Social Media:

FC – SC Freiburg: Doppelpacken

Es gibt so Tage, da klappen Dinge, die eigentlich unmöglich erscheinen. Als Martin Lanig in der 87. Minute per Beinschuss ein letztes Mal nach Vorne durchläuft, dabei gleich drei Freiburger alt aussehen ließ und die letzte Chance des Spiels einleitet, wäre ich aber doch fast vom Glauben abgefallen. Zum Glück musste Miso Brecko noch seine neue Clownnase anprobieren und hatte daher nicht die Zeit das 5:0 für den effzeh zu erzielen. Ein Glück. Mein Weltbild wäre in arge Nöte gekommen, denn ein Tor von Brecko nach überragender Vorarbeit von Lanig – in der Bundesliga – passt da (noch) nicht rein. So blieb dem verzückten Publikum nichts weiter übrig als den Sieg gegen, vor allem in der zweiten Halbzeit, schwache Freiburger mit einem schön idiotischen Schmähgesang Richtung Gelsenkirchen zu feiern. O tempora o mores.

Vor dem Spiel hagelte es in den “sozialen Netzwerken” starke Kritik an Solbakkens Festhalten an Christian Clemens. Nicht wenige wollten Roshi auf der rechten Seite sehen. So völlig aus der Luft gegriffen schien das nicht zu sein, denn die letzten Spiele von Clemens waren nicht prickelnd, keine Frage. Im Stuttgart-Spiel gab es mal eine Einblendung bei SKY, dass über Rechts ganze 13% der Kölner Angriffe liefen. Das wird so ziemlich genau einer gewesen sein. Doch, der Trainer behielt die Nerven, ließ Clemens weiter in der Startformation und wurde belohnt. Hat er also wieder alles richtig gemacht.

Von Beginn an war die Mannschaft um Wiedergutmachung für das Gladbach-Debakel bemüht, man konnte sehen, dass der Wille zum Sieg vorhanden war. Es lag eine gewisse Grundagressivität in der Luft, die fast schon in der zweiten Minute zur Führung geführt hätte, wenn das Tor nur zehn Zentimeter höher wär. Ich hatte auf jeden Fall von Beginn an ein recht gutes Gefühl (wenn man mal die Magenverstimmung, der letzten Nacht geschuldet, außen vor läßt) und war mir eines Sieges recht sicher.

Die Grundausrichtung der Kölner war nicht überraschend, es wurde 4-4-1-1 verteidigt und 4-2-3-1 wenn man Clemens und Peszko von der zweiten Kette lösen möchte, gestürmt. Freiburg stand tief, trotz 4-1-4-1. Putsilla und Flum wagten ein paar Mal den Schritt nach Vorne um unsere erste Kette in Verlegenheit zu bringen aber Geromel und Jamal hatte beide keine Mühe die Spieler des SC ein ums andere Mal ins Leere laufen zu lassen. Von Cisse war -bis auf einen Kopfball in der 45. Minute- nichts zu sehen. Zwar spielte der FC nicht ausschließlich vollen Angriffsfußball aber die Kontrolle über das Spielgeschehen war eigentlich immer vorhanden.

Nach dem schönen 1:0 durch Clemens ist der FC bis zur 30., 35. Minute deutlich Herr im Haus, einzig die Chancen werden nicht genutzt. Die letzte Viertelstunde der ersten Halbzeit ist dann ein kleines Alarmsignal, denn der SC rückt zehn, zwanzig Meter nach Vorne und der FC läßt die Breisgauer gewähren. Das war unnötig und fahrlässig, denn man hatte alle Trümpfe in der Hand. In dieser Phase kommt es auch zu einigen ziemlich schlampigen Abspielen im Mittelfeld. Zum Glück spielten die Freiburger deart unispiriert in Richtung Rensing, dass die “Null” eigentlich nie in Gefahr geriet.

Pünktlich zur zweiten Halbzeit kann der FC dann aber wieder den Schalter umlegen, geht früh in die Bälle, erobert im Mittelfeld praktisch jeden freien Ball. Martin Lanig mit starker körperlicher Präsenz und dem Zug nach Vorne, Peszko auf links mit viel Freiheiten, die er gut nutzt um Podolski ins Spiel zu bringen. Clemens auf rechts sein Spiegelblid. Das 2:0 war (wieder mal) überragend, denn diesen Schuß aus vollem Lauf haben in der Bundesliga vielleicht drei Spieler drauf. Probierts mal aus. Klappt nicht. Versprochen.

Das 3:0 ist natürlich ein Freak-Tor, ich kann mich nicht an eine direkt verwandelte Ecke erinnern (Lars Ricken, maybe?) erstrecht nicht von einem Kölner Spieler. Spätestens mit diesem Tor ist dann auch die Stimmung bei Twitter und Facebook gekippt und Clemens stand völlig zu Recht in der Startelf. Klar.

Dass die Freiburger uns auch noch das 4:0 schenken ist gut für das Torverhältnis, gut für Podolski, dessen Marktwert mittlerweile stündlich von der NASA neu berechnet wird und natürlich auch gut für die Seele, denn ein klares 4:0 gegen einen Abstiegskandidaten zeigt der Mannschaft und auch den Fans, dass dieses Jahr nicht unbedingt zu einer Zitterpartie werden muss.

Jetzt geht es am Dienstag im Nachholspiel gegen Mainz. Sollte hier nochmal dreifach gepunktet werden, stehen wir mit 23 Punkten auf Platz 7. Das heißt natürlich genau gar nichts (s. Frankfurt) aber es ist der Schritt ins Mittelfeld, den dem FC kaum jemand zugetraut hatte. Es wäre mehr als eine Momentaufnahme. Aber: Das Spiel muss natürlich erst gespielt und gewonnen werden auch wenn wir jetzt schon anständig dastehen.

Ein Wort noch zu der ganzen Causa Podolski und Schalke. Leute, Leute. Nimmt das jemand ernst? Falls Podolski den Verein wechselt, wird Schalke nicht der Club sein, der sich an seinen Diensten erfreuen kann. Was denkt sich der Fleischfabrikant? Dass Podolski drauf brennt mit Stevens einen Trainer mit frühmittelalterlichen Visionen zu bekommen? Dass er mit Schalke mehr bieten kann als der Rest von Europa? Nein, ich sehe in Deutschland keinen Wechsel. Für mich wäre der logische Schritt nach England zu gehen auch wenn Arsenal nicht meine erste Wahl wäre. Aber, ganz ehrlich: Was kann er dort werden? Klar, er kann die Champions League gewinnen, klar, er kann ein vielfaches verdienen und klar, er kann sich mit den besten Spielern der Welt messen. Die Frage ist: Will er das? Ich bin mir da nicht so sicher. Wenn ja, muss man das akzeptieren und ihn ohne Gram gehen lassen. Wenn er sich jedoch zum FC bekennt muss man mit ihm arbeiten, muss man ihm weitere Spieler an die Hand geben. Der erste Schritt wird jetzt im Winter gemacht werden müssen. Zur Zeit bin ich latent optimistisch, dass er bei uns bleibt. Sicher ist das natürlich nicht aber ganz sicher bin ich, dass Schalke nicht den Zuschlag bekommen wird.

8 comments to FC – SC Freiburg: Doppelpacken

  • JuergenL

    Ich sehe schon einen gewaltigen Unterschied zu Frankfurt, seid Wochen sind Teile der Aufstellung eher Notbehelfe. Ich glaube wir sind uns einig das nichts über eine eingespielte Truppe geht, davon kann beim effzeh, besonders in der Verteidigung keine Rede sein.
    Mit Novakovic und Chihi fehlen starke Offensivkräfte die den Trainer zwingen seinen besten Spieler auf einer Position spielen zu lassen die er eigentlich nicht mag.
    Von daher sollten wir über unsere bisherige Hinrunde mehr als zufrieden sein, es hätte viel viel schlimmer kommen können, trotz ein paar echt gruseliger Auftritte. Das wird…

  • Ich wollte den FC auch nicht wirklich mit der Eintracht aus dem letzten Jahr vergleichen, sondern nur dem Klischee des Kölners widersprechen, der bereits jetzt an die Finanzierung der ChampionsLeague-Vorrunde denkt.
    Natürlich ist die Hinrude -besonders für Solbakken- als voller Erfolg zu verbuchen. Neben Chihi (nunja) und Nova (deutlich mehr) sind auch das Fehlen von Petit, die immer wieder neu aufgestellte Abwehr durch Verletzungen und Karten und die fehlenden Alternativen im Sturm lauter Kriterien, die es der Mannschaft und dem Trainer nicht einfacher gemacht haben. Ich bin bis jetzt hochzufrieden mit der Saison auch wenn immer wieder Ausrutscher nach Unten dabei waren und wohl auch noch kommen werden.
    Aber, wie vorher gesagt: Es muss diese Saison nichts herauskommen, es muss der Grundstein gelegt werden um nächstes und übernächstes Jahr einen weiteren Schritt zu tun und da ist der FC in meinen Augen auf einem sehr guten Weg.

  • Sorry für’s Schlaumeiern, aber 13% müssen 2 von 15 sein. Wäre es nur ein Angriff gewesen, dann einer von sieben, das macht aber 14%. 😉

  • Torsten

    Direkte Ecke verwandelt: Am ehesten kommt vermutlich Adil Chihi’s Ecke zum 4:3 gegen Jena anno dunnemals dran. Die war quasi auch direkt, nur noch von Jenenser Keeper noch reingeboxt. Das war das Spiel, das der FC in Folge eines typischen Mondragon-Alarms nach 1:3 noch gedreht hat. Hach.

  • You`re sitting in my spot 🙂

  • Max

    Ja, es war sehr schön. Ich hoffe fast, der FC wird am Dienstag gegen Mainz verlieren, denn ansonsten befürchte ich, wird in Köln nächste Woche wirklich die Champions League Saison 2012/13 geplant. Es wäre aber schön, wenn alle mal auf’m Teppich bleiben und mal gewürdigt würde, dass Stale Solbakken und Volker Finke bislang hervorragende Arbeit machen. Und nach Jahren der Feuerwehrerei eine taktische Linie zu erkennen ist. Und das mit dem Spielermaterial und dem Verletzungspech.

  • Jan

    Es gab mal eine direkt verwandelte Ecke von Littbarski.
    Wenn ich das im Internet richtig gefunden habe am 24. September 1983 gegen MGL.

    Ich kann mich allerdings selber nur daran erinnern, das ich als Kind spätestens danach Fan von Litti war. Das Spiel selber ist mir entfallen. So gesehen steigt Clemens jetzt in meiner internen Rangliste der coolen Spieler weit nach oben 😉

  • JuergenL

    Mit Chihi fehlt eine offensive Alternative. Wegen Peszko und Podolski geht sehr viel über links, die rechte Seite wird oft vernachlässigt. Das merkt der Clemens desöfteren, zumal er durch seine Schnelligkeit in das zur Zeit gespielte System passt wie die Faust auf’s Auge. Aber durch die sehr gute Hinrunde von Podolski konnten wir die Probleme in der Offensive kompensieren.

    Wenn wir es jetzt noch hinbekommen die Defensive zu stärken, bin ich recht optimistisch für die Rückrunde d.h. das wir uns immer dort aufhalten wo wir zur Zeit stehen und mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Problematisch ist die linke Abwehrpositon, Sereno passte einfach nicht dahin. Ich hoffe das der Eichner seine Form wiederfindet, rechts macht der Bresko einen guten Job.

    Es gibt noch genügend Baustellen, aber die RIchtung stimmt. Wie seid Jahren nicht mehr.

Haut rein, schreibt mir was!