guardian macht morgen (heute) folgendermaßen auf:

Das war es! Eine großartige Veranstaltung und wirklich die tollste Eröffungsfeier, die ich je gesehen habe. Ich bin immernoch sehr, sehr begeistert! Vielen Dank an meine tolle twitter-timeline und an Kai Pahl, dass ich die Screenshots von seinem live-blogging nutzen durfte!

4 comments to London Calling

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