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FC – HSV: Kölner Irrlichter

Nach zehn Spielminuten kam die erste SMS von einem Freund: “Ich hab jetzt schon keinen Bock mehr” stand drin. Ich konnte und wollte den effzeh zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgeben auch wenn schon da eigentlich recht klar war, wo die Reise hingehen wird an diesem Sonntag: Gucken, dass die Abwehr sicher steht und Vorne hilft der liebe Gott (in Vertretung für L. Podolski). Dass das am Ende in die Hose geht war zwar nicht unvermeidlich aber passt wunderschön ins Bild, dass die Innenverteidigung in diesem Jahr abgibt. Geromel hätte zum Abwehrversuch eigentlich im Clownauto anreisen müssen, denn der ganze Laufweg sah schon sehr nach Prunksitzungs-After-Hour aus. Alaaf!

Das Spiel selbst ist ja schnell erklärt. Ballgewinn, zurück zu Rensing, langer Ball, Ballverlust, Ballgewinn, zurück zu Rensing…mehr war da nicht, deshalb will ich Heute mal entgegen der Solbakkschen Trainingslehre in die Manndeckung gehen und eine Einzelkritik versuchen, denn taktisch wärs ein kurzer Abend mit uns.

Fangen wir auf der Bank an. Trainer Solbakken stellt nur einmal um, bringt mit Jemal den Rückkehrer vom Afrika-Cup für McKenna in die Innenverteidigung, der Rest des Elferrats bleibt gleich. Jetzt kann man darüber diskutieren ob die extrem passive Spielanlage so verordnet war oder ob schlicht das Personal nicht mehr hergibt, ein Spiel mit dem Ziel den Ball ins Tor zu tragen, war es auf jeden Fall nicht, was der Coach im Sinn hatte. In der Halbzeit korrigiert Solbakken in der Abwehr, zieht Jemal nach links und stellt McKenna wieder in die Innenverteidigung nur um ein paar Minuten später Jemal vom Platz nehmen zu müssen (Verdacht auf Muskelfaserriss) und mit Roshi wenigstens ein bißchen Tempo auf den Rasen zu bringen. Das kann ich bis hierhin nachvollziehen. Sein letzter Wechsel ist dann ein klares Statement wie er die Leistungsstärke seiner Mannschaft einschätzt. Für Lanig bringt er Pezzoni, statt mit Ishak oder Tese der Mannschaft einen Impuls zum Sieg zu geben. So muss sich der Trainer auch einen Strich ins Büchlein machen, aber die Panikwelle, die nun über twitter und Facebook reinbricht, die möchte ich nicht mitgehen. Man muß nicht sklavisch an eine Heilsbringerschaft Solbakkens glauben aber man sollte sich genau überlegen ob der effzeh neben den sportlichen Limitationen -die ohne Zweifel da sind- eine weitere Diskusssion um “das System” überhaupt verkraften kann.

Die zweite nicht-spielende Personalie, die für Schlagzeilen sorgte, war Lukas Podolski, dessen BamS-Interview für große Irritationen innerhalb der Vereinsführung sorgte. Dazu verweise ich auf die nächsten Tage, denn ich will die Strafe des effzeh abwarten, bevor ich dazu meinen Senf abgebe. Nun aber zu den Spieler, die am Sonntag auf dem Platz waren.

Torwart Michael Rensing ist kein brillianter Fußballer aber dafür wird er schließlich auch nicht bezahlt. Sein Kerngeschäft beherrscht er ausgesprochen gut. Das war heute nicht anders. Er ist sicher auf der Linie, fängt jeder Flanke, die ein bißchen zu nah ans Tor kommt ab, faustet Ecken raus und hält einfach das, was zu halten ist. Beim Gegentor geht er eine Millisekunde zu früh runter aber so ein Tor ist nie ein Torwartfehler. Was mich an Rensing enorm nervt, sind seine Abschläge. Nicht ein Ball, der Richtung gegnerisches Tor geschlagen wird, kann von der eigenen Mannschaft anständig verwertet werden, jeder, wirklich jeder Ball geht verloren. Muß das sein? Ich meine, ich verstehe den Mann, dass er wenig Vertrauen in das Aufbauspiel seiner Kollegen hat aber vielleicht wird trotzdem daran mal gearbeitet. Dennoch: An Rensing liegt es natürlich nicht, dass wir wieder mal verloren haben.

Auf der rechten Abwehrseite stand Sereno. Er machte ein “normales” Spiel, sag ich mal. Er kämpft vorbildlich, hat ein gutes Stellungsspiel und drängt sowohl Jansen als auch Aogo oft nach Außen, wo ihre Flanken an Gefahr verlieren. Sein Zug nach Vorne ist zwar vorhanden aber ein qualitativer Unterschied zur Brecko-Gefahr für’s gegnerische Tor sehe ich nicht. Zu oft sind die Abspiele fahrig und ungenau, Inspiration sieht auch hier anderes aus.

In der Innenverteidigung wirbelte Geromel 88 Minuten recht professionell durch den Raum, macht aber wieder einen Fehler (oder vielmehr eine unglückliche Figur), die das Spiel entscheidet. Ich habe keine Ahnung, was ich nach dieser Saison von Geromel halten soll, denn er führt die Mannschaft nicht, hat keine, wirkliche keine Spielintelligenz außer der reinen Torverhinderung und macht auch technisch einen immer schlechteren Eindruck. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Entweder er kommt mit dem Kapitänsamt nicht zurecht oder er hat ein Problem mit der Systemumsetzung. Von einem Spieler seiner Qualität (die er ja in den vergangenen Jahren zweifellos unter Beweis gestellt hat), kann ich erwarten, dass er so anpaßungsfähig ist, sich an ein Spielsystem zu gewöhnen, es muss also irgendwas im Kopf sein, was nicht stimmt.

Neben dem kleinen Portugiesen stand Jemal 52 Minuten sicher. Er machte die Räume so eng, wie es sein mußte, übernahm mehr als einmal die Rolle des Dirigenten, wenn die Mannschaft in der ersten Halbzeit rausrückte geschah das immer durch Jemal, hat das unbestreitbar bessere Füßchen als Geromel und macht mir einen deutlich besseren Eindruck. Seine Verletzung kam natürlich wieder zur Unzeit, ich hoffe er ist schnell wieder fit.

Auf links kam wieder Christian Eichner zum Einsatz und knüpfte nahtlos an seine Nicht-Leistungen aus der Vorrunde an. Es ist katastrophal zu sehen, wie wenig er auf die Reihe kriegt. Kaum ein Ball, der länger als fünf Meter unterwegs ist, findet seinen Abnehmer, er macht dreißig “Stockfehler” pro Spiel und strahlt keinerlei Sicherheit aus. Über seine Seite ist jeder Angriff gefährlich, weil er falsch steht und einen dementsprechend längeren Weg zum Gegener hat und (meistens) die Rechtsaußen nicht an die Linie treiben kann, sondern sie recht ungehindert aus dem Halbfeld flanken läßt. Ganz, ganz schlimme Leistung. Seine Auswechslung war nötig und unvermeidlich.

Auf der “Sechs” wieder Sascha Riether, der wenigstens versuchte das Spiel anzutreiben aber völlig ohne Unterstützung alleine auf weiter Flur stand. Er eroberte Bälle, versuchte diese zu verteilen, ging sogar zwei, drei Mal mit nach Vorne, weil er sah, dass keine Bewegung in der Offensive stattfand. Bester Kölner Spieler auf dem Platz.

Martin Laning stand auf seiner gewohnten Position im Niemandsland. Hier erübrigt sich eigentlich jede Analyse, denn ich schreibe seit Jahren immer wieder das Gleiche: Zu langsam im Kopf, zu langsam auf dem Platz, völlig bundesliga-untauglich. Er kommt mal an den Ball, versucht dann nach Vorne zu gehen, legt sich den Ball zu weit vor. Er hat den Ball im Mittelfeld, versucht seinen Körper zwischen den Ball und den Gegner zu bringen, scheitert grandios und fällt auf’s Maul. Er steht zehn Sekunden in der Gegend rum und wundert sich dann, dass ein Gegenspieler ankommt und er wieder den Ball verliert. Sag mir jetzt bloß keiner, dass man da auch mal “Leo” rufen muß, denn wenn das so ist, dann müßte man bei Lanig “Leo in zwanzig Metern” rufen. Geht der mir auf den Keks, der Mann.

Ebenfalls mit einer Grottenleistung war Christian Clemens unterwegs. Er hatte keinerlei Einfluß auf das Spiel, unternahm noch nicht mal den Versuch mit Novakovic oder später Roshi zu kreuzen, spielte keine Diagonalpäße und hatte auch mit dem Ball am Fuß keinen Zug zum Tor, sondern wartete stets auf Jajalo oder Peszko, damit die auf Außen weiterlaufen. Schrecklich unambitioniert.

Die beiden osteuropäischen Kreativikonen Jajalo und Peszko möchte ich zusammenfassen, denn sie kamen dem, was man von einem Fußballspieler am unteren Rand noch erwarten kann, am nächsten. Jajalo schlug wenigstens zwei gefährliche Freistöße (zwei mehr als in den letzten zehn Spielen zusammen) und Peszko versuchte immerhin einen Elfmeter rauszuholen, bewegte sich anständig, ist aber derart grotesk ungefährlich, dass die Abwehrspieler ihm wohl mit purer Kalkulation ein paar mehr Freiräume ließen. Ansonsten würde ich mir wünschen, dass er mal die richtigen Stollen in die Schuhe schrauben läßt, denn er fällt alle zehn Meter hin als würde er über spiegelglattes Geläuf traben. Kann man auch dran arbeiten.

Vorne war Milivoje Novakovic vorgesehen, der Slowene verpaßte aber am Neumarkt die KVB und wurde durch einen zufällig anwesenden Galeristen für mundgemalte Bilder aus Ehrenfeld ersetzt, weil der Spielberichtsbogen schon unterschrieben war. Damit entging der FC einer Strafe durch die DFL. Der 42jährige machte seine Sache ordentlich, konnte aber erwartungsgemäß das Tempo der Profis nicht mitgehen.

So, effzeh, biste zufrieden? Ich nicht, wie ihr vielleicht zwischen den Zeilen lesen könnt. Karnevalssamstag geht es zum Glubb, der ja bekanntlich ein Depp ist. Ob das Spiel stattfindet, wird die DFL nach Evaluation durch Amnesty International am Mittwoch bekanntgeben.

8 comments to FC – HSV: Kölner Irrlichter

  • kingsunnyade

    Lanig war heute der beste Mann vom effzeh! relativ viele Ballgewinne und einig kluge Pässe! Wenn ich den Eichner noch einmal in der Startelf sehe bricht für mich die Welt zusammen 🙁

  • Okay. Das sehe ich komplett anderes. Lanig hat keinerlei Kontrolle über den Ball, wenn er ihn denn mal hat und kann nichts aber auch gar nichts für das Spiel des effzeh machen. Seine “Balleroberungen” resultieren entweder aus Fouls oder aus einem Fehler des Gegeners. Dass er davon mehr macht, als Jajalo ist der Position geschuldet. Mehr ist das nicht. Aber, hey, soll jeder seine Meinung haben 🙂

  • kingsunnyade

    Ich stehe dem Lanig normalerweise auch nicht positiv gegenüber, aber heute kann man dem echt nichts ankreiden! Hat den Ball zwar wie zumeist einmal vertendelt, sich aber mehrfach positiv ins Spiel eingebracht. War heute wirklich positiv vom Lanig überrascht und kann die Kritik nicht nachvollziehen!Lanig ist wenigstens einer der den Mund aufmacht und sich nicht hinter anderen versteckt. Zudem ist das Tor auch erst nach seiner Auswechslung gefallen.

  • Haarspalta

    Ich habe Lanig heute auch als einen der stärkeren Kölner erlebt. Ja, er hat sich auch verhaspelt, den Ball zu weit vorgelegt usw. aber er hatte auch durchaus gelungene Aktionen und das ist mehr, als man von den meisten anderen sagen kann. Dafür fand ich Riether heute überhaupt nicht gut… So können die Wahrnehmungen auseinander gehen… Eichner war allerdings tatsächlich nicht zu ertragen. Laut Exzess bat er selbst in der Pause um seine Auswechselung mit der Begründung, sein Körper sei tot!? Wenn das stimmen sollte, darf man sich wohl mittelfristig Sorgen machen.
    Der anwesende Ehrenfelder Galerist hatte Novakovic übrigens einiges an Spielintelligenz voraus und stand deutlich seltener im Abseits als Nova normalerweise. Aber Spaß beiseite, wenn Novakovic keine Bälle bekommt, geht das Spiel komplett an ihm vorbei. Das war schon immer so und wird sich nicht mehr ändern. Insofern würde ich sagen, er hat ganz “normal” gespielt.

  • Max

    Ich hege einen furchtbaren Verdacht.
    Solbakken ist durch die Aktionen von Finke, Express und weiteren Querelen angezählt und kommt mit einigen Profis im Kader nicht allzu gut zurecht, die sein System nicht gut finden und es nicht verstehen wollen und jetzt die Chance sehen, den Trainer für ihren Unmut verantwortlich zu machen. Ich nenne hier vor allem 2 Namen: Geromel und Eichner. Die beiden stehen dermaßen neben sich, dass es nicht mit rechten Dingen zugehen kann.
    Andere Spieler wachsen dank Solbakken über sich hinaus, Podolski spielt seit Solbakken die beste BuLi-Saison seiner Karriere…
    Ich hoffe nur, dass jetzt nicht wieder nach einem Systemwechsel/Trainerwechsel geschrieen wird, denn solch blinder Aktionismus hat den Effzeh zu dem gemacht was er heute ist: eine Lachnummer. Ich wiederhole mich: Gottseidank sind dieses Jahr andere abstiegsreifer als wir (Lautern, Freiburg, Augsburg, auch die Hertha).
    Zum Thema Lanig: Lanig ist technisch zu schwach und gedanklich zu langsam für einen guten Spielaufbau. Aber er ist bemüht, das bekommen andere Herren in der Startelf nicht hin.
    Und die Verletzung von Jemal kam wieder zur Unzeit. Der hat ein Talent für Verletzungen mit extra-schlechtem Timing (herrje, wer erinnert sich noch an Bremen?). Ich war so froh, als Eichner runter ging und dafür McKenna kam. McKenna ist auch so ein Fall, der unter Solbakken richtig aufgeblüht ist.
    Es ist also nicht alles schlecht. Solbakken braucht einfach noch ein bißchen mehr Zeit. Hoffentlich sind alle Beteiligten bereit sie ihm zu geben. (Ich bin Berfusoptimist, muss man ja als FC-Fan sein.)

  • Stewan

    Schaut man sich die letzten Spiele an, hat der Äffzeh in dieser Liga, mit den taktischen Vorgaben des Trainers (die Einwechslung Pezzonis, bei einem Heimspiel gegen sicherlich nicht überragende Hamburger hat bei mir das Fass zum Übelaufen gebracht), nichts mehr verloren.
    Auch Herr Solbakken, bei dem ich bis jetzt noch immer versucht habe das Positive zu sehen, muss bemerkt haben, dass, als die Kölner mitte der ersten Hälfte kurzfristig früher angegriffen und Pressing gespielt haben, der HSV ins schwimmen geriet und durchaus anfällig war. Der Mannschaft aber mit Pezzonis Einwechslung ein so gewichtiges Signal zum ausschließlichen Verteidigen zu geben, entspricht nicht meiner Vorstellung von Fußball.
    Mit dieser sogenannten “Taktik” hat der FC gegen Bayern und Schalke richtig auf die Fresse bekommen, in Wolfsburg und gegen den HSV zu Recht verloren und in Lautern nur deshalb gewonnen, weil das eine noch schlechtere Mannschaft war und wir das gefühlt erste Spiel ohne individuellen, spielentscheidenden Fehler gemacht haben.
    Aber bitte: Unterhalten wir uns lieber darüber ob Lanig die Note 5,5 oder 6 verdient hat….
    Einen Spieler, der “Dank Solbakken” über sich hinauswächst, kann ich nicht erkennen. Clemens, Jajalo, Eichner, Geromel, Peszko und Nova spielen seit einer gefühlten Ewigkeit unter aller Kanone und Spieler wie Uth, Tese, Jemal oder Sereno habe ich entweder noch nie, oder noch nie unter einem anderen Trainer als Solbakken gesehen.
    Ich wünsche unserem Trainer, dass er die Kurve kriegt und endlich mal aus den Spielern das Optimum herausholt, aber Taktisch hole ich mir lieber offensiv und ansehnlich vier Niederlagen in fünf Spielen ab, als mich so lächerlich zu machen.
    Amen

  • […] vierte Offizielle mit einer weit härteren Analyse des Spiels: HIER ! Mensch, da bin ich ja ein richtig lieber Kerl!) Teilen: « Geburtstags-News: Lieber […]

  • Max

    Ach so: die Mannschaft spielt immer dann halbwegs annehmbar, wenn sie so richtig unter Druck ist. Wenn sie hingegen die Chance hat sich mal nach oben zu orientieren, dann wird großspurig abgekackt.
    Daher sehe ich in Nürnberg einen Sieg. Dort zu verlieren würde ein Abrutschen in den übelsten Abstiegskampf bedeuten, ergo reißen sich alle den Arsch auf.
    Achso, Stewan, was Du angesprochen hast: “als die Kölner mitte der ersten Hälfte kurzfristig früher angegriffen und Pressing gespielt haben” Genau das ist das situative Pressing, das Solbakken bislang leider vergeblich versucht den Jungs beizubringen. Ich bin mir nicht sicher ob hier nur der Lehrer die Schuld trägt, oder auch verschiedene Spieler…
    Aber wenn es funktioniert ist es extrem effektiv und macht Lust auf mehr.

Haut rein, schreibt mir was!