Social Media:

E. Braunschweig – FC: Any Given Sunday

In der 75. Minute wechselt Trainer Holger Stanislawski doppelt aus und gibt uns einen kurzen Einblick in die lange, lange, Saison, die uns bevorsteht. Jajalo und Ishak kommen für Royer und Matuschyk und nicht wie erwartet für die extremst schwachen Bröker und Tese. Der Coach stellt also für die letzten 14. Minuten nochmal um, verschiebt alle Positionen ein Stück nach Vorne und hofft auf Gottes Gnade. Die blieb diesmal aber aus. Der 1.FC Köln verpatzt sein neuerliches Zweitligadebüt an der Rheingoldstraße in Braunschweig. Der BTSV gewinnt ein enges und knappes Spiel nicht unverdient mit 1:0 und alle Lautsprecher, die mit einem lässigen 4:1, 3:0, 5:0 oder 7:2 für den ruhm- und glorreichen effzeh gerechnet haben, können sich jetzt mal die blauen Flecken am Popo pflegen. Willkommen in der zweiten Liga!

Der Nachmittag beginnt mit einer relativ klassischen und -nach den ersten Eindrücken, die ich von Stanislawski habe- recht überraschungsarmen 4-2-3-1 Aufstellung. Vor dem jungen Horn steht eine Viererkette mit (vlnr) Eichner, Wimmer, Maroh und Brecko. Im defensiven Mittelfeld irrlichte (was hab ich ihn nicht vermisst) Matuschyk auf links (zumindest sah es so die Aufstellung vor) und – etwas beweglicher – und vom kämpferischen Einsatz in einer anderen Dimension, Lehmann auf halbrechts. Über der Mittellinie stand Royer auf links, Bröker in der Mitte und Chihi auf rechts. Ich hoffe mal ganz stark, dass sich das mit einem gesunden Clemens schwer ändern wird, dass Chihi auf links spielt, Clemens auf rechts, Jajalo in der Mitte und Bröker zu Borussia Freialdenhoven wechselt. Da gehört er nämlich hin. Gleich mitnehmen kann er Cheech Chong Tese, unseren “Mittelstürmer”, der sein Füßchen einmal zu intesiv in den Rasen donnerte und damit eine von genau drei Chancen des FC kläglichst vergab.

Ich verstehe weiter nicht, wie man einen Spieler wie Roshi abgeben kann, wie man Buchtmann völlig ohne Chance lässt (mit ihm hätte man zumindest eine Alternative auf links) und in der 86. Minute dann als letzte Option McKenna ins Spiel wirft, statt vielleicht zehn Minuten vorher Przybylko rein zu schubsen. Doch nur bei solchen Spielen können sich junge Spieler beweisen, können Erfahrungen sammeln, können Selbstvertrauen tanken. Wenn aber auch in solchen Situationen der 32jährige “Opa” ins Spiel kommt, tja, dann weiß ich wo ich stehe, in diesem “Umbruch”.

Es ist ja nicht so, dass ich komplett überrascht bin aber ich bin doch ein wenig ernüchtert von diesem Spiel und der Reaktion des Trainerteams. Bröker war so unglaublich schwach, wie man ihn in Erinnerung hatte, Tese ist mehr ein Ballverteiler am Strafraum, statt ein wirklicher Stoßstürmer, Chihi ist weinerlich und weiterhin ohne jede Durchschlagskraft, Matuschyk hat immer noch ‘nen Stock verschluckt und wirkt immer als sei er mit seinen Gedanken überall, nur nicht auf dem Platz und am Ende macht Eichner den Fehler. Es hat sich also nicht groß was geändert. Ist doch auch schön. So bekommen wir dann wenigstens etwas Kontinuität in den Verein.

Versteht mich nicht falsch, ich bin gar nicht groß sickisch, ich rechne zur Zeit einfach mit nichts anderem. Die Mannschaft hat einfach wenig Qualität. Jeder, der aufgrund der ersten Halbzeit eine Punktetteilung für gerecht hält, versteht in meinen Augen nicht, worauf es ankommt. Es gab irgendwann mal an diesem Nachmittag einen tweet, der Brecko lobte: “Saustarkes Spiel” irgendwas so in die Richtung. Versteh ich nicht. Ehrlich. Brecko hat ein anständiges Zweitligaspiel auf rechts gegeben. Mehr nicht. Das ist sein Leistungsniveau und das ist ja auch völlig in Ordnung so. Aber das ist doch nichts besonderes, wenn er mal in der zweiten Liga zwei Bälle an den Mann bringt, ohne sich die Beine zu brechen oder auch mal zur Grundlinie durchstößt. Das kann ich von dem Mann doch auch eigentlich erwarten, oder? Auch der Rest der Mannschaft war ja jetzt nicht hoffnungslos unterlegen, nein, das stimmt aber am Ende nützt es mal gar nichts, wenn Du keine Torgefahr ausstrahlst und hinten nichts gelernt hast.

Nee, der Sieg der Braunschweiger geht in meinen Augen völlig in Ordnung. So eine (erneut) stümperhafte Ausführung einer Abseitsfalle wie vor dem Siegtreffer, hat doch nichts mit “Umbruch” oder “erstes Spiel” oder “müssen uns noch finden” zu tun. Das ist eine Blaupause des letzten Jahres. Unkonzentriert und/oder unkoordiniert, paff, Tor. Sowas darf einfach nicht passieren. Da hilft es dann auch nichts, dass Eichner eigentlich auch ein solides Spiel hingelegt hat. Es zählt einfach nichts. Nada. Es spielt keine Rolle, dass Maroh die Hoffnung, die ich in ihn gesetzt habe, erfüllt hat (auch wenn er Glück hatte, dass Gagelmann sein Trikotzupfen nicht sah). Das ist halt einfach so: Du kassierts das Tor, schießt selbst keins, haste verdient verloren. Simple as that.

Stanislawski sprach irgendwann diese Woche im EXPRESS mal davon, dass er sofort weiß, wo die Mannschaft steht. Spätestens ab der 50. Minute muss er es wirklich wissen. Die Antizipationsfähigkeit auf das geänderte, druckvollere Spiel des Gegners tendierte gegen Null, die Laufwege von Royer, Chihi, Bröker und Tese sahen aus, als hätte ein hyperaktiver Primat einen Buntstift in die Hand gedrückt bekommen und nach dem Gegentor stand die Mannschaft wieder minutenlang komplett neben sich. Der BTSV mit einem Pfostenschuss und zwei weiteren Abschlüssen von Kumbela. Gegen einen abschlussstarken Gegner hätte es zur 70. Minute 0:3 gestanden. Non est bueno.

Gut, es war tatsächlich erst das erste Spiel dieser Zweitligasaison aber ich denke, wir müssen uns jetzt schon damit abfinden, dass dieses Jahr vor allem eins werden wird: Eine Geduldsprobe. Für die Mannschaft, für den Trainer und den Vorstand und für die Fans und die Presse. Es wird sich zeigen, wie leidensbereit Köln sein wird. Ich bin da ziemlich drauf vorbereitet aber nicht um jeden Preis. Wenn es der Verein wirklich ernst meint, dann muss ich den Umbruch auch wirklich sehen, spüren und erleben. Dann muss ich und das ist unumgänglich die jungen Spieler sehen. Dann muss ich sehen, dass der Zukunft alles untergeordnet wird. Dann verlierst Du das Spiel vielleicht auch, keine Frage aber dann hast Du wirklich in die nächsten Jahre investiert, denn nur mit Einsatzzeiten und gesammelten Erfahrungen, kann ich wirklich einen “neuen” FC aufbauen. Das habe ich heute nicht gesehen. Dafür war mir das alles zu sehr business as usual, mit Protagonisten, deren Zukunfstperspektiven ich in Köln doch größtenteils arg skeptisch sehe.

Jetzt steht das Team natürlich schon gehörig unter Druck, wenn es am Freitag zum ersten Heimspiel gegen den Aufsteiger aus Sandhausen geht. Alles andere als ein klarer Sieg wird in Köln nicht vermittelbar sein. Ich bin gespannt.

Top: Maroh, Einsatz, Laufbereitschaft, versuchte Ballkontrolle, FC-Fans in Braunschweig,
Flop: Bröker, Tese, Eichner, Matuschyk, späte und zweifelhafte Wechsel, Körpersprache nach Gegentor
#1: 0:1 in Braunschweig, 0 Punkte, 0:1 Tore
nächstes Spiel: Freitag, 10.08., 18 Uhr gegen Sandhausen

1 comment to E. Braunschweig – FC: Any Given Sunday

Haut rein, schreibt mir was!