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FC – Hertha BSC: Vier Abschiede und ein Sonntagsschuss

Um 17:23 Uhr explodiert Müngersdorf. Stale Solbakken rennt wie Pablo Paolo Guerrero über den Platz, hat aber ein anderes Ziel. Nach einem Sprint über vierzig Meter haut er nicht den -ihm entgegen kommenden- Hertha-Torwart Kraft von den Beinen, sondern baut sich vor der Südkurve auf und dreht durch. Komplett. Er schreit, er ballt die Fäuste, schreit nochmal und noch jetzt (sechs Stunden später) läuft es mir eiskalt den Rücken runter, denn diese Emotionalität, diese Erleichterung, diese Achterbahnfahrt, die wir an diesem Nachmittag erleben, durchleben, erleiden durften und mussten kumuliert in diesem Moment zu einem einzigen schwerelosen Jubel. Die Leuten reißen die Fäuste in den Himmel, schreien sich die Seele aus dem Leib, die Spieler werden von Solbakken einzeln umarmt, im TV sieht man, dass sich in den Gesichtern von Sereno und Eichner nicht nur Erleichterung sondern auch ehrliche Freude und Unglaube, dass ein Stadion so am Rad drehen kann, wiederspiegeln. Der 1.FC Köln hat gerade das Duell gegen Hertha BSC mit 1:0 gewonnen. Ein Tag für Helden!

Der Wendepunkt in der Partie kommt schon in der 57. Minute. Solbakken ist gezwungen den bisher bärenstarken Martin Lanig aus der Partie zu nehmen und durch Mato Jajalo zu ersetzen. Acht Minuten später kommt der Kroate gegen Kobiashvili zu spät, trifft das Wadenbein/Sprunggelenk und sieht sofort die rote Karte. Eine Entscheidung die auf den ersten Blick zu hart aussieht aber, wenn man mal drüber nachdenkt und sich die Szene ein, zwei Mal anschaut, kann diese Karte durchaus gegeben werden. Völlig dummes und unnötiges Foul zwanzig Meter vor dem gegenerischen Tor. Ja, er will an den Ball, kommt aber eindeutig zu spät. Es ist nicht immer zwangsläufig rot, eine gelbe Karte hätte es vielleicht auch getan aber wir sollten dem Schiedsrichter keinen Vorwurf für diese Karte machen.

Damit ist der Trainer gezwungen umzustellen. Für den glück- und zielwasserlosen Nova kommt McKenna ins Spiel. Der effzeh zieht sich in die eigene Endzone zurück, verteidigt mit elf zehn Mann bis dreißig Meter vor dem eigenen Tor. Das Mittelfeld wird komplett aufgegeben, die Außen gehen ein Stück weit mehr nach Innen, das Stören der Berliner Mannschaft beginnt erst kurz vor dem Paß in die Spitze.

In der 75. Minute foult Kobiashvili (zu diesem Zeitpunkt Public Enemy #1 in Müngersdorf) an der rechten Außenbahn, das Stadion flippt aus, Winkmann zeigt Gelb. Im Nachgang kommt es zum Gerangel und am Ende bekommt der Amok-laufende Berliner eine geld-rote Karte und Podolski kassiert seine erste glatt rote Karte für…nichts. Gar nichts. Er wird von Kobiashvili in den Schwitzkasten genommen, taucht mit dem Kopf unter dessen Armen raus, macht keinerlei Bewegung zum Gegner und auch in der nächsten Szene ist keine Bewegung zu sehen, die zu einer roten Karte berechtigt. Es ist ganz einfach lächerlich. Der Schiedsrichter nimmt hier so massiv Einfluß auf den Verlauf des Spiels, ja sogar auf die Saison des 1.FC Köln, dass man sich das nicht mehr gefallen lassen kann. Zur Erinnerung: Winkmann hat uns schon gegen Schalke verpfiffen. Am krassesten finde ich die gelb-rote Karte im Vergleich zur glatt roten Karte. Kobiashvili greift jeden Kölner Spieler tätlich an, kassiert aber höchstens ein Spiel Sperre, Podolski wird für eine Halluzination des Spielleiters bestraft und kann zwei oder sogar drei Spiele Sperre kassieren. Die DFL wird ja den Teufel tun und ihrem Schiedsrichter nicht den Rücken stärken.

Der Schiedsrichter hat an diesem Tag deutlich mit zweierlei Maß gemessen. Lell und auch Hubnik haben in der ersten Halbzeit mehr Foul gespielt als der gesamte 1.FC Köln zusammen und sahen erst in der Schlußphase eine gelbe Karte. Gerade Lell hätte schon in der 60. Minute vom Platz fliegen müssen aber es passierte nichts. Was der Mann da heute zusammengepfiffen hat grenzt an Betrug. Vielleicht sollte sich betradar mal einschalten. Unnötig zu sagen dass Winkmann Polizist ist, oder? Bestimmt ein guter Freund von Weiners Michael.

Achja: Unser Tor war übrigens Abseits. Man macht das ja eigentlich nicht und es kommt auch so furchtbar unsouverän rüber aber heute will ich mal ‘ne Ausnahme machen: BRUAHA! BRUAHAHA! Das riecht nach Ärger für Guido, denn im Café King werden bestimmt schon die Messer geschliffen.

Zurück auf’s Feld: Das Spiel wird zu einer Schlacht. In den letzten Minuten bekommt die Hertha noch drei Chancen, die aber entweder durch den überragenden Rensing, den Pfosten oder das Berliner Unvermögen nicht zum Ausgleich führen. Dann war das Spiel aus und der Wahnsinn begann.

Jetzt nochmal zurück zum Anfang zu kommen ist mir zu aufwändig. Der FC hat das Spiel verdient gewonnen, hatte in der ersten Halbzeit genug Chancen um den Sack früh zu zu machen, kombinierte mutig und flüßig, angeführt von einem wieder einmal überrageden Podolski, einem Sascha Riether, der zur Kampfsau mutierte und -in seinem besten Spiel im FC-Trikot- Martin Lanig, der klug und clever die Bälle im Zentrum verteilte, immer wieder Lücken riß und mich wirklich überzeugt hat. Warum nicht immer so?

Am Ende sind die drei Punkte natürlich unfassbar wichtig. Pures Gold im Abstiegskampf. Hier wäre dann eigentlich die Geschichte zu Ende aber der FC wäre ja nicht der “Effzeh”, wenn mal was komplett glatt läuft. Um kurz vor 21 Uhr kommt die Nachricht über den Ticker dass sich der Club mit sofortiger Wirkung von Volker Finke getrennt hat. Einvernehmlich natürlich. Die Meldung des Vereins findet Ihr hier. Da muss ich erstmal eine Nacht drüber schlafen. Morgen mehr…

5 comments to FC – Hertha BSC: Vier Abschiede und ein Sonntagsschuss

  • Max

    Ich war gestern das erste mal seit langem wieder im Stadion. Ein Erlebnis. Auch wenn ich Adrenalin für ein Jahrzehnt verbraucht habe, meine Pumpe in den 15 Minuten vor dem Abpfiff um wahrscheinlich 15 Jahre gealtert ist und meine Stimme sich nach 50 Jahren filterlosen Zigaretten anhört.
    Es hat gestern (fast) alles gestimmt im Team. Clemens zu Beginn oft zu überhastet aber mit Traumtor, Lanig bärenstark, wenn auch manchmal etwas ungenau im Pass, Nova immer zur Stelle, jedoch glücklos, Podolski hervorragend, in der zweiten Halbzeit aber mit ungewohnten Aussetzern, Geromel endlich mit dem Willen und dem Auftreten seine Viererreihe zu sortieren, wenn es auch wieder fast ein Kopfball-Gegentor gegeben hätte.
    Irgendwie eben mit den Einschränkungen, die aus einem eigentlich guten Team eine Truppe machen, die sich im Abstiegskampf wieder findet. Aber auch eine Truppe, die das Herz und den Willen hatte, dieses Ding zu gewinnen.
    Nach der roten Karte gegen Jajalo stellt Solbakken um, das ist verständlich, schließlich führt der Effzeh 1-0. Die rote Karte gegen Poldi ist ein Witz (wobei das im Stadion nur schwer zu beurteilen ist) und führt dazu, dass Köln nur noch die 2 Viererketten auf dem Platz hat. Dadurch offensiv fast keine Entlastung mehr, aber die Defensive steht. Jetzt zeigte sich auch, dass das System von Solbakken funktionieren kann. Ich hatte die beiden Viererketten aus dem O13er Block genau im Blickfeld. Astreines verschieben, die Räume waren zu, Geromel oder Sereno bekamen fast immer einen Fuß dazwischen, die Mittelfeldreihe half auf den Außen aus und wenn das alles nichts nutzte, halfen Glück und Rensing.
    Genau so weiter, dann wird alles gut.

  • hilm

    meine idee war eher, dass ganz cafe king auf ne rote gegen podolski gewettet hat und die flitzpiepe hat geliefert…

  • Ben

    Da muss ich mal in die Suppe spucken.
    Jajalo – rot: is so. Der Stollen hat auf der Wade nix zu suchen.
    Kobiashvili – gelb und gelb-rot: passt eigentlich auch.
    Poldi – rot: gelb hätte gereicht, aber zu behaupten, er hätte sich nur weggeduckt, stimmt einfach nicht! Was soll seine Hand an der Brust (nicht am Hals) vom Gegner. Poldi ist erfahren genug, um zu wissen, dass man einfach die Finger vom Gegner lassen sollte.

  • Sehe ich überhaupt nicht so. Kobiashvili nimmt Podolski in den Schwitzkasten. Was soll er machen? Er stößt sich weg und geht danach jeder weiteren Konfrontation aus dem Weg. Wo ich zustimme ist, dass Podolski gar nicht da sein muß, sondern erfahren genug sein müsste um von der ganzen Situation wegzubleiben. Aber, so ist er nunmal und so möchten wir ihn ja auch sehen. Hochemotional und immer seinen Verein und seine Mitspieler verteidigend. Ich halte die Karte für einen Witz.
    Zur gelb-roten Karte sage ich ja auch nichts gegenteiliges, sondern stelle und den Vergleich zur glatt roten an und denke, dass dann mit zweierlei Maß gemessen wurde.
    Jajalo-rot ist okay, wenn auch hart, weil er noch versucht zurück zu ziehen. Aber alleine für die Dummheit kann man rot geben.
    Thomas Helmer hat gestern im Doppelpass ein wahres Wort gesprochen. “Wenn ich es nicht genau gesehen habe, dann geb ich einfach gar nichts, lass die Situation sich beruhigen und gut ist”. Das funktioniert nur leider in Deutschland nicht, weil unsere Schiedsrichter in erster Linie Selbstdarsteller sind, die vom DFB/ von der DFL die Absolution zur Unfehlbarkeit bekommen haben.

  • […] und Tadel für Wulff zum Abschied Emotionen: 21* | 1* In Blogs gefunden: FC Hertha BSC: Vier Abschiede und ein Sonntagsschuss « Der Kobiashvili greift jeden Kölner Spieler tätlich an kassiert aber höchstens ein Spiel […]

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