In der 75. Minute schnappt sich Marcel Risse den Ball und zieht über rechts in den Strafraum, schaut kurz, legt sich das Spielgerät noch ein Stückchen weiter nach rechts, guckt nochmal…
[Freeze. Bullet-Time] Die Kamera schwenkt über die Zuschauer, die es aus den Sitzen gerissen hat, nervöse aufgerissene Augen, verzerrte Münder, wilde Arme. Ein tausendfaches “schiiiiieß”. Unartikuliert, eher gedacht als ausgesprochen. In Wahrheit hört es sich nach einem Grollen im Erdinnern an. Risse holt aus…
[Normalgeschwindigkeit] Einschlag. Lange Ecke. Explosion. Müngersdorf feiert drei Spieltage vor Ende der Saison den Klassenerhalt, jubelt über einen hochverdienten 4:1 Sieg gegen den direkten Konkurrenten aus Darmstadt und aus dem Hintergrund brüllt Roland Emmerich: “Cut!”
Wie entspannt ein Samstag doch sein kann, nicht wahr? Von Beginn an zeigt der effzeh wer in diesem Spiel das Sagen hat. Man glaubt an sich selbst, an seine Stärken, wartet nicht ab, verschläft nicht die erste Halbzeit, kombiniert mit ungeahnter Schönheit, erarbeitet sich Chance auf Chance, ach, es war wirklich schön.
Dieser Pass durch die Innenverteidiger-Schnittstelle vor dem 1:0 war etwas, was wir seit Zweitligazeiten nicht mehr so häufig in Köln gesehen haben. Wie oft haben wir in den letzten Wochen über genau diese fehlenden tödlichen Pässe lamentiert. Immer hieß es: Jaja, der effzeh macht das alles ganz gut aber 20 Meter vor dem gegnerischen Tor klappt dann auf einmal gar nichts mehr. Nicht so am Samstag. Da klappte von Beginn an sehr viel, wenn auch nicht alles.
Nach dem 1:0 hatten Osako und Modeste die Möglichkeit das Spiel schon frühzeitig zu entscheiden aber wir wären ja nicht der 1.FC Köln, wenn sie das tun würden. Osako läuft in die Flanke ein wenig so wie ich am Sonntagmorgen in die letzte Bahn nach Hause gestiegen bin und Modeste bekommt leider nicht genug Tempo in den Ball um ihn nicht nur um Mathenia zu legen, sondern auch das Tor zu finden. Dennoch euphorisierte das Spiel mich. Ich hatte wirklich zu keinem Zeitpunkt Angst, dass der effzeh das vergeigt, weil man erkannte, dass die Spieler einfach wollen. Dass sie den Klassenerhalt genau jetzt festmachen wollen, dass sie zu Hause, vor ausverkauften Rängen, ihre Lorbeeren einfahren wollen.
Und so konnte auch der effzeh-übliche Hinrfurz meine Stimmung nicht wirklich trüben. Natürlich ärgert man sich über so ein blödes Gegentor aber schon zehn Sekunden später sieht man wie Horn in die Hände klatscht, und macht unbewusst genau das gleiche. Weiter, effzeh, weiter. Komm, da ist heute alles drin.
Und die Mannschaft ist eben mittlerweile gefestigt. So ein Rückschlag ändert nichts an der Körpersprache. Wir alle wissen doch noch wie normal es war, wenn der effzeh eigentlich ganz gut mitgehalten hat aber dann durch einen Fehler in Rückstand geriet, die Schultern um drei Schuhgrößen nach unten sackten und wir dann noch 4-5 Tor kassiert haben. Leverkusen, Schalke (der Handelfmeter lässt mich immer noch nicht los) usw, das ist ja noch nicht lange her. Wir wussten, dass wir bei Rückstand eigentlich verloren hatten und sind dann auch so aufgetreten. Heute nicht mehr. Heute weiß das Team dass es gut genug ist bei Gegentoren zurück zu kommen. In dieser Hinsicht war der Sieg in Mainz so unglaublich wichtig, das können wir nicht genug betonen. Vielleicht (und ich hole jetzt mal den ganz großen Pathos raus) war der Schuss von Risse zum 1:2 am Bruchweg das wichtigste Tor der letzten 20 Jahre. Durch diesen einen Schuss gab es ein Klick in den Köpfen, dessen Nachwirkung wir nun auch am letzten Samstag sehen konnten. Ich hoffe das hält einfach weiter an und wird zu einer Identität dieser Mannschaft. Wir können alles noch aufholen. Wir können mithalten, wir müssen nur an uns glauben!
Dass der 1.FC Köln sich und seine Fans dann auch endlich mal belohnt ist ein weiterer Schritt auf der Treppe. Modeste bekommt den Ball lang zugespielt und haut das Ding schon wieder rein. Wie gegen Dortmund, wie gegen Mainz. Es sieht sogar gewollt aus. Mit Führung in die Pause, holt schon mal das Trömmelche raus, ihr Jecken.
Achso, einen Handelfmeter der recht klaren Sorte gab es dann wieder einmal nicht aber die Spieler haben auch mittlerweile aufgegeben zu protestieren. Nützt ja nix, wir bekommen die diese Saison einfach nicht. Wenn alle unglücklichen und fehlerhaften Entscheidungen aus dieser Saison in der nächsten wieder gut gemacht werden, dann können die Bayern sich aber warm anziehen. Oder Red Bull, je nachdem wer oben steht.
Egal, ich wollte mich ja gar nicht aufregen. Auch die paar Fehlerchen, die immer wieder passieren, stören mich heute nicht mehr auch wenn mich so etwas im Spiel wahnsinnig machen kann aber da sind wir wieder bei falschem Anspruchsdenken und überzogenen Erwartungen. Nein, das Spiel als solches hat mich mehr als glücklich gemacht. Ich weiß nicht wie oft ich in diesem Blog einen Satz wie diesen vor der Ära Schmadtke/Stöger geschrieben habe aber es kann nicht sonderliche viele Anlässe gegeben haben.
Das 3:1 von Risse sah nach Zirkus aus und hat eigentlich schon den Deckel drauf gemacht auch wenn Darmstadt in der Folgezeit 10 anständige Minuten hatte, die durchaus auch zu den Gegentoren zwei, drei und vier hätten führen können. Genauso allerdings wie der effzeh auch wieder Chancen verballerte wie ein handelsüblicher Stormtrooper beim Schusswechsel mit der Rebellen-Allianz. Da kann man schon mal zum Medizinschrank gehen und die Herztropfen rausholen.
Aber es ist ja alles gut. Endlich.
Nach dem Schlusspfiff und dem rechnerisch gesicherten Klassenerhalt wurde es kurzfristig hektisch weil Twitter, WhatsApp und SMS gleichzeitig durchdrehten und das Telefon vor lauter Vibration so heiß wurde, dass ich ein Ei darauf hätte braten können. Hab ich aber dann doch nicht gemacht, sondern ich habe einfach nur zufrieden da gesessen, die Reaktionen aufgesogen, den Abend mit den gutgelaunten Freunden geplant und in aller Ruhe ne Flasche Wasser mit dem guten Grapefruit-Saft von Alnatura veredelt. Mmmmmh.
Von lostinnippes, am 21.04.16 Kommentare geschlossen
Die EM naht mit großen Schritten und der aufmerksame Leser dieses Blogs und Hörer des Bockcasts bzw. des Doppelfass kann erahnen, wie sehr ich mich auf Frankreich und den Auftritt #dermannschaft freue. Es wird ein Fest.
Leider kann nicht jeder, der es will, in den Genuss der Spiele live vor Ort kommen doch zum Glück hat Hyundai (übrigens, kein Witz und eher zufällig fahre ich tatsächlich einen Hyundai, den i20 und bin überaus zufrieden. Mal abgesehen von der Ladestation fürs Handy, die mein HTC nur mit der Rückseite nach vorne laden will aber das ist ein Kinkerlitzchen) der offizielle Sponsor der UEFA Euro 2016 hat dazu ein schönes Gewinnspiel gestartet und einen Fanpark für echte Fans eingerichtet.
Wer kann sich nicht an seine ersten Versuche, den Fussball und seine Faszination zu verstehen, erinnern? Wisst Ihr noch damals, als wir noch nicht ganz selbstverständlich einfach zu jedem Spiel ins Stadion konnten? Ich weiß noch wie ich wochenlang keine anderen Gedanken mehr hatte als die WM 1986 in Mexiko vor der Tür stand. Ihr doch auch, oder? Und genauso geht es auch unserem kleinen Held im Film:
Ihr seht, es lohnt sich auf jeden Fall den Hyundai Fan Park zu besuchen!
Neben einem Fanorakel, einem Tippspiel gibt es auch die Möglichkeit am Gewinnspiel teilzunehmen und mit ein bisschen Glück doch noch in den Kreis der glücklichen Stadionbesucher aufgenommen zu werden. Wenn das kein Anreiz ist…
Es war alles perfekt geplant. Nachdem vor zwei Wochen Basti sein Doppelfass-Debüt gab und letzte Woche Enzo wieder dran war, wollten wir es diesmal zu dritt schaffen. Allein um unbequemen Hörerfragen aus dem Weg zu gehen. Und dann? Was passiert dann? Steht der Enzo im Stau! Mann, Mann, Mann. Italiener und Technik, ey. Zum Glück war Basti so schlau das VfB-Spiel auf den Schluss zu schieben und so tatsächlich, der feine Herr kommt uns am Ende doch noch besuchen.
In der Zwischenzeit reden Basti und ich wieder über dieses und jenes, spekulieren wild durch die Gegend und auch diese Woche sind die Samthandschuhe in der Klamottenkiste geblieben.
Natürlich gibt es auch wieder den üblichen Technik-Abfuck aber damit müssen wir allen leben lernen.
Besten Dank an die Hörer, die gespendet haben. Echt! Coole Sache. Die Schwarzhörer werden immer weniger aber es sind natürlich noch deutlich zu viele, so dass wir mahnende Worte von einem, der es wissen muss vor den Podcast gestellt haben.
Wir wünschen viel Spaß und wenn es Spaß macht, schreit es in die Welt!
„In vielen der etwas lässigeren Zivilisationen am äußersten Ostrand der Galaxis hat der Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis die große Encyclopaedia Galactica als Standard-Nachschlagewerk für alle Kenntnisse und Weisheiten inzwischen längst abgelöst. Denn obwohl er viele Lücken hat und viele Dinge enthält, die sehr zweifelhaft oder zumindest wahnsinnig ungenau sind, ist er dem älteren, viel langatmigeren Werk in zweierlei Hinsicht überlegen. Erstens ist er ein bisschen billiger, und zweitens stehen auf seinem Umschlag in großen, freundlichen Buchstaben die Worte KEINE PANIK.“
Lies es. Lass es wirken. Keine Panik. Hab doch mal ein wenig Vertrauen in die Mannschaft. In Peter Stöger. In deinen Verein. Vergiss doch jetzt endlich die letzten 20 Jahre Pein und Qual. Alles wird gut.
Wirklich.
Aber der 1.FC Köln macht es mir und uns nicht einfach. Er liebt es am Abgrund zu balancieren wie ein todesmutiger Drahtseiltänzer. Er liebt es uns zu quälen, es uns aber gleichzeitig spüren zu lassen dass wir -egal wie es um ihn steht- immer noch schlechter ohne ihn dran wären, um dann plötzlich und ohne Grund die Richtung zu ändern, uns neue Hoffnung zu geben und uns in ein selbstverliebtes Bild der modernen Malerei hinein zu saugen. Wir müssen nur aufpassen dass wir uns nicht irgendwann anfangen die Ohren abzuschneiden vor lauter Wahnsinn.
Denn die ersten 63 Minuten der sonntäglichen Bundesliga-Unterhaltung glichen eher einem anonymen, obszönen Anruf. Die Panik wurde minütlich gesteigert, der schwere Atem des Abstiegs kroch aus dem Hörer wie ein wabernder Nebel des Grauens. War das schlecht, was der effzeh da über 2/3 des Spiels anbot. Keine Sicherheit im Aufbauspiel, kein Selbstvertrauen, keine Präzision. Langsam im Kopf (Mainz war immer schneller in den Zweikämpfen, immer schnell am Ball), langsam in den Beinen. Ein kreativer Offenbarungseid, der die Günni-Werbung von HD+ wie einen Geniestreich aussehen ließ.
Um 18:38 Uhr wäre ich fast gewalttätig geworden.
Ich bin das erste Mal diese Saison richtig angepisst ob der "Leistung" der Mannschaft. #effzeh
Beide Mainzer Tore fallen wie Tore gegen Absteiger fallen. In der Verteidigung werden Zwei- bzw. Luftkämpfe nicht angenommen, das Sanostol war wohl ausgegangen, denn so teilnahmslos ist die effzeh-Abwehr ja eigentlich gar nicht. Dazu schlechtes Stellungsspiel von allen Beteiligten und zack, haste eigentlich verloren.
Und dann kommt eine weitere beschissen getretene Ecke in den Mainzer Strafraum gesegelt. Lang, hoch, ohne Druck, unpräzise, ins völlige Niemandsland. Mit Glück kommt der Ball durch zu Risse, der aus 23 Metern draufhält und den Ball ausnahmsweise mal richtig trifft.
Die Fangnetze in der Wiesbadener Innenstand quietschten vergnügt im Wind.
Momentum.
Als hätte der Puppenspieler sich spontan eine neue Handlung überlegt, fängt der effzeh an an sich zu glauben. Die Stögersche Systemumstellung vom 3-6-1 auf 4-1-4-1 bzw. 4-4-2 macht das Spiel etwas flexibler, weil die Außen anders besetzt sind um mehr Möglichkeiten haben andere Anspielstationen als die geballte Mitte zu finden, die Wechsel funktionieren etwas besser und vor allen Dingen Osako bindet mit viel Laufleistung immer mindestens zwei Mainzer. Einer der hinterherlaufen muss und einer der auf die Kreuzungen aufpassen muss. Dadurch ergeben sich natürlich ein paar Räume die der effzeh dann auch recht zügig nutzen kann. Mladenovic gewinnt an der linken Außenbahn einen Zweikampf, hat durch angesprochene Umstellung danach viel Platz vor sich, geht in den Raum und kann dann recht unbedrängt flanken, was an sich noch nicht viel Spektakel verspricht weil unsere Flanken immer noch keiner Gütesiegel-Prüfung standhalten würden. Aber die Mainzer sind ihrerseits auf einmal konfus im Kopf, können den Ball nicht klären und spielen diesen Gerhardt in die Füße, der ablegt und Milos Jojic bedient.
Das 2:2 hätte ich mit Kusshand genommen aber es wäre nicht der effzeh, wenn uns nicht noch ein langes Crescendo des Wahnsinns erwarten würde. Normalerweise müssen wir immer davon ausgehen, dass wir es noch vergeigen. Dass wir einen Weg finden werden uns selbst in der Arsch zu treten. Selbst nach so einer Moralleistung. Aber es kommt anders. Ein langer Ball von Lehmann, Modeste mit dem direkten Abschluss, Spiel gedreht.
Dortmund anyone?
Bitte rasten Sie jetzt aus. Hier rechts befinden sich die Gummizellen, bitte machen sie es sich bequem.
Zehn lange aber souverän über die Zeit gebrachte Minuten später wird abgepfiffen, der effzeh gewinnt ein enorm wichtiges Spiel mit 3:2 in Mainz. Der erste Ligasieg überhaupt und nach 1962 und 2013 im Pokal erst der dritte Sieg überhaupt in Mainzelmännchenmetropolis. Nach den Ergebnissen von Samstag und dem drohenden Unheil, das über uns schwebte, ist dieser Sieg eine derartige Erleichterung, ein solches Glück, dass es mir schwer fällt dies in Worte zu fassen.
Fußball ist halt manchmal immer noch geil. Manchmal.
Ich bin mir jetzt sicher, dass wir die Klasse halten werden. Mit diesen drei Punkten haben wir uns schneller von ganz unten verabschiedet als der gemeine italienische Soldat kapitulieren kann. Und das nach einem Tag, der uns auch ganz tief in den Schützengraben hätte spülen können.
Wenn man sich die Liga anschaut, dann werden das wahnsinnig spannende Endspiele um den Klassenerhalt und…
…wer weiß, vielleicht schafft der HSV ja doch noch das Relegationstriple. Nicht dass ich mir das unbedingt wünschen würde. Genauso wenig wie einen Abstieg der Eintracht aber, herrjeh, das sieht nicht gut aus. Wenn jetzt am Samstag nicht gegen Mainz gewonnen wird, sieht es wirklich düster aus.
Aber noch ist nichts entschieden, alle Teams ab dem effzeh kann es noch erwischen.
Wir spielen aber am nächsten Spieltag 0:0 zu Hause gegen Darmstadt und dann kann so langsam die Sommerpause kommen. Es wird Zeit.
Nachdem letzte Woche Basti den Platz für Enzo warmgehalten hat, ist diese Woche der große Mann wieder selbst mit von der Partie. Der Pizzaofen muss auf’s Wochenende warten, erstmal werden sich hier im Doppelfass die Hände schmutzig gemacht. Wie immer erfahrt Ihr hier alle Ausgänge des Bundesliga-Wochenendes schon vor den Spielen, so dass Ihr eigentlich nur noch das Geld von der Straße aufsammeln müsst.
Und es dann sofort an uns schicken. Mann, Mann, Mann. Echt ey.
Nächste Saison wird das anders werden. Versprochen. Das kann ja keiner mehr mit anhören, der Enzo braucht endlich ein Headset!
Die Krise (Alt- und gelehrtes Griechisch κρίσις krísis ursprünglich ‚Meinung‘, ‚Beurteilung‘, ‚Entscheidung‘, später mehr im Sinne von ‚Zuspitzung‘) bezeichnet eine problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation.
Das beschreibt meinen aktuellen Gemütszustand schon ganz gut. Ich befinde mich ca. 450 Meter vor der Ausfahrt und muss langsam überlegen ob ich den Blinker setze oder den bequemen aber nervenden Weg über die Mainstream-Autobahn weiterfahre. Der Fußball, ich glaube darüber gibt es keine Diskussion (und ich kenne auch niemanden mit einer anderen Meinung), ist komplett am Arsch. Eigentlich ist es schon lange nicht mehr auszuhalten und der Prozess, der aktuell seinen vorläufigen Höhepunkt findet, fing spätestens 2006 mit der Heim-WM an. Das Spiel wurde zum Event, die Mitte der Gesellschaft, die früher mit Verachtung auf den gemeinen Fußballfan geschaut hat, vereinnahmt das, was uns so am Herzen liegt und wandelt es zu dem um, was es heute ist. Eine durchchoreographierte Kackophonie aus Belanglosigkeiten und Oliver-Pocher-Fernsehen. Das ist im günstigsten Fall nervig, im schlechtesten Fall aber so abstoßend, dass man sich abwendet und einen Schlussstrich ziehen muss.
Ich bin an diesem Punkt noch nicht angekommen. Zu viel liegt mir am 1.FC Köln, zu sehr sehne ich mich nach einem magischen Jahr, einer magischen Nacht. Vielleicht könnte ich danach sagen: Gut, das war’s, das Spiel ist nicht mehr meins, ich gehe und lasse es den jungen Leuten. Vielleicht. Aber erstens sind diese Notti Magiche noch nicht mal in greifbarere Nähe und zweitens steht hinter all diesen Überlegungen am Ende noch dieses riesengroße “vielleicht”. Ich weiß es einfach nicht, dafür war der Fußball ein viel zu großer Teil meines bisherigen Lebens.
Aber es kratzt schon sehr an der Seele zu sehen wie alles den Bach runter geht, wie weit wir entfernt sind von der grauen Unschuld der 80er Jahre. Gestern lief die Champions League und natürlich läuft die auch bei mir im Hintergrund mit. Da spielt dann Real Madrid gegen Wolfsburg und Manchester City gegen PSG. Die “Königlichen” mit ihren Milliarden-Schulden, die keine Bank, keinen Gläubiger interessieren gegen eine 100%ige Tochter des VW Konzerns. Großartig. Im anderen Spiel ein englischer Traditionsverein, der früher seine Auswärtsfan in der Wykeham Street mit Backsteinen empfing (auch wenn das sicher nicht das Idealbild eines fußballromantischen Auswärtsspiels darstellt) und jetzt von Khaldoon Khalifa Al Mubarak geführt wird, einem Unternehmer aus Abu Dhabi. Der war sicher schon als junger Prinz ein glühender Verehrer der Mannen um Peter Reid war, damals als City in die dritte Liga abgestiegen ist. Bei Paris das gleiche Bild: Der Präsident heißt Nasser Al-Khelaïfi und kommt aus Katar und sorgt mit seiner Qatar Sports Investments-Firma für gute Laune rund um den Prinzenpark.
Wer will denn sowas noch sehen? Regelmäßig? Wer interessiert sich für diesen albernen Scheissdreck denn? Fußballfans aus der ganzen Welt möchte der empfindliche Schöngeist jetzt schreien. Halb Asien leckt sich die Finger nach Christiano Ronaldo, wenn gerade keine Hühnerfüße zum knabbern das Unternehmen unmöglich machen würden. Jaja, verstehe ich schon. Ich kann es nur nicht (mehr) nachvollziehen. Wo liegt der Reiz einer Champions League, wenn es durch Turnierstruktur und Lostöpfe, durch Markt- und Finanzkraft eh schon klar ist, welche Teams für den Sieg in Frage kommen, und wer nur schmückendes Beiwerk ist. Da ist ja der Alpen-Cup interessanter.
Und im kleinen ist es doch in der Bundesliga auch schon. Ich will jetzt gar nicht mehr das Fass mit Bayern und dem ewigen Vorstandsvorsitzenden aufmachen. Weiß ja eher jeder, der mit halbwegs gesundem Menschenverstand und offenen Augen gesegnet ist, wie und warum die Bayern ihren Konkurrenten nur noch den Arsch zeigen. Aber jetzt kommt die DFL um die Ecke mit den neuen Ausschreibungen für die Bundesliga und mir stellen sich zwei Fragen:
– Mit welchen Argumenten erwartet die DFL einen höheren Ertrag als bisher?
– Mit welchen Argumenten will SKY (oder wer auch immer) das bezahlen?
Ich hoffe der Markt regelt das. Lieber heute als morgen. Aber so bizarr schlechter das Produkt Bundesliga von Jahr zu Jahr wird, so klein sind meine Hoffnungen dass es Lösungen geben wird. Jedenfalls auf die Schnelle. Langfristig wird es sicher so sein dass wir uns immer mehr der EPL angleichen werden, 50+1 wird fallen und dann können wir alle mal schauen ob wir noch Interesse an einer Liga haben, die Spannung nur noch scriptet. Ich bin da sehr skeptisch. Und da ist noch kein Wort über die Teams dabei, sie selbst in Singapur oder Hong Kong keinen toten Chinesen interessieren. Das kommt ja noch dazu.
Dafür dann Montagsspiele. Zum Taco-Bell-Monday ist es nicht mehr weit.
Da hinten kommt die Abfahrt. Landesliga steht drauf, mit optionaler Route Richtung Südstadion. Leider sind die Straßen dorthin schlecht ausgebaut und ich weiß wirklich nicht ob mein Herz mir erlaubt jetzt schon abzufahren. Wahrscheinlich nicht. Geradeaus geht es weiter. Zwar im Schneckentempo und mit nerviger Musik aber immerhin steht Baku auf dem Schild. Ganz unten.
Peter Stöger sagte nach dem Spiel sinngemäß dass das Spiel durch die unterschiedliche Qualitäten der Mannschaften in der Chancenverwertung entschieden wurde. Joa, das kann man so stehen lassen. Bayer Leverkusen reichten zwanzig sehr gute Minuten um zwei Großchancen zu kreieren, die die versammelte Kölner Hintermannschaft überforderten und die dann einfach -zack, bumm- genutzt werden. Zuerst Brandt und dann Hernandez werden von Bellarabi mustergültig in Szene gesetzt, der Strafraum ist beide Male obszön frei von Kölner Abwehrbeinen, weil die Augen auf dem Ball waren und nicht im Spiel.
Zum vierten Mal in Folge verliert der effzeh zu Hause. Gegen Leverkusen, München, Schalke und Hertha. Dass all diese Mannschaften um die Champions League mitspielen macht die Niederlagen nicht erträglicher aber nachvollziehbarer. Wir sind immer noch -das dürfen wir nicht vergessen- nicht etabliert in der Bundesliga. Wir können mit diesen Mannschaften (die Hertha mal außen vor, weil das zu freakig ist, als dass ich da an eine dauerhafte “Kraft” in der Liga glauben will) einfach noch nicht dauerhaft mithalten. Vielleicht gelingt uns mal eine Überraschung oder, wie in der Hinrunde, auch ein paar mehr aber das sind dann eher Ausrutscher nach oben, die wir so nicht in die Kalkulation einpreisen dürfen. Wir stehen in etwa genau da, wo wir aktuell in der Bundesliga hingehören. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger.
Das Spiel gegen Leverkusen kann eigentlich als Blaupause für die Gesamt-Saison herhalten. In Teilen gefällig, sogar schön ab und zu. Man erkennt deutlich dass es einen Plan gibt, die Körpersprache ist immer positiv und der Kampf wird auch angenommen. Aber es sind kleine Dinge, die den effzeh eben noch von einem wirklich ernstzunehmenden Bundesligateam trennen. Die Abspiele sind oft ungenau, dadurch bringt man sich selbst immer wieder in Kalamitäten weil dadurch die Zeit für eine geordnete Ballannahme und -weitergabe nicht gegeben ist. Der Gegner ist dadurch schneller im Zweikampf ist als dass es nötig ist. Das hat man gestern in der Leverkusener Druckphase zwischen der 25. und der 45. Minute wunderbar sehen können. Der erste Pass ist schon knapp ungenau, dadurch muss schneller der zweite Pass gespielt werden, der dann noch ein wenig ungenauer wird und irgendwann hat sich der erste Fehler soweit potenziert, dass kein vernünftiger Spielaufbau mehr möglich ist. Leverkusen hatte dann leichtes Spiel.
Über unsere Flanken aus dem Halbfeld und die Standards soll ich -auf ärztlichen Rat hin- nicht mehr schreiben, ich hoffe Ihr seht mir das nach. Wer meine Meinung dazu aber visualisiert haben möchte, der möge sich einen großen Tisch und einen blutigen Kopf vorstellen.
Das sind Fehler die einfach mit individueller Klasse zu tun haben. Natürlich ist es unter Peter Stöger schon alles besser geworden und natürlich sind die Laufwege und damit der Raum, der sich für den passgebenden Spieler ergibt schon gut und breit, weil eben eine taktische Grundordnung da ist, weil die Automatismen augenscheinlich trainiert werden aber dann kann man üben wie man will, ich werde genauso wenig noch einen Physik-Nobelpreis bekommen wie z.B. Kevin Vogt den Ballon d’or.
Bitte hier das z.B. besonders beachten. Nach dem Spiel gab es großen Ärger bei Peter Stöger weil das Kölner Publikum gestern nicht zimperlich mit Kevin Vogt umgegangen sein soll. Ich habe das aus der Ferne nicht wirklich mitbekommen aber wenn Peter Stöger das sagt, dann wird das wohl auch so sein. Ich denke dass Vogt einfach den Frust der Kölner Fussballfans am besten verkörpert. Er ist ein technisch limitierter Spieler, der für das eigentliche Spiel keine Relevanz hat. Das meine ich noch nicht einmal böse, das ist einfach so. Wenn ich mir aus den historischen effzeh-Mannschaften einen Vergleich heraussuchen müsste, dann wäre es wohl am ehesten Thomas Cichon, der den Ball auch nicht als erstes in sein neues Freunde-Poesiealbum hat schreiben lassen. Kevin Vogt steht für diesen Minimalansatz, diesen kleinsten gemeinsamen Nenner im Fußball. Und genau da liegt der Hund begraben. Es ist unser Anspruchsdenken, dass uns an ihm verzweifeln lässt. Wir erwarten ein besseres Spiel als vor anderthalb Jahren. Wir erwarten etwas, was der effzeh aktuell einfach noch gar nicht leisten kann. Ich nehme mich da kein bisschen aus, denn auch ich benutze Kevin Vogt oft als Katalysator.
Ist das unfair? Ja. Hundertprozent.
Gestern hatte nicht nur Vogt den ein oder anderen Wackler in seinen Aktion. Yannick Gerhardt hatte einen ziemlich schlechten Tag und über Bittencourt müssen wir eh gleich noch ausführlich reden. Dazu kommt die eklatante Abschlußschwäche, die uns am Ende mehr ärgern müsste als die paar Fehler bzw. Ungenauigkeiten im Spiel von Vogt. Das ist aber nicht der Fall, weil es psychologisch einfacher ist über Vogt zu motzen als über Modeste.
In der zweiten Halbzeit verwaltet Leverkusen das Spiel mehr als dass sie aktiv an diesem teilnehmen. Klar, ab und zu wird der Ball noch in Halbkontern über die Mittellinie getragen und die Ballsicherheit ist auch eine andere als die des effzehs aber letztlich war es eine sehr bürokratische Halbzeit von Bayer 04. Das ist aber natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass der effzeh das Tor nicht trifft. Modeste, Zoller, Bittencourt, Modeste (again) und Hartel hatten wunderbare Einschussmöglichkeiten, die aber allesamt ungenutzt in der Müngersdorfer Abenddämmerung verglühten. Fällt in einer Situation das Anschlusstor, muss Leverkusen reagieren und sie machten -so ab der 70. Minute- nicht unbedingt den Eindruck, dass da noch viel Tiger im Tank war. Das wäre eine hochinteressante Situation gewesen aber leider war es wieder mal unsere schlechte Chancenverwertung, die dies verhinderte.
Auch hier können wie den Bogen zur Gesamt-Saison schlagen: Wir brauchen viel zu viele Anläufe um ein Tor zu schließen. Leider ist auch das einfach eine Qualitätsfrage. Mit Robert Lewandowski vorne drin, wäre der effzeh dem Abstiegsstrudel wahrscheinlich längst entkommen. Aber das ist ja genauso klar wie die oben erwähnten Qualitätsunterschiede. Wir müssen mit den Spielern arbeiten, die man als mittelmäßiger bis unterdurchschnittlicher Bundesligist bekommen kann. Das ist kein Vorwurf, das ist einfach eine Situationsbeschreibung. Und auch wenn die Rückrunde unter den Erwartungen bleibt, so ist das Gesamtpaket, dass der 1.FC Köln in Personalfragen dieses Jahr geschnürt hat, ja durchaus gut. Also den beschriebenen Umständen entsprechend. Dass es dann aber am Ende gegen einen Gegner wie Leverkusen nicht reicht, damit müssen wir ohne Groll umgehen. Das ist eben so.
Noch.
Viel schlimmer als die Niederlage wiegt die rote Karte für Leonardo Bittencourt, der in der Nachspielzeit zur Hans-Peter Briegel-Gedächtnisgrätsche ansetzt und wie weiland die Walz von der Pfalz ohne Rücksicht auf Knochen, Sehnen, Sprunggelenke und geistige Gesundheit Admir Mehmedi wegremmelt und dafür sogar zu recht rot sieht. In Echtzeit hab ich die Entscheidung noch für falsch gehalten aber in der Zeitlupe ist das schon ein Foul der Güteklasse A. Das A steht in diesem Fall übrigens für Idiot.
Jetzt mal ehrlich, 0:2 hinten, 94. Minute, da muss ich mehr Disziplin haben, als so eine Grätsche auszupacken und damit den Einsatz für die kommenden Spiele zu gefährden. Das geht nicht. Auch wenn er jetzt vom Verein in Schutz genommen wird, was nach Außen hin sicher richtig ist, muss man intern mit ihm reden und es ihm klipp und klar sagen: Junge, mach das nicht nochmal. Wir brauchen dich, wir haben eine Personaldecke, die Ausfälle und Sperren nur in einem sehr begrenzten Rahmen verkraften kann, da darf das nicht passieren. Ich denke dass Schmadtke und Stöger auch für diese Situation die richtigen Leute sind aber mich hat es dann doch schon sehr geärgert.
Mal abwarten ob Mladenovic nachträglich auch noch eine Sperre bekommt, weil er sich auf ein Handgemenge mit Wendell eingelassen hat und ein Schwinger deutlich im TV erkennbar war aber von Gräfe nicht bewertet wurde. Da kann das Sportgericht gleich weitertagen, vielleicht sollten sie eine Außenstelle in Köln aufmachen.
Aber egal, damit müssen wir jetzt auch leben, das Spiel gestern hat das nicht entschieden.
Der effzeh geht die Bundesligastufen zwar kontinuierlich hoch aber wie es in einem alten Haus so üblich ist kann es auch mal passieren, dass eine Stufe locker oder morsch ist. Da kracht man dann schon mal wieder ein paar Meter nach unten und sitzt auf dem Popo. Wichtig ist dann aber, dass man diese lockere Stufe nicht ignoriert und versucht einfach mit einem großen Schritt zwei Stufen auf einmal zu nehmen, sondern dass man sich so schnell als möglich in den Baumarkt aufmacht und mit der Reparatur anfängt.
jippi jaja jippi jippi yeah
Und so finden wir uns nach dem 29. Spieltag immer noch mitten drin im Abstiegskampf. 6 bzw. 7 Punkte Abstand haben wir noch aber wir spielen auch noch genau gegen de Kandidaten, die da unten drin stecken. Darmstadt, Augsburg, Bremen. Drei, besser vier Punkte müssen noch her, damit wir wirklich auch nächstes Jahr erste Liga spielen.
Glaube ich daran? Ja klar!
Bin ich mir sicher? Naja, es ist immer noch der effzeh, ne?
Am besten holen wir nächste Woche in Mainz einfach einen Dreier, dann ist mir schon viel wohler.
Jaja, es ist ja gut. Ich hab’s gehört. Das Doppelfass fehlt mir ja genauso wie Euch. Okay, dann machen wir halt eben noch mal eins. Weil Enzo zu faul ist und lieber im Garten einen Pizzaofen zusammenbastelt, habe ich mir Ersatz besorgt. Basti vom Eintracht-Podcast ließ es sich die Gelegenheit zu fluchen, zu schimpfen und Werbung für den Fanclub Nationalmannschaft zu machen nicht nehmen. Dafür gibt es nicht einen neuen Schalke-Witz. Sorry. Aber wir besprechen natürlich alle Bundesliga-Spiele des Wochenendes mit dem nötigen kritischen Ernst und lassen es uns auch nicht nehmen ein oder zwei Mal die Kurve nicht zu kriegen.
Nebenbei erfinden wir das erfolgreichste Show-Format des kommenden TV-Jahres und verscherzen uns es sonst auch mit allen anderen. Nix neues also.
Viel Spaß beim hören und vergesst nicht die 99 Cent zu zahlen. Ansonsten gibt es nämlich keinen Glaskuchen für Euch beim Nicht-Abstiegsgrillen!
Nach längerer Zeit mal wieder ein neuer Bockcast. Martin, Mirko und Peter diskutieren mit mir über die vergangenen Spiele, das gestrige Hoffenheim-Spiel, Ungerechtigkeiten und fehlende Cleverness. Natürlich streiten wir auch vortrefflich über das Gegentor in Hoffenheim und über den Fair Play-Gedanken.
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Es läuft die 90. Spielminute in Hoffenheim. Wieder hat die Innenverteidigung um den glänzenden Dominic Maroh einen Ball aus dem rechten Halbfeld abgewehrt, Klünter treibt den Ball für den effzeh nach vorne, hat den Kopf aber nicht oben, macht das Spiel nicht breit und wechselt die Seite, sondern stolpert im Lauf in den Ball, der dadurch zu weit vom Fuß springt. Er hechtet dem Spielgerät hinterher und ich fange an zu toben, wie schlecht das gerade gespielt war.
Da! Der Hoffenheimer Eduardo Vargas kommt minimal später an den Ball als Klünter, der den Kontakt mit Vargas zieht aber Deniz Aytekin lässt weiterlaufen. Ich stehe mittlerweile vor dem Fernseher und habe die Hände krampfhaft in den Haaren vergraben.
Andrej Kramaric bekommt auf links freies Geleit von Risse, passt oder schießt den Ball in den Fünfmeterraum, wo Timo Horn zur Seite abwehrt. Ich kann nicht hingucken. Ich sehe es nicht so höre es nur. Volland steht richtig und schießt zum 1:1 ein. Ich drehe mich um und gehe aus dem Zimmer. Ich muss kurz an die frische Luft. Es schreit in mir.
Auch nach soundsoviel Jahren immer gleichen effzeh-Versagens ist so ein Gegentor in letzter Minute, ein so unnötiges und dummes Gegentor ein Stich ins Herz. Ich möchte losbrüllen aber das Patenkind ist eben erst ins Bett gegangen und ich will es nicht wecken. Ich gucke in den verwaisten Garten. Hinten links wippt ein halb-abgebauter Schirmständer traurig im Wind. Die Dämmerung setzt ein und es ist nicht mehr so richtig warm. Der 1.FC Köln spielt unentschieden gegen Hoffenheim und wenn in genau diesem Moment eine feindliche gesinnte Alien-Rasse die erste Stufe ihres Plans die Menschheit zu versklaven in Angriff genommen hätte, ich hätte es hingenommen. Ich trinke mein Bier aus, setze mich auf die letzte Kellerstufe und versuche mir im Gegenwind eine Zigarette anzuzünden.
Sunny days, where have you gone?
Ich weiß nicht ob Ihr es rauslesen könnt aber ich bin frustriert. Warum passiert uns sowas? Warum muss der 1.FC Köln immer das ganz große Drama auspacken? Warum beherrschen wir den Gegner 89 Minuten lang um dann in der einen Szene, die alles entscheidet, auf Kollektiv-Blackout umzuschalten und uns so um die Früchte der Arbeit zu bringen? Warum?
Where did the blue sky go?
Ich will das Spiel nicht nacherzählen, das kann der Kicker machen, aber es ist wieder das alte Lied: Der letzte Paß kommt nicht an, die Flanken / Ecken / Standards sind von bescheidener Qualität und wenn dann mal eine Großchance da ist, wird diese versemmelt. Modeste, Bittencourt, Risse. Es tut weh. Dabei spielt der effzeh ja eigentlich eine gute Partie, die Räume werden sehr gut zugemacht, die Ketten verschieben sehr flexibel, das Spiel nach vorne ist durchaus schnell und ansehnlich über die Flügel, die Zweikampfführung ist komplett in Ordnung und bis 20 Meter vor dem Tor sind sogar die Paßquoten einigermaßen zu gebrauchen. Zudem sieht es durchdacht und planvoll aus. Als dann dieser eine Ball in die Mitte durchkommt und Simon Zoller unbedrängt einschieben kann, sieht es so aus als würde der bis dahin starke Auftritt belohnt werden. Mir wurde der effzeh in der Folgezeit zwar etwas zu passiv aber durch die Verdichtung der beiden Ketten 30-20 Meter vor dem eigenen Tor war noch weniger Platz für die Hoffenheimer da gefährliche Situation zu kreieren. Ein Bein war immer dazwischen und so gab es bis auf einen Schuss von Volland über das Tor nichts, was den Blutdruck in gefährliche Regionen steigen ließ. Die 90. Minute läuft. Klünter hat den Ball…
Even when the sun is shinning I can’t avoid the lightning.
Und jetzt brechen alle Dämme. Klünter liegt verletzt in der Hoffenheimer Hälfte, die Hoffenheimer spielen weiter. Aytekin unterbricht nicht.
Dann muss man eben weiterspielen, Herrgott!
Solange der Schiedsrichter nicht pfeift, solange der Ball nicht im Aus ist, musst du deine Augen und dein Hirn auf den Platz richten, lieber 1.FC Köln-Bundesligaprofi. Da kann ich nicht den Arm heben und mich gleichzeitig an der Außenlinie überlaufen lassen. Es ist zum heulen. Und, mal ganz ehrlich: Natürlich spielt Hoffenheim da weiter, wenn Aytekin nicht pfeift. Ich würde auch sagen, dass man durchaus Foul an Klünter pfeifen kann (vor allen Dingen weil Aytekin bis dahin eine körperlose Linie pfiff und jeden Puster, jeden Kampf um den Ball abpfiff) aber man muss es auch nicht zwingend. Klünter ist in der Superzeitlupe eine 1/10 Sekunde schneller am Ball als Vargas, der durchzieht und den Ball mehr trifft als seinen Gegenspieler. Kann man so oder so sehen, ist aber in meinen Augen nicht mehr als eine “kann man, muss man aber nicht”-Geschichte. Dass die Hoffenheimer dafür in den 90. Minute einen Angriff auf halbem Weg abbrechen sollen ist Quatsch. Stellt Euch mal vor der effzeh liegt im Heimspiel 0:1 gegen Leverkusen zurück, hat den Ball in der 90. Minute erobert und läuft auf die vielleicht letzte Chance im Spiel zu und dann wird der Ball ins Aus gespielt, weil Kruse orientierungslos im Gras liegt. Was wär denn da los in Müngersdorf? Ich bitte Euch. Da gibt es keine Vorwürfe in Richtung SAP.
Mich hat im Nachgang nur sehr geärgert, dass von effzeh-fremden Twitter-Accounts eine “selbst-schuld-wenn man Darmstadt-Methoden anwendet”-Meinung verbreitet wurde, die ich als sehr anmaßend und zudem sachlich falsch empfand. Aber Twitter und Fußball ist sowieso ein Thema für einen anderen (sehr, sehr häßlich werdenden) Text. Hätte ich zudem Zeitpunkt einen Kaugummi im Mund gehabt, mein Monitor wäre nachhaltig verstört in den Ruhezustand gegangen. So blieb es bei wilden Flüchen.
Aber egal.
Wollen wir auch noch auf den nicht gegeben Elfmeter reden? Ja? Nee, oder? Das Handspiel hat jeder gesehen, muss Aytekin pfeifen, war aber ja erst der siebenhundertdreiundzwanzigste Elfer den wir diese Saison nicht bekommen haben, von daher habe ich noch Hoffnung, dass sich das im Verlauf der Saison ausgleicht.
Nein, das Thema langweilt mich nur noch. Das Spiel verschenken nur wir. Klünter darf nicht den Ball verspringen lassen, muss eigentlich den Ball schon lange losgeworden sein, darf nie in den Zweikampf gehen und in der Rückwärtsbewegung dürfen wir uns nie so überrumpeln lassen. Es ist eine Fehlerkette, die mit dem unglücklichen Abklatscher von Horn endet und uns um drei Punkte bringt, die mich ruhiger hätten schlafen lassen, denn, ich wiederhole mich: Sechs Punkte in sechs Spielen sind kein uneinholbarer Vorsprung. Ich denke auch, dass uns noch drei Punkte gelingen werden und dass wir die Klasse halten werden aber muss es denn wirklich immer Drama sein, effzeh?
Warum schenkst Du uns nie Frieden? Warum?
I get the strangest feeling you belong.
Nächste Woche geht es gegen Leverkusen und ich freue mich auf das Spiel wie auf einen Termin beim Gastrologen.
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