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Jahn Regensburg – FC: Comeback Kids

Als Sascha Bigalke das 2:3 schoss, ging es dann doch nicht mehr. Ich sprang auf, jubelte, verstand die Welt nicht mehr und freute mich irrsinnig über das “7-Minuten-Wunder” [EXPRESS] auch wenn das eigentliche Spiel, die vorhergegangenen 87 Minuten eher ein Grund waren das Weite zu suchen oder vielleicht sich komplett einer anderen Sportart zuzuwenden. Alles Makulatur. Die sieben großartigsten Minuten der letzten 25 Jahre, sorgten schon bei mir vor dem TV für erhöhten Adrenalinausstoss. Ich will gar nicht wissen, was im Gästeblock in Regensburg vor sich ging, bei den Jungs die noch zehn Minuten vorher mit bitterer Ironie “In Europa FC Köln…” sangen und nun übereinander fielen. Sie haben es sich verdient, mehr als alle Anderen. Die 2.000, die an einem Samstag um 13 Uhr in einem 500 km entfernten Stadion in der Oberpfalz stehen, sich einen Grottenkick vor dem Herrn antun mussten und sicher schon die große “Warum nur”-Frage im Kopf hatten. Für die ist dieser Sieg. Natürlich leiden wir “Zuhausegebliebenen” auch mit aber dennoch: Was muss das für eine grandiose Party im Gästeblock gewesen sein. Endlich mal wieder!

Wir müssen aber dennoch kurz über das Spiel reden, denn auch wenn am Ende drei Punkte auf der Haben-Seite stehen, so war die Leistung der Mannschaft bis zum Anschlusstor so unterirdisch, wie es nur sein kann. Auf dem Platz war nichts von der geforderten Dominanz zu sehen, die einzelnen Teile des Tannenbaums spielten weitgehend autonom vor sich hin, es gab kein Bindeglied und keine Ideen. Das war ganz, ganz schlechter Fußball. Taktisch, kämpferisch und spielerisch war der FC tot und begraben. Wären die letzten Minuten nicht so glücklich verlaufen, wie es nunmal gekommen ist, ständen wir heute vor einem riesigen Trümmerhaufen und vor einer handfesten Krise, denn so darf sich der 1.FC Köln nicht präsentieren. Nicht in der zweiten Liga, nicht in einem Testspiel. Nirgendwo. Das war von Vorne bis Hinten Driss und deshalb muß auch wieder mal der Wurstfinger in die Wunde gelegt werden.

Es fängt mit der Aufstellung an. Stanislawski will mit Tannenbaum spielen. 4-3-2-1. Dafür stellt er drei Sechser auf! Lehmann, Strobl und Matuschyk. Bei eigenem Anspruch Dominanz auf den Platz zu bringen, frage ich mich wie das mit einer überfrachteten Sechs und dafür entblößten Außen gehen soll. Auf dem Papier sollten Chihi und Bröker zwar die Bahnen beackern aber auf dem Platz sah man nur, dass sich die beiden Spieler immer wieder in die Mitte zurückfallen ließen, weil aus dem “Mittelfeld” so gut wie nichts an brauchbaren Bälle in ihre Richtung kam. Spätestens nach der Großchance von Djuricin muss der Trainer sehen, dass das System so überhaupt nicht funktioniert und muss umstellen auch wenn der Ballbesitz wieder zu Gunsten der Kölner sprach. Das hin-und-her-Gepasse zwischen den angesprochenen Sechsern und einem freien Mann im Halbfeld brachte so gut wie nichts und verschaffte dem Jahn immer wieder Zeit sich zu sortieren, Ujah in Doppeldeckung zu nehmen und jeden Angriffsversuch zu unterbinden. Die Konsequenz: Es herrschte mit zunehmender Spieldauer kaum Positionsdisziplin in der Kölner Mannschaft, die einzelnen Spielabschnitte waren ohne Bindung und Regensburg konnte mit zwei, drei Päßen die langsamen Kölner Außenverteidiger erreichen, die auch eher Zuschauer waren, als aktiv am Geschehen beteiligte Akteure. Diese Konteranfälligkeit ist ein Riesenproblem.

Bezeichnenderweise waren die drei “Sechser” auch die schlechtesten Spieler auf dem Rasen wobei Matuschyk hier noch heraussticht. Ich verstehe nicht, warum er immer wieder Chancen bekommt, wo wir doch wirklich hunrige Spieler haben, die allein mit ihrem Kampfgeist jeden -vielleicht vorhandenen- Technikvorteil Matuschyks ausgleichen. Gerade in der zweiten Liga, wo es immer mal wieder eher rustikal statt filigran zugeht. Dadurch, dass er auch immer wieder in die Laufbahn von Chihi lief konnte es überhaupt kein Zusammenspiel geben. Es war eine Erlösung als Bigalke in das Spiel kam. Und da sind wir bei…

…Sascha Bigalke. Okay, er hat in den letzten Spielen immer weiter abgebaut, hat gegen Dresden ein ganz, ganz schwaches Spiel hingelegt, keine Frage aber: Bigalke ist im Moment der einzige Spieler im Team, der so etwas wie ein Spielmacher sein kann. Mit Abstrichen vielleicht noch Jajalo aber der scheint ja mit seinen Gedanken auch nicht immer und hundertprozentig hier zu sein. Da haben wir als nur Bigalke. Auch wenn der Mann noch nicht konstant spielt, muss der meiner Meinung nach immer, immer, immer eingesetzt werden, weil er sonst nichts lernen kann (er kommt immerhin aus der dritten Liga) und auch weil dem Spiel des effzeh ohne seine Position einfach ein Bindeglied zwischen den Mannschaftsteilen fehlt. Wir haben vor der Saison gesagt: Lasst sie Fehler machen, lasst sie sich entwickeln, so ein Umbruch braucht Zeit. Leider ist es aber weiterhin so, dass das kurzfristige Ergebnis immer mehr zählt. Ich kann natürlich den Trainer verstehen. Er muss sich um die Tabelle kümmern, er muss schauen, dass Punkte herkommen. Oder? Muss er das wirklich? Ist es nicht viel wichtiger eine fortwährende Entwicklung in der Mannschaft zu sehen? Im Moment sehen wir, dass die Mannschaft charakterlich einen sehr intakten Eindruck macht, dass das Team aus dem diesem Jahr von der Körpersprache, vom Willen und Einsatz ganz wenig mit dem Team aus der letzten Saison gemein hat. Das ist natürlich wunderbar und macht auch Riesenspaß aber manchmal reicht das leider nicht aus. Es muss sich auch fußballerisch was tun und dafür ist Bigalke wichtig. Dann macht er halt mal ein schlechtes Spiel oder will zuviel. Na und? Immer wieder rein mit ihm und wenn es irgendwann klar ist, dass es nunmal leider nicht reicht, dann muss eben ein neuer Versuch mit einem neuen Spielmacher gemacht werden aber ich habe tatsächlich Hoffnung, dass sich der kleine Mann etablieren kann. Das geht aber eben nur mit Einsatzzeit. Punkt.

Über die Nichtleistung von Bröker will ich gar nichts schreiben auch ihm muss ein mieses Spiel zugestanden werden aber meine Meinung über ihn ist halt unverändert. Chihi und Ujah auch völlig neben der Spur, Brecko mit einem komplett unnötigen Foul, das einem Spieler mit seiner Erfahrung niemals passieren darf, Maroh nicht spritzig aber immerhin mit gutem Stellungsspiel und Eichner wieder mit Flanken wie sie auch von Homer Simpson geschlagen werden können. Da können wir alle in einen Sack stecken, die Gesamtleistung war ernüchternd.

Am Ende sind es dann aber dennoch drei Punkte. Immerhin. So ein Spiel kann natürlich der Mannschaft und auch dem Umfeld einen Boost geben, keine Frage. Auf einmal wissen die Spieler, was alles möglich ist, was man mit positiver Einstellung und Willen erreichen kann. Das ist eine Qualität die dem FC schon seit Jahren gefehlt hat. Vielleicht stärkt so ein Sieg auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und sorgt für ansteckenden Optimismus. Ich würde es mir wirklich wünschen auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass der FC nichts mit dem Aufstieg zu tun haben wird und wohl auch nicht sollte, denn mindestens ein weiteres Jahr zweite Liga wird die Mannschaft benötigen um für höhere Aufgaben bereit zu sein. Aber das ist ja eh Geschwätz über ungelegte Eier. Am Freitag geht es zu Hause erstmal gegen einen der Aufstiegsfavoriten, den FCK. Dann wird man sehen wie sehr diese drei Tore nachhallen. Ich bin gespannt.

Top: die letzten sieben Minuten
Flop: die ersten 86 Minuten
#10: 3:2 in Regensburg, 12 Punkte, 10:12 Tore, Platz 9 (Samstag Abend)
nächstes Spiel: Freitag, 26.10., 18:00 Uhr gegen Lautern

2 comments to Jahn Regensburg – FC: Comeback Kids

  • kkaddi

    Wenn der #effzeh Freitag so spielen wird, wie die letzten Siebem Minuten in Regensburg dann können Sie auch Lautern zu Hause zu Schlagen.
    Wenn der #effzeh weiter oben in der Tabele stehen möchten muß der FC Köln eine Serie der Gewinne hinlegen.

  • Jeff_Jas

    “Tabelle stehen möchten muß der FC Köln eine Serie der Gewinne hinlegen.”
    –> dann möchte er wohl weiter oben stehen, nach 10 Punkten aus den letzten 4 Spielen. Ich sehe es aber wie der 4. Offizielle. Die Entwicklung der Mannschaft ist wichtiger als kurzfristige Ergebnisse und dort geht es mit Gänsefüßchen voran. Das Loch zwischen Abwehr und Angriff ist mir gestern auch 86 Minuten auf’s Gemüt geschlagen. Dort haben wir mit Lehmann und Matuschyk zwei Spieler, die perfekt das Tempo verschleppen und dem Sturm nicht einen Ball auf den Fuß spielen können. Dort sehe ich auch nur Bagalke der das Loch stopfen kann, auch wenn dann Lehmann und (mMn) Hektor oder Strobl (aber nicht Matuschyk) viel defensiver agieren müssen. In Summe gefällt mir aber die Rotation von Stani, so dass viele Akteure auf Einsatzzeit kommen und sich immer weider anbieten können.

Haut rein, schreibt mir was!