Als der Abend in die Nacht überging, der Morgen zwar noch nicht graute aber das letzte Tageslicht lange seinen Weg über den Atlantik angetreten hatte, standen wir in einer Mischung aus Klein Köln und Venuscellar in Berlin, tranken einen Absacker und fluchten weiter vor uns hin, ob der Ungerechtigkeit der Welt, dem Elend des Daseins und überhaupt. Plötzlich und ohne Vorwarnung spielt der “DJ” ein Lied von Frida Gold (zugegeben, ich musste das googlen) und Silkes Risse-Trikot überstrahlte die Tanzfläche. “Wovon sollen wir träumen” schallte es aus den Boxen und dieses Bild eines effzeh-Trikots mit diesem Liedtext im Hintergrund hat sich sofort eingebrannt. Ja, verdammt, wovon sollen wir träumen? Ich weiss es doch auch nicht.
Die erste Niederlage der Saison kommt in Berlin. Nicht ganz unerwartet (Ibišević!), nicht ganz unverdient, dennoch unnötig, am Ende unglücklich und trotzdem ohne Schrecken und Qual, denn zum einen ist der Druck jetzt erstmal weg, zum anderen trat der effzeh nicht wie eine Mannschaft auf, der ich es nicht bis zur letzten Minute zugetraut hätte das Ding noch drehen zu können. Zu gewaltig ist im Moment das Vertrauen in dieses Team, als dass ich jetzt in einen Grumpy-Mode verfallen könnte, weil mal nicht alles 100% funktioniert hat. Das gehört bei einer generischen Mittelfeldmannschaft wie dem 1.FC Köln halt auch mal dazu.
Dennoch ärgert man sich ja. Hoffentlich ist das im allgemeinen Tenor noch nicht verboten. Dass Mitchell Weiser den Ball vor dem 1:0 mit der Hand mitnahm, dass der Schiedsrichter pfiff, als käme er vom Basketball, nur vor eben jenem 1:0 im Mittelfeld weiterlaufen liess, dass Simon Zoller nur den Pfosten traf, dass Rudnevs in der letzten Sekunde wegen nichts und wieder nichts zurückgepfiffen wurde, dass die Hertha das kleinliche Gepfeife zu spektakulärem Bodenturnen nutzte, dass vor dem 2:1 ein unnötiges Foul passierte (oder wenigstens gepfiffen wurde), dass die Zuordnung nicht immer gestimmt hat, dass die Ball- und Pass-Sicherheit nicht da war… hab ich was vergessen? Natürlich ärgert mich das bis zum-geht-nicht-mehr, ist doch klar.
Aber deswegen bin ich ja noch lange nicht unzufrieden. Auch wenn es ein Spiel war, dass eher untypisch für den 1.FC Köln der Saison 2016/17 (bisher) war. Von Beginn an stimmte irgendetwas nicht. Für mich sah es so aus, als seien die Zuspiele nicht mit der letzten Sorgfalt ausgespielt worden, man kam nicht in die Zweikämpfe (auch weil wirklich jeder Zweikampf abgepfiffen wurde), die Hertha hatte zehn Meter vor der Mittellinie zu viel Platz und konnte dadurch immer wieder gut auf die Aussen verlagern und die Zuordnung bzw. die Übergabe in der Rückwärtsbewegung war auch nicht immer flüssig. Es ist also nicht so, dass wir uns jetzt auf Schiedsrichter-Schelte einstellen sollten (auch wenn das sicherlich nie falsch ist, bei so vielen Fehlentscheidungen, die wir noch gut haben), sondern müssen uns eingestehen, dass das Spiel, vom reinen Leistungsstandpunkt aus betrachtet gar nicht unverdient verloren ging. Mir kam Berlin immer einen Ticken bissiger, genauer und cleverer vor. Vielleicht ist der letzte Punkt der entscheidende. Es war ja nicht so, dass Hertha ein Feuerwerk abbrannte aber sie nutzen halt die kleinliche Linie des Schiris geschickt aus und waren im richtigen Moment zur Stelle, waren einen Deut wacher und schneller im Kopf als der effzeh und schossen halt die Tore.
Doch und jetzt kommen wir auf die Gesamtsitaution zu sprechen, der effzeh ist aktuell nie geschlagen. Es gibt keine hängenden Schultern, es wird versucht das, was am Tag auf dem Platz vielleicht fehlt, mit Einstellung und Willen auszugleichen. Das imponiert mir selbst in der Niederlage. Dass eine gute Aktion immer kommen kann auch wenn es aus dem Nichts ist. Dass man als Gegner nie sicher sein kann, dass das Team von Peter Stöger nicht doch noch einen Weg findet, dir den Tag zu versauen und du deshalb immer und bis zur letzten Sekunde aufmerksam bleiben musst. Diese Erkenntnis, dass uns (im Moment jedenfalls) eigentlich nichts kaputt machen kann, die ist in der Niederlage eigentlich noch ein Stück weit beruhigender als nach einem 3:0 zu Hause.
Und so geht man dann aus dem Spiel, ärgert sich zwar aber guckt nach Vorne. Man lamentiert nur kurz um dann zu sagen: Joa, war halt so, heute, nächste Woche wird es wieder besser und wir werden daraus lernen.
Das ist ja auch so ein Punkt: Ich habe absolutes Vertrauen in die Lernwilligkeit der Mannschaft. Ich glaube fest daran, dass Fehler, seinen sie nun taktischer oder spieltechnischer Natur, sich nicht sonderlich oft wiederholen werden, weil wir dazu genau den richtigen Trainer haben. Weil sowohl Peter Stöger als auch das Team sich nicht mit Niederlagen abfinden will. Ich spüre in jedem Interview, in jedem Statement nach dem Spiel die Enttäuschung. Nicht mal so sehr über das Ergebnis, Niederlagen passieren nun mal, nein, über die eigene Leistung, die fast schon überkritisch analysiert wird. Man spürt die Lust der Jungs auf Erfolg, auf Siege, auf Tore.
Lasst uns das Spiel einfach als gegeben hinnehmen, lasst es uns auf die launigen Götter schieben oder auf ein oder zwei komische Schiedsrichter-Entscheidungen, lasst uns als Fans es vergessen aber die Mannschaft wird auch aus diesem Spiel ihre Lehren ziehen, wird es mitnehmen in die weitere Saison, wird durch diese Niederlage besser werden. Davon bin ich fest überzeugt.
Nächsten Sonntag kommt der HSV nach Müngersdorf und eigentlich, wenn man beide Mannschaften vergleicht, darf es keine Diskussionen um den Favoritenanspruch geben. Der HSV präsentiert sich diese Saison wieder mal wie der weidwunde Club der letzten Jahre, was ich aufgrund der Transferpolitik, der unsäglichen Arroganz vor der Saison (sowohl von Club- als auch von Fanseite) und dem Gesamtkonstrukt Kühne/HSV ziemlich lustig finde. Hoffentlich ballert der effzeh die weg wie nichts gutes.
Hoffentlich…
Das war es mit dem sportlichen, eine kleine Randnotiz noch: Ich war zum ersten Mal im Olympiastadion und fand es schrecklich. Davon ab, dass der Biergarten ganz nett war, auch wenn das Bier an sich eher nicht so gut schmeckte, war das Stadionerlebnis selbst eher doof. Der Einlass dauerte ewig, weil es zwar Eingänge ohne Ende gab aber nur zwei Abtaster, so dass sich ein Rückstau bis kurz vor Schloss Sanssouci bildete. Mann, Mann, Mann. Muss das denn sein? Eine Viertelstunde vor Anpfiff sah das Olympiastadion aus als würde gleich ein Leichtathletik-Sportfest stattfinden und der Veranstalter hätte vergessen die Freikarten an die Schulen zu schicken.
Achja: Von der Heimkurve hört man genau gar nichts. Hier muss ich nicht unbedingt wieder hin aber es wird sich wohl nicht vermeiden lassen, denn der DFB wird wegen mir seine Pokalfinal-Verträge nicht bearbeiten, nehme ich an. (Dieser Satz wurde 32 Stunden vor dem Zweitrunden-Spiel des 1.FC Köln gegen Hoffenheim geschrieben)
Und so bleibt von der Eingangsfrage eigentlich nur eine Antwort: Wir müssen gar nicht träumen, der effzeh macht das schon. Danke, Frieda Gold, war nett gemeint.
Gestern bekam ich mal wieder Post von einem Bockcast-Hörer. Das passiert nicht sonderlich häufig aber ab und an mal. Diesmal war es sogar eine sehr nette eMail mit viel Lob und dem Wunsch, dass der Bockcast eigentlich täglich kommen sollte (was ich für eine herausragend gute Idee halte aber leider, solange Westlotto mir weiterhin beharrlich den Jackpot verweigert, nicht umsetzen kann). So weit, so gut, ich hab mich gefreut, denn Rückmeldungen sind für einen Blog das Salz in der Suppe, die Währung, der Applaus auf der Bühne. Am Ende fragt mich der Hörer, warum ich denn nicht mal ein paar O-Töne in den Podcast einbaue? Vielleicht mal ein paar Sätze von Peter Stöger auf der Pressekonferenz oder ein Spieler-Statement. Er war nicht der erste, der das fragte. Sowohl bei Diskussionen im echten Leben über den Podcast als auch über Twitter und Kommentare kommt es ab und an zu der Frage. Mach doch mal was mit… Der Millernton hatte letztens Rettig da, wär das nicht mal was für Dich… So Sachen halt.
Jap. Würde ich furchtbar gerne machen aber ich darf es leider nicht. Der 1.FC Köln erlaubt es mir leider nicht. Ich bin kein Journalist, ich verdiene mit dem Blog nicht mein Geld, bin nicht in einem Journalisten-Verband Mitglied, habe keinen Presseausweis und daher auch nicht die Möglichkeit an Pressekonferenzen teilzunehmen, Spieler zu interviewen oder im Stadion sonst wie “aktiv” zu werden. Das ist zu respektieren, denn der Fußball zieht halt eine Menge Interesse auf sich und die Kapazitäten sind begrenzt und das Argument “da könnte ja jeder kommen” stimmt ein bisschen. Die erste Fußball-Bundesliga kannste nicht wirklich mit z.B. einer Baseball-EM vergleichen.
Glaubt mir, ich versuche es jedes Jahr aber die Ablehnungs-Antworten werden auch von Jahr zu Jahr genervter. Ist mehr ein Spaß für mich um zu sehen, wie der effzeh reagiert. In Deutschland ist es eben so, dass nur “echte Journalisten” in den inneren Kreis der Berichterstatter kommen dürfen und damit ist es halt so. Ich bin da weder sauer drüber, noch mach ich dem effzeh einen Vorwurf, ich wollte es nur mal schreiben, damit die Hörer (und Leser) wissen, warum ich manches nicht machen kann und darf.
[Update] Thorsten Poppeschreibt mir auf Twitter, dass ich doch den Content der z.B. Pressekonferenzen von fctv nehmen könnte, also das Audio aufnehmen und einbauen. Sicher eine gute Idee aber das Bild- und Tonmaterial unterliegt lt. Homepage dem Copyright des 1.FC Köln und ist damit für mich nicht “so ohne weiteres” zu verwenden. Thorsten schlägt vor den effzeh zu fragen ob ich das denn benutzen dürfte. Könnte ich machen, mach ich aber nicht. Ich möchte kurz erklären warum: Der effzeh macht mir mit seinen Antworten zu meinen Anfragen sehr, sehr deutlich, dass er keinen Wert auf mich und meine Berichterstattung legt. Das ist noch nicht mal sonderlich verklausuliert geschrieben und nicht interpretationsfähig. Natürlich kann und werde ich die Antworten hier nicht wiedergeben aber glaubt mir einfach mal, dass ich alt genug bin zu verstehen, wenn ich einen Korb kriege. Das ist ja auch okay, wie oben geschrieben bin ich nicht gekränkt oder irgendwas in der Art aber auf der anderen Seite möchte ich mich dann auch nicht demütiger machen als unbedingt nötig und bettelnd vor dem 1.FC Köln im Staub zu kriechen. So wichtig isses dann auch nicht. Unabhängig davon, dass mich eine positive Rückantwort mehr als erstaunen würde 🙂
Nein, ich schrieb es eben auf Twitter und jetzt hier nochmal: Entweder der effzeh will meinen Content und hilft mir dabei ihn besser zu machen oder er will ihn nicht. Die Frage ist relativ schnell beantwortet und damit ist es halt so. Ich hoffe die Bockcasts machen aber auch ohne O-Töne Spaß, denn schließlich ist ja das der Sinn und Zweck des Ganzen hier: Spaß.
Eimol no Peking un eimol Hawai
Dann ens noh Sydney, für en Iwigkeit
Söke Jold en Alaska, drinke Wing en Bordeaux
Jon ze Fooss üver’t Wasser, bes Tokio
Mit ziemlicher Sicherheit wird Tommy Engel 1995 nicht an den 1.FC Köln gedacht haben, als er diese Zeilen für L.S.E. schrieb. Peking liegt ja auch gar nicht in Europa. Aber es passt ja dennoch. Gerade heute. Beim Blick auf die Tabelle kann ich doch als effzeh-Fan gar nicht anders als anfangen zu träumen. Nach Jahrzehnten des Darbens, der Nicht-enden-wollenden Demütigungen, nach Christian Dollberg und Lilian Laslandes, nach Latour, Overath, Hanutas und Liga-Spielen in Sandhausen, wie soll ich denn da ruhig bleiben, wenn ich auf diese Momentaufnahme blicke? Wie soll ich denn den Mahner geben? Nein, ich muss doch träumen, ich muss doch versuchen aus meinem eigenen zwangsneurotischen Gedankengefängnis auszubrechen und endlich wegzukommen von der Angst, dass alles den Bach runter geht. Es geht doch gar nicht anders, Herrgott.
Vor dem Spiel war es wie immer: Das ist der 1.FC Köln, es kommt der Tabellenvorletzte nach Müngersdorf, alles rechnet mit einem klaren Sieg, die Leistungen der letzten Wochen waren zu gut als dass man sich Gedanken über Punkteverluste machen sollte und ich sitze da und höre Stimmen aus einer anderen Galaxie, weit, weit entfernt: It’s a Trap! Admiral Ackbar lässt nicht locker. Er warnt und gestikuliert, er schürt die Panik und sorgt für einen trockenen Mund. Wir können dieses Spiel ja nur verlieren. Wir sind der 1.FC Köln. Wir werden einen Weg finden uns selbst in den Arsch zu treten. Auch mit Peter Stöger.
Wenn ich meinen Gemütszustand bei Anpfiff mit dem Anpfiff gegen Bayern erklärend vergleichen müsste, dann kann man sich das in etwa so vorstellen wie ein Urlaub am Strand (Bayern) gegen Scheisse schaufeln in der Hölle (Ingolstadt). Ich hatte so wenig Lust auf das Spiel. Nicht ursächlich wegen Ingolstadt (ein bisschen schon auch aber echt nur am Rande), sondern wegen der Konstellation. Nochmal: Wer kann denn damit rechnen, dass sich die Mannschaft einfach nicht um die historische Einbruchs- und Versager-Mentalität der letzten 25 Jahre kümmert? Dass sie einfach weitermachen? Dass es ihnen anscheinend egal ist? Vielleicht muss man dazu jünger sein? Vielleicht muss man seine effzeh-Seele noch nicht komplett in die Paint-it-Black-Ecke verschoben haben? Ich weiß es nicht.
“Morgen können wir beide überholen” schrieb Freund Christoph am Freitagabend in unsere WA-Selbsthilfegruppe, nachdem Dortmund und Berlin sich unentschieden trennten. Entrüstete Antworten, dass er doch bitte die Klappe halten soll, waren die Antwort. Wie kann man denn auf die Idee kommen, dass der effzeh die Vorlage der Konkurrenz nutzt? Du warst doch selbst dabei, in Essen, in Offenbach, in Bremen… Du weißt doch wie es kommt. Anscheinend ist Christoph ruhiger, weiser und schlicht nicht so verdammt pessimistisch wie ich.
Samstag saß ich zu Hause (Arbeit, Arbeit, Arbeit) und schaute ab und an auf Twitter und WhatsApp nach, wie denn die Stimmung ist. Irgendwie kam ich mir vor wie die Frauen, die ihre Männer in die Schlacht verabschiedet haben: Da gehen sie also, voller Stolz und Hoffnung und am Ende bleibt nur Bitterkeit.
Nein, ich wusste -tief in mir- dass es nicht passieren wird. Und es war okay. Ich hatte meinen Frieden mit der anstehenden Niederlage gemacht. Der Saisonstart ist ja dennoch überragend, wer hätte es denn gedacht, dass der effzeh so aus den Startlöchern kommt? Ich hatte sogar schon einen Überschrift für den Blog: “Es ist nicht alles Gol was glänzt”. Ich war ein bisschen stolz. Sicher, unausgesprochen bleibt da die Resthoffnung, dass der effzeh es vielleicht schafft mich nochmal zu überraschen aber das ist eher so ein Selbstbetrug, wie das dicke Kind dass sich die Cola light zum Big Mac mit Pommes und Mayo bestellt.
So saß ich also auf der Couch und horchte den weisen Worten von Marcus Lindemann. Zum Glück hatte ich schon zwei Liter Kaffee intus, so dass ich nicht auf der Stelle einschlief und die ersten zehn Minuten, in denen der effzeh mehr Ballbesitz hatte als in den letzten zwei Spielzeiten zusammen, einigermaßen ruhig und mit der Gelassenheit eines Pandabären (der immerhin auch weiß, dass er als Spezies am Arsch ist, sich das aber unter keinen Umständen anmerken lassen will) verfolgte. Ingolstadt stand tief, was in etwas so überraschend kam wie ein Regenschauer in Köln aber der 1.FC Köln machte das schon ganz gut. Der Ball lief flüssig, es wurden die Seiten gewechselt, man versuchte über die linke Seite Druck aufzubauen und irgendwie zum Abschluss zu kommen. Es fühlte sich an wie ein Zweitliga-Spiel unserer Mannschaft. Aber weder den Schanzern noch dem effzeh ist daraus ein Strick zu drehen, denn dass Kauczinski erstmal auf hinten-sicher-stehen-Ergebnisfußball spielen lässt ist verständlich und nachvollziehbar und dass Peter Stöger nicht von der ersten Minute an Hallodri-Hundert-Tore in die Taktik implementiert hat, dürfte auch klar gewesen sein. Es entwickelte sich also ein Geduldsspiel.
Immer noch sitze ich da und bin überzeugt dass irgendwer gleich patzt und Ingolstadt einen Konter zur Führung abschließt und danach mit elf Mann im eigenen Strafraum steht. Es lässt nicht los. Da kommt Dominique Heintz angerauscht und sieht aus als wäre er einem Sport-Goofy-Comic entlaufen. Die Arme schlackern, die weiten Schritte, die jede Sekunde einen Stolperer andeuten. Doch nichts passiert. Heintz klärt souverän und mit Übersicht, passt überlegt in die Mitte zu Lehmann, der neu aufbauen und das Spiel sortieren kann. Heintz lässt sich wieder etwas fallen (wahrscheinlich hat er ein “muah muah” in sich hineingegluckst), das Spiel geht unaufgeregt weiter.
Plötzlich und ohne Ansatz schrecke ich hoch. Lindemann eskaliert. Modeste hat den Ball in die Spitze gespielt bekommen, die Fahne des Linienrichters bleibt unten, er schießt und trifft. Aber Moment mal, das war doch Abseits. In Realgeschwindigkeit sah es so aus, als sei Modeste schon am Bistro auf der Aachener Strasse gestanden, als der Ball kam. Huch, da haben wir aber Glück gehabt. Gut, in der Zeitlupe sieht man dann, dass es etwas knapper war aber dennoch Glück, war Abseits.
Über mangelndes Fortune dürfen wir uns im Laufe des Spiel eh nicht beklagen. Dem Elfmeter für Osako (souveränst verwandelt von Modeste, muss man ja auch mal sagen) ging anscheinend eine Berührung des Balls mit dem japanischen Oberarm voraus auch wenn ich das immer noch nicht sehe. Ich hab mir die Zeitlupe bestimmt zehn Mal angeschaut und für mich kommt der Ball in dem Moment mit Osako in Berührung als dieser sich in Levels…
Exkurs: Dass Tobias Levels und Marvin Matip Bundesliga spielen ist für mich immer wieder ein Wunder. Es fühlt sich nach einer Disney/Pixar Story an, wo ein kleiner trauriger Geschirrspüler unbedingt Profi werden will aber aufgrund seines klapprigen Innenlebens von den anderen Küchengeräten (der Toaster, der Asi!) ausgelacht wird. Aber trotz aller Limitierungen, mit Herz, Leidenschaft und einer weisen alten Dunstabzugshaube als Mentor schafft er es dennoch in das Team. Das ist für mich Tobias Levels.
…reindreht und versucht den Ball mitzunehmen. Der kommt dann irgendwo im Bereich Schulter, Brust, Oberarm an aber ich sehe da kein Handspiel. Und da der Schiedsrichter dies genauso sah wie ich, beanspruche ich jetzt einfach mal, dass ich Recht habe. Basta. 2:0 für den 1.FC Köln und ich beginne wirklich, wirklich aufgeregt zu werden. Was würde passieren, wenn das wirklich passiert? Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott. Wir wären nach sieben Spieltagen mit 15 Punkten Zweiter in der Liga. Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott.
Ruhig. Noch sind 45 Minuten zu spielen, wir haben schon alles erlebt. Wisst ihr noch damals gegen…
Ja, damals. Ist noch gar nicht so lange her. Oder doch? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit dass wir uns Woche für Woche über Stümpereien auf und neben dem Platz aufgeregt haben, denn es passiert kein Einbruch. Der effzeh spielt auch in der zweiten Halbzeit sehr souverän, hat in der Person von Tony Modeste Chancen auf das dritte, vierte und fünfte Tor aber die Voodoo-Künste von Andreas, der aus purem Neid und Mißgunst Modeste keine Tore mehr gönnt, verhindern eine komfortablere Führung. Schade.
So müssen wir nochmal zittern als es in der 90. Minute einen berechtigen Elfer für den FCI gibt (nachdem ihnen 20 Minuten vorher schon ein ziemlich klarer Elfer verweigert wurde) und es die letzten drei Minuten nur noch 2:1 steht.
Ich sitze schon lange nicht mehr, sondern tigere in einem Meter Abstand vor dem Fernseher auf und ab.
Pfeif bitte. Pfeif jetzt bitte ab. Wenn wir das jetzt noch verkacken, dann war alles umsonst, da waren 90 Minuten für die Katz, denn endlich hast du mich da, wo du mich hinhaben willst, effzeh: Ich glaube an Dich. Und jetzt, wo ich es endlich drin zu haben scheine, da willst du mir von hinten das Messer in den Rücken rammen? Wie kannst du nur so grausam sein?
Warum pfeift der denn nicht ab? Und jetzt auch noch Freistoß für Ingolstadt, 2:30 Min. der Nachspielzeit sind rum, da wird der Ball abgefangen und Rudnevs ist frei durch, er muss ihn nur… oh… Rudnevs tritt in den Rasen als wolle er im schottischen Hochland einen Torfbrocken ernten. Na gut. Dann eben nicht.
Einen Wimpernschlag später pfeift Tobias Welz tatsächlich ab und ich sacke auf die Couch. Mein Herz schlägt im Hals, der 1.FC Köln hat gerade am siebten Spieltag den FC Ingolstadt bezwungen. Ich kann dieses Gefühl tatsächlich mit nichts anderem vergleichen. Diese Mischung aus Erleichterung, Glück, Freude, Vorfreude, Unglaube und Träumerei, ich kenne keinen Vergleichswert. Das ist immer noch der Fußball. Und an diesem bin ich nie satt, wenn er denn vom 1.FC Köln gespielt wird. Es ist wie die Rückkehr einer alten Liebe, die man zufällig auf der Strasse sieht. “Hey, gut siehst Du aus, immer noch, nach all den Jahren. Wollen wir nicht mal nen Kaffee trinken gehen?” Und ehe man sich versieht steht deine Zahnbürste in ihrem Bad und alles ist gut. Das ist der effzeh im Herbst 2016.
Und all die Miesepeter da draußen, die uns jetzt wieder an den Karren pinkeln wollen, weil wir so verliebt in diese Mannschaft sind, weil wir so sehnsüchtig auf diese Zeit gewartet haben, weil wir von Baku reden und von Mailand und von Madrid, die jetzt wieder vom “kölschen Größenwahn” anfangen: Sucht euch doch mal ein anderes Hobby. Jeder effzeh-Fan kann einschätzen was hier gerade passiert. Ja, es ist eine Momentaufnahme, ja wir werden höchstwahrscheinlich am Ende nicht mit der Meisterschale durch Europa reisen, wohlmöglich und gar nicht unwahrscheinlich ist es eher, dass wir mit den internationalen Plätzen am Ende gar nichts mehr zu tun haben werden. Alles okay. Aber wie das in Köln so ist, wir leben immer im Hier und Jetzt, die Vergangenheit ist nur eine Geschichte entfernt und die Zukunft ist immer rosig. Aber gelebt wird jetzt und das Jetzt ist gut. Und wer, wenn nicht wir hat sich das verdient?
Nach Baku sind es 4102 km. Über Über Magdeburg, Posen, Lodz, Lublin, Kiew, Poltawa, Donezk, Rostow am Don, Georgijewsk, Soldatskaya, Machatschkala biste ratzfatz da. Kein Ding.
Jröss mer Hamburg an d’r Elbe un die Junge en Sing Sing
Ich schriev’ d’r en Posskaat no Kölle am Rhing
Versök nit mich ze finge, ben für immer verreis
Scheck ene Breef an die Stäne, do kumm ich manchmol vorbei
Ich gucke ja eigentlich (bis auf Live-Sport und Nachrichten) kein TV mehr. Ich mag Formate wie die Reisereportagen auf ZDFinfo oder den Weltspiegel in der ARD sehr gerne aber auch da hole ich mir die Sachen aus der Mediathek, analoges TV ist in meinen Augen lange tot. Und wenn mir dann so eine Gängelung wie bei HD-Sendern vor die Nase gesetzt wird, die mir nicht erlauben will bei aufgenommenen Sendungen die Werbung vorzuspulen, naja, gut, dann gucke ich es halt nicht. Aber dennoch bin ich immer mal wieder ganz gerne in Filmen und Serien unterwegs. Und weil ich ja (besonders auf Twitter) immer wieder für meinen miesen Medien-Geschmack auf die Fresse kriege, kann ich es auch diesmal etwas ausführlicher machen und mich nicht an 140 Zeichen halten. Also, was war gut und was war schlecht in den letzten Monaten?
Fangen wir mal mit den klaren Tipps, die ich gesehen habe, an.
1.) Spotlight. Die Geschichte des Investigativ-Teams des Boston Globe (der übrigens abseits davon besonders für seine fantastischen Foto-Strecken immer einen Besuch wert ist) zum Pädophilie-Skandal im Bostoner Klerus. Wahnsinnig gut gespieltes Drama mit einem überragenden Mark Ruffalo (Die Stadt der Blinden, Shutter Island). Das Ensemble ergänzt sich wunderbar und die Geschichte wird spannend und detailverliebt erzählt. Sicher kein Wohlfühlfilm aber zurecht mit Oscars ausgezeichnet. Muss man eigentlich gesehen haben.
2.) The Short Game. The Big Short Wieder eine “wahre Geschichte” über den Immobiliencrash in den Staaten um faule Kredite und größenwahnsinnige Bänker. Ebenfalls gut gespielt, nicht mit der gleichen Intensität wie Spotlight aber immer noch gut. Kann man machen. (Frank weist im Kommentar auf den Fehler im Titel hin, ja klar, The Big Short. “The Short Game” ist eine Netflix-Doku über golfende Kinder – und deren Eltern. Geht so. Danke, Trainer!)
3.) The Night of (Serie). Großes Fernsehen von HBO. Nasir will auf ne Party, verfährt sich im gestohlenen Taxi seines Vaters, lernt Mädchen kennen, besäuft und verdrogt sich mit ihr, am Ende ist sie tot und Nasir flieht. Was ist passiert? Hat er sie umgebracht? Wurde er reingelegt? War er einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort? Die Story entwickelt sich auf sehr verschiedenen Ebenen, es geht natürlich um den Mord aber es geht auch um die Gesellschaft, um Rehabilitation um Budgetzwänge, um Politik, um Alltagsrassismus und um Vertrauen. Die Serie hat mich von der ersten Minute abgeholt, sie beweist, dass es nicht um Effekte im Fernsehen geht, sondern immer noch um gutes Geschichten-erzählen (auch wenn das Budget nicht klein war). Ganz fantastisch spielt John Turturro hier einen Small-Time Strafverteidiger, der sich plötzlich einem System gegenüber sieht, das er lange Zeit als gottgegeben hingenommen hat. Außerdem hat er Ausschlag an den Füßen. Und ‘ne Katzenallergie. Um diese kleinen Hints zu verstehen und einzuordnen um das Unangepasste zu erleben, solltet ihr euch die 8 Folgen je ca. 1 Stunde wirklich anschauen. Groß. Hat er sie umgebracht? Wer weiß…
4.) Ash vs Evil Dead, Staffel 1. Trash- Splatter- Horror- Comedy mit unser aller Lieblingskettensäge Ash Williams, der wieder einmal gegen das pure Böse ran muss. Etwas überdreht aber mit ein paar sehr liebevollen Anspielungen auf die original Evil Dead Reihe. Wenn man dazu keinen Bezug hat wird es eventuell lang aber wenn man die alten Filme mochte, dann kann man da schon mal reinschauen. Mir hat’s Spaß gemacht.
5.) The Last Kingdom. Eine BBC-Serienadaption von Bernard Cornwells Saxon Stories. Ich habe die Bücher nicht gelesen, kann daher keinen Vergleich ziehen aber die Serie gefällt mir ausgesprochen gut. Es geht um das England im 9. Jahrhundert, unvereint, belagert und angegriffen von Dänen und der Reise Uhtreds, der als Engländer geboren von Dänen geraubt wird, dort aufgezogen wird und als junger Mann vor der Entscheidung steht wem seine Loyalität gehört. Prima Unterhaltung.
Tja und damit sind auch die Tipps schon durch, der Rest war ziemlicher Käse…
6.) Suicide Squad. Alberne Verfilmung eines düsteren und zuweilen fantastisch misanthropischen Comics. Will Smith ist noch der Lichtblick und das muss eigentlich schon ausreichen um schreiend aus dem Kino zu laufen.
7.) Star Trek Beyond. Gähn. Gäääääääähn.
8.) Ghostbusters. Schwierig weil heikel? Am Arsch. Der Film ist kacke und das hat genau gar nichts mit Gender-Driss zu tun. Alle Charaktere arbeiten völlig gegen das wofür sie stehen, die Witze sind nur als Bruahahahahaha-Dummbatz-Jokes konstruiert, vom Humor des originalen Films ist nichts übrig geblieben. Ghostbusters war damals nie Screwball auch wenn die bekanntesten Szenen natürlich dazu aufgebauscht wurden. Nein, der Film funktioniert auf keiner Ebene. Ich würde sogar soweit gehen die Protagonisten komplett unsympathisch zu nennen, was wiederum vielleicht doch ein bisschen mit der umgekehrten Rollenverteilung zu tun hat, denn man möge sich nur mal vorstellen, wie die Anti-Männer-Gags umgekehrt von den SJW gegrillt worden wären. Dass man so etwas einbaut um zu karikieren -ja, da geh ich mit. Aber einen ganz Film auf der Prämisse aufbauen? Nunja. Müssen sie selber wissen. Ich habe mich zu Tode gelangweilt.
9.) Jessica Jones (Serie). Nach 25 Minuten ausgemacht.
10.) Luke Cage (Serie). Nachdem auch in der dritten Folge wirklich gar nichts passiert ist (oder jedenfalls nichts, was man in 10 Minuten in der ersten Folge hätte erzählen können), ausgemacht. Netflix-Original-Serien sind alle ziemlich kacke. Ich hab noch keine gesehen, die mir gefallen hat. Oder hab ich da jetzt was vergessen?
11.) The Walking Dead (Serie). Ahahahahahahahahahahahahaha. Mein Geld ist auf Glenn, was bedeutet, dass er es wahrscheinlich nicht sein wird. Aber es ist auch sowas von egal. Was AMC mit diesem Stoff gemacht hat ist so unerträglich. Aber ich werde es weiter schauen, bis zum bitteren Ende, es gibt immer was zum lachen und man trollt bestimmte Leute wunderbar damit.
12.) Lethal Weapon (Serie). Nach 20 Minuten in der ersten Folge ausgemacht. Unwürdig.
13.) Westworld (Serie). Ganz frisches neues HBO-Zeugs und der Auslöser für den Artikel. Den Film kennt man, die Geschichte damit auch – Vergnügungspark mit Robotern, Fehler, Roboter töten Menschen, yadda, yadda, yadda. Aber HBO macht das ganz gut. Die Welt ist groß und macht keinen billigen “wir müssen auf das Budget achten”-AMC Eindruck, die Ebenen scheinen vielschichtig zu sein, die Protagonisten sind (bisher – 2 Folgen sind gelaufen) gut gezeichnet und ich bin wirklich gespannt wie es weiter geht. Noch nicht ganz Game of Thrones Niveau (ja, ich gestehe, ich mag die Serie wirklich gern) aber ein guter Start.
Vergessen:
14.) Into the Badlands (Serie). Amazon und AMC (mal wieder) mit einer launigen Post-Apokalypsen-Show, die irgendwo zwischen Südstaaten-Sklavenhalter-Romantik und Dystopie ansetzt und mich eigentlich ganz gut unterhalten hat. Wie immer bei AMC-Serien ist die un-authentische Sprache ein großes Problem, die Figuren reden beim Köpfe-abschneiden als würden sie Tee bestellen, weil man ja nicht fluchen darf und möglichst auch den wiedergeborenen-Christen-Hausfrauen aus dem Bible Belt gefallen will. Das macht es zuweilen unfreiwillig komisch aber das kennen wir von AMC ja schon… ich sach nur… nee, ich sachs nicht… Egal, kann man gucken, ist ein bisschen Martial Arts und Zeugs aber so richtig verlorenen Zeit isses nicht.
Auch vergessen:
15.) Stranger Things. Da haben wir ja ne Netflix-Serie die okay ist. Hat mir gefallen. Ist natürlich pures 80er Retro-Gefallen aber es war eine nette Serie. Den Überhype verstehe ich nicht ganz, weil es dann doch zwei Folgen zu lang war und ein Handlungsstrang meiner Meinung nach sehr unlogisch wirkte aber dennoch: Okay.
Mehr war aber glaube ich wirklich nicht. Nee, mir fällt jetzt nix mehr ein, kann also wenigstens keinen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Aber wer jetzt immer noch wissen will, was er denn zu gucken hat, wenn er es noch nicht getan hat, der bekommt dann hier ne All-Time-Top 10, damit der @Hollywood nicht immer nachfragen muss. Ohne Reihenfolge:
– Friday Night Lights
– Banshee
– Sons of Anarchy
– The Wire
– Sopranos
– Game of Thrones
– Black Mirror (okay, keine “echte” Serie – aber dennoch)
– It’s Always Sunny in Philadelphia
– The Night of (Ja, echt, so gut ist die)
– Justified
Nach dem wunderbaren Unentschieden in München spreche ich mit Thomas über damals und heute. Wir wissen selbst nicht so recht, wie wir mit dem Erfolg des 1.FC Köln umgehen sollen. Natürlich jammern wir ein wenig über die vergebene Chance von Simon Zoller aber -ganz ehrlich- wir halten es da mit Peter Stöger: Der Laufweg war gut, die Chance war da, isser halt dieses Mal nicht reingegangen. Gibt schlimmeres. Den HSV zum Beispiel.
Nach einer weiteren ätzenden Länderspielpause geht es jetzt gegen Ingolstadt und wir sind, völlig untypisch für effzeh-Fans, guten Mutes, dass es auch dort Punkte abzugreifen gibt. Ja, es fällt sogar das Wort Europapokal in diesem Podcast. All is lost.
Außerdem reden wir ein bisschen über die Liga, schauen auf die Mitgliederversammlung zurück und wünschen an allererster Stelle Rigobert Song eine schnelle und vollständige Genesung.
Es ist jetzt übrigens auch wieder die Zeit des Jahres wo die Server- und Abokosten für die Homepage fällig werden, wenn Ihr mich da ein bisschen unterstützen wollt, ich wäre dankbar. Das aber nur am Rande.
Leg ihn in die Mitte. Nimm den Kopf hoch. Nicht ins lange Eck. Nein. Nein. Oh so knapp.
Da läuft Simon Zoller in der 92. Minute alleine auf das Tor der Bayern zu, rechts kreuzt Modeste in den Strafraum, ich stehe vor dem TV, das Herz schlägt im Hals wie ein sehr frustrierter Klischee-Häftling auf einen Sandsack, er muss nur noch den Ball… nein… vorbei. Einen schrecklichen Augenblick später ist das Spiel vorbei, der 1.FC Köln ist auch nach sechs Spieltagen ungeschlagen, entführt beim allmächtigen FC Bayern einen Punkt und aus einem normalen Samstagnachmittag wird ein Spätsommer-Spektakel. Ein erneuter Beweis für die Klasse dieser Mannschaft, für den Willen, für die Moral, für den unendlichen Spaß, den die Truppe uns momentan bereitet. Aus den Kneipen der Stadt, egal ob es sich um einen türkischen Teesalon, eine hippe Medienleute-treffen-sich-zum-Holunderblütenschampus-trinken-Bar oder die kölsche Eckkneipe handelt, springt Henning Krautmacher auf die Strasse, die Leute haben ein Lächeln im Gesicht als sei der Alltag ganz weit weg, als ob man Urlaub machen würde vom Mief und der Tristesse. Hunde und Katzen liegen sich in den Pfoten, Eichhörnchen flitzen schnell nach Hause um die Sportschau nicht zu verpassen und sogar die KVB kommt pünktlich. Dieser Flug wird ihnen präsentiert vom ersten Fußballclub Köln. Bitte stellen sie die Rückenlehne senkrecht und klappen ihren Tisch zu. Wir heben ab.
Ja, natürlich sind die Bayern die bessere Mannschaft. In der ersten Halbzeit lassen sie den effzeh und den Ball laufen, zirkulieren um den Strafraum wie die Hunde um Ramsay Bolton, haben einen gefühlten Ballbesitz von 90%, erobern alle zweiten Bälle, laufen wieder und wieder an und sind doch so unkreativ wie ein Finanzbuchhalter, der Powerpoint-Folien erstellen soll. Jeder Angriff folgt dem gleichen Muster: Rechts raus zu Robben, der macht seinen Strafraum-Move, hat aber kein freies Schussfeld. Zurück in die Mitte zu Martinez oder Sanches, die gucken mal kurz, nee, nix frei, dann nach links, Flanke oder Ecke, alles auf Lewandowski, Heintz klärt, neuer Anlauf. Es gab im Spiel der Bayern genau gar keinen Überraschungsmoment. Wenn das also Weltspitze ist, dann ist der Fußball vielleicht sogar noch kränker als gedacht. Die Bayern verlassen sich zu 100% auf ihre überragenden Einzelkönner, spulen ihr Spiel ab wie ein langweiliges Computerspiel bei dem man den Trick wie man gewinnt schon längst raus hat, adaptieren fast gar nicht, sondern agieren rein nach Schema F. Das ist einerseits brutal gut, weil natürlich das entsprechende Personal vorhanden ist, aber anderseits ist es ein Offenbarungseid für die Liga und auch für die Bayern, denn anscheinend hat man gar keinen Plan B für Bundesliga-Spiele, weil dieser in 95% der Fälle halt gar nicht nötig ist. Gestern fiel es extrem auf, ich bin gespannt wie sich die Spiele des FCB in zwei, drei Monaten anfühlen werden.
Aber es ist nicht nur so als sei der effzeh zum Punkt in München gekommen, weil man nur Glück gehabt hat. Mitnichten. In der ersten Halbzeit, als man so massiv in die Verteidigung gedrängt wurde, dass ich nach 10 Minuten schon dachte: uhoh, das könnte ein langer Nachmittag werden, macht die Mannschaft das, was sie machen muss. Sie ist extrem nah am ballführenden Spieler, lässt keine Räume, verdichtet das Zentrum derart dass man Angst haben muss, dass ein Bayern-Spieler zu nah an das Gravitationsfeld kommt und absorbiert wird, zerstört das Spiel mit unbändigem Kampf und Willen. Teilweise war die Fünferkette eine Siebenerkette (der SKY-Experte von “Mordkommission Istanbul” sprach von einem klassischen 4-4-2, das ist alles was man zur Übertragungsqualität von SKY wissen muss – aber das ist ein Thema für einen anderen Tag) und die Prämisse war sehr simpel: Ball weg, neu stellen, Ball weg. Das mag fußball-ästhetisch nicht wunderschön sein aber es ist das Mittel, dass eine Mannschaft wie der effzeh einsetzen muss, um halbwegs anständig aus einem Spiel gegen solch einen Gegner herauszukommen. Wir können es uns nicht leisten da mitzuspielen. Das ist keine neue Erkenntnis und es ist auch kein sonderlich romantisches Statement aber am Ende des Tages (hah!) spielst du Fußball um zu gewinnen, nicht um gut auszusehen. Jedenfalls ist mir persönlich ein graupiges 1:0 mit Stockfehlern und einem Abseitstor lieber als das schönste Spiel der Welt, das 4:5 verloren geht. Ja, ich weiß auch das ist nicht die schönste Aussage aber so ist es nunmal. Ich bin Fan, ich will das mein Team punktet. Das wie ist da erstmal egal. Ich genieße auch schönen Fußball, kann mich immer und überall dafür begeistern, wenn er passiert aber wenn es um Punkte für den effzeh geht bin ich Opportunist. Nimm mit was du kriegen kannst.
Dass der effzeh aber auch noch ganz andere Qualitäten hat als das Vernichten von zarten schönes-Spiel-Seelen, zeigte sich nach dem Ausgleich als die Bayern so nervös und fahrig wirkten als hätte sie das Tor wirklich in die Magengrube getroffen. Plötzlich stand das Team von Peter Stöger 20 Meter höher im Feld, erkämpfte sich im Mittelfeld die Bälle, verlagerte immer wieder geschickt und schnell nach Außen, setze Geschwindigkeit ein und übertölperte so die -ziemlich unsortiert wirkende- Bayernabwehr fast zwei Mal. Beide Mal war es knappes Abseits allerdings auch richtig erkannt. Aber die Gelegenheit war da. Ein Schritt später, der Pass eine halbe Sekunde früher… das war schon eine richtig, richtig gute Phase, die der effzeh da hatte.
Auch hier muss man fairerweise erwähnen, dass die Bayern immer noch individuell das bessere Team waren, dass sie natürlich Chancen hatten das Spiel für sich zu entscheiden. Drei(?) Pfostenschüsse, ein fantastischer Timo Horn und die weiter unfassbar gute Kollektivleistung des effzeh verhinderten aber eine Niederlage. Wir können jetzt lang und breit über verdient bzw. glücklich debattieren, wir können es aber auch sein lassen und uns einfach an dem Punkt freuen, den so sicher niemand erwartet hat.
Nach dem 1:1 des effzeh gegen die Mannschaft aus Leipzig beruhigt sich das Netz nur schwer. Sowohl auf Twitter als auch in Foren oder anderen Blogs wird heftig über die das Spiel und die Anreise begleitenden Proteste diskutiert, mein Text zu Schalke wird weiterhin antisemitisch gelesen, die Emotionen auf beiden Seiten kochen hoch. Nachdem Matthias, der Rotebrauseblogger in seinem aktuellen Text mir dann noch einmal ganz persönlich menschenverachtende Rhetorik unterstellt hat, bin ich auf Twitter auf ihn zugegangen und habe ihm vorgeschlagen hier in aller gebotenen Länge über seinen Club und all die Begeleitumstände zu streiten.
Im Nachgang stellten wir dann fest dass wir gar nicht auf alles eingegangen sind, aber so ist das dann eben, man streitet sich über ein Thema, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen und irgendwann ist die Sendung zu Ende. Vielleicht gibt es irgendwann noch eine Fortsetzung, mal schauen.
Kommentare sind natürlich gerne gesehen.
Trotz des Themas, wie immer:
Viel Spaß beim hören und Come on effzeh!
Ich habe mir geschworen nichts über dieses monströse, zynische Marketing-Experiment zu schreiben. Jeder Satz ist verschwendet. Darum heute nur ein Symbolbild und die Erkenntnis, dass der effzeh gut gespielt hat aber der Kräfteverlust nach der englischen Woche nach der 60. Minute ziemlich deutlich wurde. Egal. Alles super. Weitermachen.
Nach der zwischenzeitlichen Tabellenführung und dem grandiosen Sieg auf Schalke wurde es wieder mal Zeit für einen Bockcast mit Martin. Wir sprechen über magische Nächte, übererfüllte Erwartungen und überforderte Gefühlswelten. Aber wir blicken nicht nur zurück, sondern schauen auch auf den kommenden spielfreien Sonntag. Nebenbei legen wir den Standard fest wie Salih Özcan ausgesprochen wird und beschwören den effzeh und REWE diese Dummheit in Form eines Dosenduells sein zu lassen. Wahrscheinlich vergebens. Außerdem gibt es ein Art Gewinnspiel.
Insgesamt sind wir ausgesprochen euphorisch, so wie sich das für die aktuelle Tabellensituation gehört.
Falls Euch gefällt was Ihr hört freue ich mich natürlich über Likes auf Facebook, Herzen und Retweets auf Twitter und ganz besonders über Rezensionen und Bewertungen auf itunes.
Wer uns unterstützen möchte, der kann das natürlich liebend gerne tun. Oben rechts im Blog gibt es einen PayPal-Button. Danke!
Ja, ich leiste jetzt schon Abbitte. In der Sommerpause war ich piefig, weil die Transfers mir nicht so richtig gepasst haben, nach dem ersten Spieltag war ich enttäuscht, weil das Spiel auch 8:0 hätte ausgehen können und ich Egoismen sah, die mir nicht gefielen aber seitdem macht die Mannschaft von Peter Stöger alles um mich als Idioten dastehen zu lassen. Und jetzt, nach dem überragenden Sieg auf Schalke, gestehe ich es mir dann auch schon ein: Ja, ich bin ein Idiot; ja, ich hatte zu wenig Vertrauen; ja, ich zweifelte zu früh an allem.
Es tut mir leid.
Obwohl, nein, eigentlich tut es mir nicht leid. Viel mehr leid würde es mir für uns alle tun, wenn ich mit meinem Pessimismus Recht behalten hätte. So ist es doch wunderbar. Der effzeh beweist mir und uns, dass es nicht die Mega-Investments braucht, wenn das Mannschaftsgefüge steht. Wenn man einen überragenden Trainer hat, der die Spieler Jahr für Jahr weiter entwickelt. Stärker macht. Wenn der Teamgeist augenscheinlich überragend ist und ein Plan verfolgt wird. Wenn man clever ist und diszipliniert. Und wenn die Rahmenbedingungen für Erfolg geschaffen werden.
Das alles macht großen Spaß. Nach der geisteskranken Tabellenführer-feier-Nacht (vielleicht sollte Henriette Reker hier über einen jährlichen Halbfeiertag nachdenken?) und dem unvermeidlichen Absturz auf Platz 4 am Wochenende (Stöger raus!) spielte der 1.FC Köln auf Schalke wieder mal ein Spiel, mit dem ich nicht gerechnet habe. Ich habe es gehofft, ich hatte auch irgendwie eine Art Grundvertrauen aber wieder hinderte mich der kleine vorsichtige Mann im Kopf nicht vollends die Nerven zu verlieren. Ich war sogar so frohen Mutes vor dem Spiel, dass ich mir einredete: Lass ein gutes Spiel machen, wir haben doch schon sieben Punkte, was soll uns passieren. Ich wollte mir meine eigene nahende Enttäuschung schön reden. Ich schloss die Realität schon vor Beginn des Spiels aus. Ist das schon klinikreif?
Aber das Team schafft es wieder mich in vollständige Verzückung zu bringen. Nach dem Rückstand, der sich irgendwie anbahnte, weil im Ballbesitz die Ruhe fehlte, viele kleine Fehler im Mittelfeld gemacht wurden und Schalke auch gar nicht schlecht spielte, zeigte der effzeh warum er einfach nicht mehr mit dem effzeh aus den Jahren vor Peter Stöger zu vergleichen ist. Die Körpersprache war eindeutig: Weiter machen, wir sind gut genug um zurück zu kommen! Keine zwei Minuten später bestätigte Osako(!) mit einem wunderschönen, strammen Schuss die These. Ausgleich, Schalke keine Zeit zum feiern geben, Konzentration hoch halten, wunderbar.
Vergleicht die Reaktion der aktuellen Kölner Mannschaft mal mit dem Spiel in Schalke aus 2011. Damals machte der effzeh auch ein gutes Spiel um nach einem skandalös unberechtigten Elfmeter völlig auseinander zu brechen. Ich war damals zwar auch noch einigermaßen optimistisch, dass sich das Team finden wird aber das wurde ja bekanntlich nichts. Nein, das sind zwei völlig unterschiedliche Konstrukte damals und heute.
Dass der effzeh dann in der zweiten Halbzeit wieder cleverer ist als ich mir das in meinen kühnsten(ha!) Träumen hätte vorstellen können, ist eine weitere Überraschung. Der Plan -wie oben schon erwähnt- steht, es wird gearbeitet, es wird intelligenter Fußball gespielt. Das muss man sich mal vorstellen, ich schreibe hier über den 1.FC Köln und intelligenten Fußball. Die Logistik-Abteilung der Hölle ordert wohl gerade panisch Jack Wolfskin-Jacken. Die Tore zum Sieg resultieren aus erschütternd einfachen Spielzügen, die die Schwächen der Schalker Hintermannschaft gnadenlos offen legen. Diese Abstände kannste dir in der Bundesliga nicht erlauben. Der effzeh sieht seine Chance und schlägt eiskalt zu. Das ist überragend gut. Das war kein blindes Anrennen, das war keine Brechstange, das war Abwarten und Gegenschlag in Perfektion. Natürlich hilft es, dass sich Schalke anstellt als seien sie der HSV und ein Timo Horn im Tor sorgt auch nicht für Unbehagen aber alles in allem war der Sieg einfach wieder einmal völlig verdient. Scheiß auf Ballbesitz, scheiß auf Ecken, scheiß auf Chancen. Effektiv hat mein Verein alles richtig gemacht und dafür gebührt ihm einfach das Lob.
Großartig, Jungs!
Nach vier Spielen stehen wir also mit 10 Punkten glänzend da (das letzte Mal, als der effzeh mit 10 Punkte nach vier Spielen startete, 1989/90, wurde man am Ende Vizemeister), hat jetzt schon einen tollen Vorsprung auf die Abstiegsplätze und, was viel wichtiger ist, sammelt Woche für Woche mehr Selbstvertrauen. Wir sind der 1.FC Köln, du musst uns erstmal schlagen!
Jaja, ich weiß, es ist noch früh, es ist gerade mal der vierte Spieltag aber man muss es sich eingestehen, man muss es klar ansprechen: Die Angst, die ich vor der Saison und nach dem Darmstadt-Spiel hatte, sie ist unbegründet. Für diese Erkenntnis reichen diese vier Spieltage schon aus.
Also, ich trete den Gang nach Canossa jetzt schon mal an. Je eher ich losgehe, umso früher bin ich da und kann mich auf die #roadtobaku konzentrieren. Ich werde nicht mehr zweifeln an Peter Stöger und Jörg Schmadtke. Es wird alles einen Sinn haben. Ich ziehe meinen Hut. Ich schäme mich sogar ein ganz klein wenig.
Doch es gibt auch betrübliche Nachrichten:
Am Sonntag kommt ein Konstrukt nach Müngersdorf, das den Fußball verachtet, das unsere Art das Spiel zu lieben mit Füßen tritt, das uns anspuckt und auslacht. Sie wollen uns vernichten, sie wollen die Welt und geben sich, wie eine alles fressende Monsterzecke, mit nichts weniger zufrieden als dem totalen Blutverlust aller anderen Wettbewerbsteilnehmer. Sollen sie kommen, ich hoffe dieser 1.FC Köln wird sie abfrühstücken, wird sie schlagen und demütigen und zurück schicken in die Klärgrube aus der sie gekrochen kamen.
[Update, 23.09.: Gestern Abend kam es zu einem Disput zwischen dem geschätzten Alexdem Rotebrauseblogger und mir auf Twitter, weil ich hier Worte gewählt habe, die man auch -ja, nachdem man mich darauf aufmerksam gemacht hat, sehe ich das auch ein- anders lesen kann als ich das gewollt habe. Das Bild der Monsterzecke habe ich mir tatsächlich von Patrick Süskind geklaut, der Jean Baptiste Grenouille als eben diesen weltenfressenden Zeck beschreibt. Nie im Leben habe ich irgendetwas antisemitisches damit implizieren wollen. Ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Bis gestern Abend eben. Da ich im folgenden Absatz Bilder aus dem Herr der Ringe verwende, die einfach nur meine Distanz zu diesem “Projekt” und eine Einteilung in “Gut” und “Böse” darstellen sollen, möchte ich unterstreichen, dass ich auch hier die Dinge überspitzt so schreibe wie ich sie sehe. Also, bitte nicht überinterpretieren, es geht hier lediglich um ein Bild, dass meine Abneigung gegen RasenBallsport Leipzig unterstreichen sollte. Nichts anderes. Keinerlei Dritte-Reich-Fantasien. Ich hoffe die Leute, die mich kennen, wissen das auch einzuordnen, es geht ja auch nie gegen die einzelnen Fans, sondern immer nur gegen den Verein oder in diesem Fall Konzern. Ich hoffe das ist damit klar gestellt. /Update]
Aber das wird schwer, denn dieser Frankenstein-Verschnitt von Bundesligist spielt halt schon ganz gut. Haben ja auch nicht wenig Geld in ihre Bluthorden investiert, die ehrlos ihren Söldnerdienst im Schatten der zwei Türme verrichten. Wir werden sehen.
Doch bis dahin sind es ja noch ein paar Tage. Wir haben Zeit genug den aktuellen Zustand zu genießen. Heute können wir gelassen sein und unnahbar, denn unser Verein steht da, wo er eigentlich zu Hause sein sollte: Oben.
Letzte Kommentare