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Stuttgart – FC: VAR inkompatibel

1:2 verliert der 1.FC Köln in Stuttgart. Zum ersten Mal seit 125 Jahren verlässt man die Mercedes-Benz-Dingenskirchen-Arena-Stadion-Wasauchimmer punktlos. Nach acht Spielen bleibt weiterhin ein Punkt und drei kümmerliche Tore auf der Habenseite. Zu wenig um noch Hoffnung zu haben auch wenn die Saison gerade einmal zu einem knappen Viertel gespielt ist. Zu viel läuft gegen uns, zu viele Fehler wurden und werden gemacht.

Bei aller Diskussion um den Videobeweis dürfen wir eine ganz wichtige Sache nicht vergessen: Weder der Schiedsrichter, noch der Assistent, noch der VAR oder der liebe Gott sind für den kollektiven Aussetzer in der 94. Minute des Spiels verantwortlich zu machen. Der FC agiert im Tiefschlaf, Akolo setzt sich durch, hat etwas Glück beim Abschluss und zack, ist der Ball im Tor. Das hat nichts aber auch gar nichts mit Ungerechtigkeit zu tun, sondern schlicht und einfach mit Versagen. Alle Aussagen von Pech und Schiebung kannst du zur Seite wischen und nur diese eine Szene angucken. Herrgott, es ist die 94. Minute. Dann muss ich halt nen Punkt mitnehmen und weitergucken aber ich kann doch nicht so weit weg von allem sein und den Stuttgarter Spieler da tanzen lassen, wie er will. Das gibt es doch nicht. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Das Spiel war die perfekte Zusammenfassung der bisherigen Saison des effzeh. Eigentlich hast du mehr vom Spiel, es sieht ganz okay aus (bis 20 Meter vor dem Tor) aber aus dem Nichts bekommst du unfassbar dämliche Gegentore (das 1:0 mit einem idiotischen Ballverlust von Özkan und einem hinterherlaufenden Frederik Sörensen, der aussah als müsste er mit wunden Füßen einem Feuerball entkommen, während Indiana Jones vor ihm mit dem Kelch der Todeskröte zu entfliehen versucht), das 2:1 wie oben beschrieben, begünstigt durch kollektiven Sekundenschlaf der gesamten Kölner Abwehr. Dann machst du selbst die Chancen nicht rein, vergeigst beste Möglichkeiten, hast den Minderwertigkeitskomplex praktisch als Schild umhängen (SCHIESS DOCH ENDLICH MAL DRAUF, MANN!) und ja, okay, vielleicht kommt auch noch eine Prise Pech dazu aber alles in allem ist es bezeichnend für den aktuellen Zustand rund ums Geißbockheim, dass dieses Spiel dann gestern noch verloren ging.

Ich will nicht von verdient sprechen, weil der VfB eigentlich bis auf eine kleine Drangphase, mit zwei sehr guten Chancen, vor dem 1:0 und eben den beiden Toren nie wirklich gefährlich war aber was nützt es denn? Verloren ist verloren ist verloren und wir können uns für warme Worte und einen Handschlag nichts kaufen. Müssig über verdient oder unverdient zu diskutieren, die Tabelle ändert sich dadurch nicht.

Und doch möchte ich ganz kurz, weil Twitter mit 140 Zeichen da vielleicht das falsche Medium für ist, meinen Ärger über den Videobeweis ausdrücken: Der Schiedsrichter gibt in der 89. Minute Elfmeter für den 1.FC Köln. Er zögerte kaum, die Hand deutete auf den Punkt. Okay. Stürmische Proteste, das übliche, alles normal. Dann fordert der Schiedsrichter den VAR zur Unterstützung an, dieser scheint keine genaue Entscheidung treffen zu können, sondern empfiehlt dem Schiedsrichter sich die Szenen selbst noch einmal anzusehen. So stelle ich mir das jedenfalls vor, korrigiert mich bitte wenn der Ablauf falsch ist, aber wenn der VAR eine Fehlentscheidung gemeldet hätte, bestünde ja kein Grund mehr für den Schiedsrichter selbst noch einmal nachzuschauen, oder? Also gut, der Schiedsrichter läuft zum kleinen TV, guckt sich das an. Es vergehen drei Minuten (DREI MINUTEN!), bis er seine Entscheidung revidiert. Jetzt frage ich mich: Wie kann er nach so endlos langer Zeit und nach unzähligen Wiederholungen und einen Nicht-Entscheidung des VAR sicher sein, dass es sich um eine “glasklare Fehlentscheidung handelt”? In der Erklärung der DFL zum Videobeweis heißt es:

Voraussetzung für ein Eingreifen des Video-Assistenten ist jeweils, dass nach seiner Einschätzung ein offensichtlicher Fehler des Schiedsrichters auf dem Platz vorliegt. Ist eine solche, klar falsche Wahrnehmung des Schiedsrichters auf dem Platz nicht gegeben, darf der Video-Assistent nicht eingreifen.

So. Wie ist das vereinbar mit der anscheinend ziemlich tricky Situation auf dem Feld? Wie kann er nach einer solchen Dauer von einer zweifelsfrei falschen Entscheidung ausgehen? Verstehe ich nicht. In dem Zusammenhang würde mich auch interessieren, ob die VAR in der Zentrale in Köln den Kommentar des übertragenden Senders hören können / dürfen? Matthias Stach, der die…

[Exkurs: …ganz herausragende Übertragung von Eurosport begleitete (ja, okay, er informiert immer noch über abenteuerlich unwichtige Dinge) aber er analysiert das Spiel schon ganz gut, er spricht Fehler an, er bewertet Raumaufteilungen usw. Dazu noch die fantastische Vorberichterstattung mit Sammer und Henkel, die den Zuschauer wirklich auf das kommende Spiel vorbereiten, frei von Plattitüden, den Fußball einfach ernst nehmend. Das gefällt mir so unheimlich gut und ist Lichtjahre besser als das unwürdige SKY-Gehampel. Gestern hat der Player auch 1A funktioniert, es gab mal einen kleinen Ruckler kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit, der durch erneutes Starten des Streams aber aus der Welt war. Für ein funktionierendes Produkt mit einer derartigen Qualität der Übertragung gebe ich wirklich gerne Geld aus. Das ist, liebes Eurosport-Team, ganz groß. Macht richtig Spaß.]

Wo war ich?

Ach ja… Matthias Stach. Der hat sich ja recht schnell auf klare Fehlentscheidung festgelegt. In wie weit kann das eine Entscheidung beeinflussen? Ich mein, das sind auch nur Menschen, die schwimmen auch nicht gerne gegen den Strom. Aber das nur am Rande.

Und sei es wie es sei, am Ende kann man ja sogar sagen: Ja, ist vielleicht die richtige Entscheidung den Elfmeter nicht zu geben, ich fand es jetzt auch nicht zwingend aber: Er pfeift, es gibt eine Berührung ausgehend von dem Stuttgarter Abwehrspieler und die Revision kann gar nicht eindeutig gewesen sein. Wie kann da eine Aufhebung der Tatsachenentscheidung gerechtfertigt werden?

Nochmal: Das hat nichts damit zu tun, dass der effzeh das 2:1 selbst verschuldet hat und drei mal nicht damit, dass Guirassy eine Minute später frei vor dem Tor den Ausgleich vergibt. Nimmt man diese nackten Fakten, dann ist das Ergebnis wie es ist und auch die Entscheidung den Elfmeter nicht zu geben ist (wahrscheinlich) richtig. Ich kann nur den kompletten Vorgang nicht verstehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass wir eben schon zwei Mal vom VAR, bzw. vom Nicht-Einsatz des selbigen, klar benachteiligt wurden. Warum gibt es gegen Frankfurt keinen Videobeweis (insgesamt drei Mal, zwei Mal für uns, einmal gegen uns), warum in Dortmund nicht (auch wenn das die Niederlage wohl nicht abwendet) und gestern gab es ihn doch? Ist das alles Gutdünken? Würfelt das der jeweilige Schiedsrichter aus? Die Frustration über die unterschiedliche Handhabung des VAR muss doch nachvollziehbar sein? Heute las ich einem Tweet in dem sinngemäß stand: “Gerechtigkeit ist für manche wohl nur so lange gut, wie sie selbst nicht betroffen sind”. Das ist halt grandioser Schwachsinn. Ich akzeptiere doch die Entscheidung, ich kann damit leben, dass es kein Elfer war. Aber, verdammt nochmal, dann will ich es in gleicher Situation auch FÜR uns so entschieden haben. Ist das zuviel verlangt? Ist das nicht die Definition von Gerechtigkeit, dass gleiche Situationen gleich bewertet werden müssen? Und das passiert eben aktuell nicht.

Ach scheisse.

So, genug der langen Worte, der Frust sitzt schon tief, denn trotz allem Verdruss, trotz aller Entfremdung vom Fußball tut es im Moment halt immer noch weh. Um den Kommentar-Trollen zuvorzukommen noch einmal deutlich: Ich mache den Schiedsrichter und den VAR nicht für die Niederlage gestern verantwortlich, das können wir uns wie immer schön selbst in den Lebenslauf schreiben aber ich verstehe die Entscheidung weiterhin nicht. Und das macht mich rasend.

Wir brauchen jetzt 39 Punkte aus 26 Spielen = 1,5 Punkte pro Spiel = jedes zweite Spiel muss gewonnen werden.

Wird knapp.

 

 

Haut rein, schreibt mir was!