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FC – Union Berlin: The Hitchhiker’s Guide to the Schweineliga

“Ist ja gut”, sagte Ford, “nur keine Panik.” “Wer hat denn was von Panik gesagt?” schnappte Arthur zurück. “Das ist doch bloß der Kulturschock. Wart’s ab, bis ich mich mit der Situation befreundet habe und wieder weiß, wo’s lang geht. Dann fange ich an, Panik zu kriegen.”

Nein, liebe Freunde, es ist wirklich noch nicht an der Zeit Panik zu schieben. Es ist der zweite Spieltag und noch muss einiges an unerwarteten Unfällen passieren, bevor ich meine Meinung, dass der FC sehr sicher und sehr souverän aufsteigen wird, revidiere. Da ändert dann auch das gestrige Unentschieden gegen ein zutiefst biederes Union Berlin nichts, auch wenn dieses Ergebnis natürlich nicht das war, was sich 45.000 Endorphin-überdosierte Heimfans vorgestellt hatten. Ich übrigens auch nicht. Die zweite Liga ist, man muss es so deutlich sagen, wirklich eine ganze Klasse schlechter als die Bundesliga. Gefühlt sogar noch mehr als das, weil das fußballerische Niveau fast nicht zu vergleichen ist. Die zweite Liga ist eine Schweineliga. Es ist schlechter Fußball. Es ist der Kampf einen Fünf-Meter-Paß ohne signifikante Selbstverstümmelung zu spielen. Tore fallen durch Fehler des Gegners, nicht durch eigenen Antrieb. Wenn ich vor dem Spiel höre, dass Urs Fischer “mutig mitspielen” will, dann ist das löblich und sicher ernst gemeint aber das Anlaufen gegen den ballführenden FC hätten sie sich auch sparen können, da eh kein Aufbauspiel stattgefunden hat. Vice versa übrigens genauso. Es ist Fußball aus den 80er Jahren: Bloß weg mit dem Ball. Es ist fast kein Spiel, sondern nur Kampf. Spaß macht das nicht.

Bei aller gebotenen Nonchalance müssen aber Fragen erlaubt sein. Ich verstehe Anfang nicht. Ich weiß nicht, was er vorhat, was sein Plan ist. Schon gegen Bochum waren die beiden eigenen Treffer eher glücklich und ein besserer Gegner hätte uns hinten drei oder vier eingeschenkt. Jetzt spielt der FC das erste Spiel zu Hause, es ist Montagabend, Flutlicht, volles Stadion, ein Gegner, der bereitwillig erklärt selbst Fußball-spielen zu wollen und sich nicht 90 Minuten mit zehn Mann am eigenen Strafraum einigelt und wir sehen eine Aufstellung, die mich zutiefst ratlos hinterlässt. Jonas Hector, Linksverteidiger, immerhin in der Nationalmannschaft, wird auf die Sechs beordert (was schon letzte Saison nicht immer perfekt geklappt hat) und dort völlig allein gelassen. Auf links stand mit Jannes Horn ein komplett überforderter Spieler, der (aktuell) weder das Tempo noch die Spielstärke hat, um in der zweiten Liga mitspielen zu können. Man konnte Mitleid mit ihm haben, wie er ein ums andere Mal von Hedlund oder Hartel (HARTEL, HERRGOTT!) überlaufen und stehengelassen wurde. Dafür mäandert Hector durch ein postnukleares Mittelfeld, ohne Aussicht auf andere Menschen zu treffen. The Last of Us in Müngersdorf.

Auf rechts Risse, der, stehts bemüht im Versuch den Ball nach vorne zu tragen, mehr als einmal in drei oder vier Berliner lief, die alle Zeit der Welt hatten sich zusammenzurotten, da ja nichts da war, was man im Raum decken müsste. Die vorderen vier Spieler (Clemens, Schaub, Hauptmann und Drexler) hatten anscheinend individuelle Briefings zum Spielplan erhalten, denn es sah nicht unbedingt so aus, als wüsste der eine wo der andere hin läuft. Eigentlich kam es zu keiner nennenswerten Pass-Stafette, es wurden keine Freiräume erspielt, es wurden keine Gegner gebunden, es wurde sehr, sehr stumpf versucht über die Außen nach Innen zu ziehen. Leider fehlt dafür dann die individuelle fußballerische Qualität. Besonders Drexler enttäuscht mich hier bisher sehr. Schon in Bochum fand ich ihn extrem fahrig und unkonzentriert, das hat sich gestern nahtlos fortgesetzt.

Bleibt noch Cordoba, der Dinge macht, die Cordoba eben macht. Er steht mit dem Rücken zum Tor, wird ab und an angespielt, kann den Ball aber nicht annehmen, der verspringt zum Gegner und Aus die Maus. Da ist auch null Bewegung, null Überraschungsmoment in seinem Spiel. Wenn er den Ball nicht hat, trottet er in einem Radius von maximal zehn Metern an der Strafraumkante auf und ab, lässt sich dann fallen um anspielbar zu sein, verliert den Ball wieder, weil er natürlich manngedeckt wird (es hat immer jemand Zeit, ist ja nix anderes zu tun) und dann geht das ganze von vorne los. Ich verstehe es nicht. Cordoba alleine in der Spitze kann beim besten Willen nicht funktionieren. Er ist kein Mittelstürmer. Wahrscheinlich ist er noch nicht mal ein Stürmer. Seine “Qualität” kann darin bestehen Abwehrspieler zu binden und damit Freiräume für einen Kollegen zu schaffen. Damit dies gelingen kann, braucht es aber zwei Voraussetzungen: 1. Es müsste ein weiterer Stürmer da sein und 2. müsste er eine Anspielstation 25 Meter vor dem gegnerischen Tor haben, zu dem er den Ball prallen lassen kann. Jemand, der den Ball dann annehmen und verteilen, scharf reinspielen kann. Beides ist nicht gegeben. So sieht unser Offensivspiel aus wie ein Fiebertraum von Wassily Kandinsky. Kann man mögen, ist aber schwer zu verstehen.

Und bitte, Union Berlin hat nun keinen Voetbal totaal gespielt. Es war ja nicht so, als ob uns die Berliner mit reinrassigem Kombinationsfußball Knoten in die Beine gespielt hätten. Auch auf der anderen Seite war jeder Ballbesitz ein Kampf ums pure Überleben. Tut mir leid, ich verstehe es wirklich nicht. Da hast du Koziello in deinem Team, der angedeutet hat, dass er wahrscheinlich der fußballerisch begabteste Spieler der zweiten Liga sein wird, mit Terodde jemanden auf der Bank, der nachgewiesen hat, dass er in dieser Liga alles in Grund und Boden schießen kann und machst nichts daraus. Man möge es mir erklären, ich bin überfordert. Die Wechsel sind reine Personalwechsel, wie ein Zugführer-Schichtwechsel bei der deutschen Bahn. Du hast Feierabend, ich mache weiter. Keine Umstellung, kein Versuch das Spiel mal ein wenig anders zu gestalten, kein Druck auf den Gegner ebenfalls umzustellen um die eingeübten Positionskämpfe aufzuweichen, nichts. Das ist dann schon einigermaßen enttäuschend. Spätestens ab der 60. Minute hat man erkannt, dass der FC gar nicht mehr wollte. Dass man in den reinen Verwaltungsmodus umgestiegen ist. Da war kein Feuer im Spiel, kein Willen das Publikum auf seine Seite zu bekommen, kein Interesse daran ein Ausrufezeichen zu setzen. Es war ein gelangweiltes Abarbeiten des Pflichtenhefts, während man alle zwei Minuten auf die Uhr guckt und hofft, dass schnell Feierabend ist. So hat dann auch eine Situation gereicht um den Ausgleich zu ermöglichen. Alles rechnet mit einem Freistoß, der wird nicht gepfiffen, aber geistig hat man schon abgeschaltet, die komplette Mannschaft wird übertölpelt und zehn Sekunden später steht es 1:1.

Und jetzt wird es richtig bitter: Ich habe wirklich geglaubt, dass dieses Gegentor noch einmal ein Weckruf sein wird. Es waren noch 20 Minuten zu spielen. Jetzt, hab ich gedacht, jetzt müssen sie was tun. Zu Hause, erstes Spiel, volle Hütte, die wollen nicht Unentschieden spielen. Jetzt muss sich im Spiel was tun, jetzt muss Anfang auch sehen, dass es so nicht klappt, jetzt geht’s los. Ich empfand das Gegentor zu diesem Zeitpunkt als wohltuend. Auf jetzt!

Doch dann: Nichts.

Anfang stellt nichts um, das Spiel wird weiter 08/15 angegangen. Weiterhin keine Anspielstation auf der Acht, keine Bewegung, kein Moment im Spiel. Und übrigens auch keine Wechsel. Wir brauchen zehn Minuten bis Zoller neben den früher für Cordoba gekommenen Terodde gestellt wird (auf die Clemens-Position) und nochmal sieben Minuten bis Guirassy für Hauptmann ins Spiel kommt. Da hat sich genau nichts am Spiel geändert, außer dass Zoller noch ein klein wenig ungeschickter am Ball war als Clemens. Weiterhin gähnende Leere im kreativen Bereich und der Ork-Moment war mit dem Führungstreffer von Clemens ja schon passiert.

Die letzten 20 Minuten haben mich wahrscheinlich mehr enttäuscht als alles was in der letzten Saison vorgefallen ist, denn da war man eben unterlegen und konnte sich nicht wehren. Hier hätte man durchaus Hebel gehabt, weigerte sich aber diese zu nutzen. Das war nicht schön.

Und so müssen wir feststellen: Es war ein Zweitliga-Fußballspiel. Wäre es Sandhausen gegen Heidenheim gewesen, es hätte sich niemand beschwert. Wir dürfen das auch nicht. Das ist im Moment unser Spiel. Wir müssen lernen damit zu leben.

Und, bei allem fehlenden Spaß: Es wird dennoch locker reichen. Junge, die zweite Liga ist schlecht.

Vielleicht ändert sich ja auch noch was, es ist erst der zweite Spieltag, ich schrieb es oben schon einmal. Einfach ein bisschen Mittelfeld, einen zweiten Stürmer, ein paar eingeübte Laufwege, das sollte schon reichen.

“Du meinst, das ist es?” fragte Ford. “Das ist es.” “Neun mal sechs. Zweiundvierzig.” “Das ist es. Das ist alles.”


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Bochum – FC: Schritt Eins

Der FC startet mit einem Sieg in Bochum in die ungeliebte zweite Liga, macht damit am Ende alles richtig und setzt so ein erstes Ausrufezeichen in Richtung Aufstieg, der, man muss es noch einmal betonen, da das ja vor allem in den sozialen Medien ab und an falsch verstanden wird, völlig alternativlos ist. Dieser Sieg war aber einem guten Stück auch der Unfähigkeit des Gegners geschuldet, die vielen, vielen Räume, die sich ihnen boten und die Chancen, die sich dennoch boten, zu nutzen. Bochum hatte, besonders in der ersten Hälfte, genug Möglichkeiten dem FC den Saisonstart zu verhageln aber sowohl Robbie Kruse als auch Lukas Hinterseer erwiesen sich als gute Gastgeber und wollten die Geschenke nicht anbieten, die unsere Verteidigung so freimütig anbot. Dann reicht es eben am Ende zu einem Auswärtssieg. Muss man so annehmen. Der Leistungsunterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga ist tatsächlich einigermaßen signifikant, denn, so viel ist sicher, mit der Leistung von heute hätte der FC in der Bundesliga gegen einen beliebigen Gegner nicht gewonnen. Es reicht aber eben für das Unterhaus.

Die Aufstellung von Trainer Anfang war überraschungsfrei aber dennoch mMn diskutabel. Dass Salih Özcan alleine auf de Sechs und ohne “Achter”-Unterstützung (in Person von Vincent Koziello) den Spielaufbau übernehmen sollte, war ambitioniert und leider auch nur mäßig erfolgreich. Es fehlte, wie in den letzten Jahren schon, immer wieder das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive, so dass es kaum zu einem wirklichen Aufbauspiel kam. Entweder wurde der Ball im Alleingang nach Vorne getragen oder es kam der lange Schlag auf die Außen. Ein Kombinationsspiel fand nicht statt. Ich bin nicht im Training, ich bin nicht in der Position irgendwas zu kritisieren und am Ende steht halt der Sieg, der alles Gesagte und Geschriebene obsolet macht, aber ich sehe es dennoch so, dass mir dieser rein kämpferische und simple Ansatz nicht wirklich gefällt. Zudem waren mir die Rollen von Louis Schaub und Sehrou Guirassy nicht klar. Sollte Guirassy immer wieder in die Mitte ziehen ohne dass es auf links einen einlaufenden Spieler gab? Warum? Man macht das Spiel dadurch unnötig eng und nimmt sich selbst Optionen. Und warum lief Schaub dauernd in den Laufweg von Cordoba? War er als zweite Spitze vorgesehen? Falls ja, war das reichlich wirkungslos, denn er hatte einige unglückliche Aktionen. Später übernahm Dominick Drexler mehr als einmal die Guirassy-Position, agierte aber auch eher unglücklich oder eben auf Zweit- bis Drittliganiveau. Muss sich vielleicht noch finden aber das Duo Drexler-Cordoba kann und darf nicht unsere Hoffnung auf viele Tore dieses Jahr sein. Cordoba mit drei Chancen und weiterhin keinerlei Gefahr. Dass Terodde (und Zoller) über 90 Minuten auf der Bank saßen, lässt mich ratlos zurück aber auch hier gilt: Alles egal, drei Punkte sagen, dass der FC alles richtig gemacht hat.

Ein bisschen müssen wir noch über die Defensive reden, die genau die Sollbruchstellen offenbarte, die wir erwartet haben. Auf rechts klafften teilweise eklatante Löcher, die Bochum ständig zum Durchbruch nutzen konnte. Kruse und Danilo hatten wenig Mühe Clemens und Risse zu überlaufen und bis zur Grundlinie durchzugehen oder bereits vorher in den Strafraum zu flanken. Praktisch alle Möglichkeiten des VfL ergaben sich über diese Seite. Hier hätte viel aktiver geholfen werden müssen aber dadurch dass die Sechs nur einfach besetzt und die Innenverteidigung mit Stellungsspiel beschäftigt war, war Hitzefrei auf rechts.

Über die Innenverteidigung gibt es nix zu meckern, Jorge Meré und Rafael Czichos machten wenig falsch, vor allen Dingen war das oben erwähnte Stellungsspiel bei Standards durchaus gut. Allerdings muss Anfang spätestens nach 65 Minuten Meré vom Platz nehmen, denn es war sehr deutlich, dass er Gelb-Rot gefährdet war, weil er immer mehr die Aufgaben des Ausputzers übernahm, weil bei Risse die Kräfte deutlich nachließen. Stattdessen wechselt der Trainer erstmal Jannes Horn für Özcan ein und löst damit quasi offiziell das Mittelfeldspiel komplett auf und macht dann Sekunden vor der gelb-roten Karte einen Wechsel, den ich gar nicht verstand. Hauptmann für Schaub macht für mich keinen Sinn. Spätestens da muss Sobiech ins Spiel um nachher noch eine Option zu haben im Sturm zu wechseln. So musste Sobiech dann für Guirassy ins Spiel kommen und man beraubte sich allen Plänen B, C und D. Immerhin waren noch 20 Minuten zu spielen und es gab nur noch Plan A: Hinten dicht. Ende.

Die letzte Viertelstunde musste der FC dann in doppelter Unterzahl über die Bühne bringen, denn Jhon Cordoba war völlig aufgebraucht und konnte dem Team auf dem Platz nicht mehr helfen. Mehr als einmal stützte er sich auf die Knie, ging den Bällen nicht mehr nach und konnte auch mit Bällen, die ihm in den Fuß gespielt wurden, nichts mehr anfangen. Das ist dann schon sehr ärgerlich, dass Anfang nicht mehr wechseln konnte. Naja, Bochum profitierte auch davon nicht.

Also können wir ein erstes Fazit ziehen: Etwas glücklicher Sieg (es hätte ja auch durchaus Elfmeter für Bochum geben können aber der VAR ist ja in der 2. Liga nicht dabei), Tore waren keine Zückerchen, sondern eher so Zweitliga-Magerquark (Eigentor ohne Not und Abstauber nach Torwartfehler), dazu viele Fehler im Spielaufbau, sehr fahriges Passspiel und ein einigermaßen simpler Spielplan. Aber es reicht eben und das ist alles, was zählt. Der FC ist individuell gut genug für die zweite Liga aufgestellt, das Spiel und die Automatismen werden sich im Laufe der Saison verbessern und es werden auch kreative Fortschritte kommen, da bin ich sicher. In dieser Saison zählen eh nur die Ergebnisse, was soll’s also? Sieg nehmen wir mit.

Kurzer Hinweis noch, für die, die es noch nicht über Twitter und/oder Facebook mitbekommen haben: Drüben bei effzeh.com ist der Bockcast wieder aufgetaucht und zum Comeback durfte ich mit Thomas über die anstehenden Aufgaben sprechen. Hört mal rein.

Noch 99 Punkte.
Come on effzeh!

Mir sin eins. Oder zwei. Oder drei.

Ob du wirklich richtig stehst, siehst du, wenn das Licht angeht. Ist halt doof, wenn gar kein Licht vorhanden ist, ne?

Am Ende waren es 50.000 Leute, die auf die Stadion-Vorwiese kamen um dem Saisonauftakt des vormals ruhm- und glorreichen 1.FC Köln beizuwohnen. Ein ganzes Stadion voll. Ich habe es mir gespart. Wie immer eigentlich. Ich war genau ein Mal auf einer Saisoneröffnung, das war noch am Geißbockheim, wo ein Spielchen gegen Ford Niehl auf dem Programm stand. Wir waren vielleicht zehn Minuten da, dann sind wir wieder gefahren. Eine Veranstaltung, die (für mich!) so unnötig ist wie noch eins aber eben zum modernen Fuppes dazugehört. Höhner müssen ran, Mo Torres darf nicht fehlen und Kasalla geben dann dem Schunkelvolk den Rest. Das ist ja auch okay, ist nicht mein Ding aber muss ja auch nicht, dafür gibt es genug Menschen, denen das Freude bereitet und genau dafür sind wir eben ein großer, vielfältiger Verein. Was mich aber wirklich stört, ist die Hip Hip Hurra, alles ist super, alles ist wunderbar Tonalität der Veranstaltung.

Vergessen die letzte Saison, aus dem Gehirn gelöscht, getilgt, verdrängt. Der schlechteste 1.FC Köln aller Zeiten? Muss ein finsterer Traum gewesen sein. Rechtsverteidiger? Bruche mer nit, mir sin doch der effzeh. Tore? Schießen wir dreitausend Stück, es ist doch nur die zweite Liga. Eine Saisoneröffnung zur zweiten Liga, mit einem Innenverhältnis im Verein, das mit “gespalten” noch sehr, sehr zahm umschrieben ist unter das Motto “Mir sin eins” zu stellen, zeugt schon von enormen Selbstbewusstsein des Vereins und der handelnden Personen.

Ich bin, nachdem ich die Zitate des Vorstands gelesen habe, einfach nur noch fassungslos. Mir fällt nichts, aber auch gar nichts mehr zu diesen Leuten ein.

Werner Spinner teilt mit: „Wir sind top aufgestellt, nur in der falschen Liga. Ich gehe davon aus, dass wir das schnell reparieren und aufsteigen.“

Nein, Herr Spinner. Wir sind genau da, wo wir hingehören. Wir waren in der letzten Saison der schlechteste Fußballverein in der Bundesliga. Mit weitem Abstand. Wir haben uns in Europa sportlich blamiert, wir haben uns in der Liga zum Gespött gemacht, es war ein Versagen auf ganzer Linie. Sportlich aber auch in sportpolitischen Fragen. Der geglückte Versuch des Vorstands durch gezielte Stimmenkäufe auf der letzten Mitgliederversammlung für genehme Abstimmungsergebnisse zu sorgen, der Umgang des Vorstands mit Vorstandskritikern, der Umgang der Stadionverbots-Kommission mit angeblichen Tätern, der Versuch einzelnen Mitgliedern und/oder Fanclubs durch gezielte und fein justierte Drohungen mundtot zu machen, die Tonalität gegenüber den kritischen Fans, die halbgaren Äußerungen bezüglich der Stadionfrage, es gibt tausend Sollbruchstellen beim 1.FC Köln im Juli 2018. Und der Präsident stellt sich hin und erklärt freudestrahlend: Alles gut, Leute.

Mir sin eins.

Ein paar Kölsch weiter kommt dann Toni Schumacher um die Ecke und lässt sich ebenfalls nicht lumpen: „Wir haben mit den Hamburgern beschlossen, uns den Rest vom Hals zu halten. Wir haben ein tolles Trainerteam, eine tolle sportliche Leitung, eine Klassemannschaft. Ich will Erster werden.“

Das muss man erstmal sacken lassen.

Sekunde.

Alle fertig gekotzt? Ja? Gut. Was für ein arroganter Scheißsatz. Welch Überheblichkeit. Nochmal: Schlechtester FC aller Zeiten, verdientester Absteiger in der Geschichte der Liga. Da kann man die zweite Liga auch mal mit einem anderen Habitus angehen und vielleicht erstmal abwarten. Muss man nicht, seh ich ein. Kann man aber. Ja, auch für mich gehört der 1.FC Köln qua Naturgesetz natürlich nicht in die zweite Liga. Das ist die angeborene elitäre Arroganz, die man als Fan dieses Clubs eben hat. Ob berechtigt oder nicht, sei dahingestellt, es ist eben so. Ich bin mir sicher Stuttgartern, Gladbachern, Frankfurtern und sogar Lautern-Fans geht es nicht anders. Ich bin aber eben ein Fan und darf das als Überzeichnung und als Selbstverständnis durchaus so äußern, weil es eh egal ist, was ich denke und mir auch niemand zuhört. Es ist als würde ich die Wand anschreien.

Bei Toni Schumacher liegt die Sache eine Nuance anders. Er ist immerhin Vizepräsident, er weiß, dass seine Worte zitiert werden und dass die Leute, jedenfalls die, die auf die Saisoneröffnung gehen, an seinen Lippen kleben. Er darf diesen Satz nicht sagen. Er reißt den HSV schon mal mit in die Arroganzfalle, das freut die sicherlich, er setzt die Mannschaft vor dem gottverdammten ersten Spiel einem unnötigen Druck aus und vor allen Dingen ist dieser Satz der taktisch unklugste Move seit Günther Oettinger Digital-Beauftrager wurde. Als ob die Sandhausens und Bochums dieser Welt nicht eh schon bis in die Haarspitzen motiviert wären dem “großen” 1.FC Köln in die Suppe zu spucken. Da kann ich doch auch mal den Kopf einschalten, Herrgott und vielleicht nicht direkt in den sechsten Gang hochschalten. Vor allen Dingen nicht in einem Golf IV, der nur fünf Gänge hat. Mann, Mann, Mann. Da sagt man eben: “Es wird sicher nicht einfach werden aber unser Anspruch ist natürlich der Aufstieg, da müssen wir ja nicht drumrum reden. Und wenn ich mir unsere Mannschaft anschaue, dann denke ich schon, dass wir dazu auch das Zeug haben werden.” Der Applaus wäre sicher nicht sonderlich leiser ausgefallen als nach dem Proll-Jubel-Bierstand-Volkszelt-Satz da oben. Man hätte nicht direkt die ganze Liga ins Achtung gestellt, man hätte sich nicht direkt zum Unsympath Nr. 1 gemacht und vielleicht, ganz, ganz vielleicht hätte das auch der Mannschaft eine andere Botschaft vermittelt als dieser Schwachsinn.

Was ich nicht verstehe: Das ist ja nicht das erste Mal, dass Schumacher für billige Zustimmungsschreie einen raushaut. Das muss ihm doch mal einer sagen. Da muss doch ein Werner Spinner mal hingehen und sagen: “Tünn, mach langsam, die Saison ist lang, der HSV will auch hoch und es gibt immer eine Überraschungsmannschaft in der Liga”.

Oder? Spricht der Vorstand vielleicht gar nicht miteinander? Was ist da los?

So ist es wieder mal der 1.FC Köln in Bestform. Traurig aber wahr, zum lachen ist es nicht mehr.

[Update, 30.07.] Der EXPRESS, von dem ich die o.g. Zitate habe, hat diese geändert. Schumacher sagte: „Ich habe im Urlaub einige Hamburger getroffen und mit ihnen beschlossen, dass wir uns den Rest vom Hals halten. Wir haben ein tolles Trainerteam, eine tolle sportliche Leitung, eine Klassemannschaft. Der Spieler in mir sagt: Ich will Erster werden.“

Gut, das stellt sich schon etwas anders dar, zugegeben und es ist auch nicht mehr mit der Schärfe zu kommentieren, wie oben geschehen. Das erste (verkürzte) Zitat liest sich tatsächlich arrogant und herablassend dem Rest der Liga gegenüber, das vollständige Zitat liest sich eher wie ein nonchalanter Satz, der eben fällt, wenn man gute Stimmung machen will. Die Wirkung ist aber die gleiche und an der problematisch-arroganten Grundhaltung ändert sich gar nichts. Klar muss der Auftrag sein aufzusteigen, da müssen wir doch nicht drüber reden und selbstverständlich hilft es niemanden, dieses nicht auch ganz klar zu kommunizieren. Aber die Wirkung der Worte auf Außenstehende ist ja immer eine andere, als die Innenansicht. Jetzt bin ich Robin Dutt und spiele in ein paar Tagen gegen diesen FC. Wisst Ihr, was ich machen würde? Ich würde mir die Aussage von Toni Schumacher auf A0 ausdrucken lassen, an die Kabinentür hängen und jeden Spieler fünf Mal am Tag daran vorbeigehen lassen. Guckt mal hier, für die ist die Liga schon entschieden. Er hat also mit ein paar Hamburgern im Urlaub beschlossen, dass die sich uns vom Hals halten. Die Wirkung des Satzes wird dort eine andere sein, als auf den Stadionvorwiesen.

Ja, Leute, ich verstehe, was Schumacher sagen wollte und ja, ich kann auch verstehen, dass es ein Witz sein sollte. Stimmung und so. Ist ja alles in Ordnung. Man muss sich dann aber auch nicht wundern, wenn der Moderator und Stadionsprecher Michael Trippel dann voller Euphorie verkündet: Dann stehen die ersten beiden Teams ja schon fest”

Es bleibt dabei, dass ich die ganzen euphorischen Aussagen und dieses plumpe “Unfall. Reparieren. Gut ist.” für nicht hilfreich halt, was Timo Horn anscheinend ja nicht anders sieht:

„Da hat uns der Vorstand ja schön einen rausgehauen und direkt mal Druck aufgebaut. Für uns gibt es aber auch keine andere Option. Man darf nicht vergessen, dass es ein langer schwerer Weg wird. Aber wir werden spielerisch in keiner Partie unterlegen sein.“

Die Fußballwelt ist keine Insel ohne Fernschreiber. Auch das lesen die anderen Teams. Nochmal, um es klar zu machen: Es geht mir nicht darum, dass der 1.FC Köln duckmäuserisch auftreten sollte. Auf gar keinen Fall. Der Anspruch muss sein die Liga zu dominieren, dafür ist der Kader zu gut. Aber man muss halt auch nicht so tun als sei es ein Sonntag-Nachmittag im Phantasialand. Der Verein ist sportlich in einer absoluten Bringschuld und mMn bringt es niemandem etwas, wenn wir uns von Beginn an so darstellen, als sei das alles kein Problem. Es gibt genügend Gegenbeispiele. [/Update]

[Update 2, 30.07.] Die Kölnische Rundschau zitiert Schumacher übrigens folgendermaßen: „Mit den Verantwortlichen vom HSV habe ich besprochen, dass wir uns gegenseitig alle anderen vom Hals halten!“ 🙂 [Update 2]

PS: Toni Schumacher wird Botschafter für die EM-Bewerbung 2024. Frankeichs Stimme ist uns also schon mal sicher. Grüße.

Fieber

Gut, zugegeben, es ist nicht einfach. Seit Monaten übertreffen wir uns (vor allem) in den sozialen Medien mit mehr oder weniger nonchalanten Desinteresse-Bekundungen zur anstehenden WM. Russland, Putin, FIFA, Infantino, Adidas, Gazprom, Menschenrechte, Hooligans, Nazis, Özil, Gündogan, Erdogan, Schland oh Schland, die Liste des Grauens lässt sich noch mühelos weiterführen. Genervt ballen wir unsere Faust in der Tasche und murmeln ‘Reclaim the Game’ mantraartig vor uns hin. Wir träumen von früher, von der Kindheit, als wir mit feuchten Händen vor dem kleinen Fernseher saßen und die große weite Welt ins Haus kam. Wir denken an Paolo Rossi, der unsere Herzen genauso brach wie Jorge Burruchaga.

Toni halt den Ball. Nein.

Wir erinnern uns an diese eine magische Nacht in Rom, an den langen Gang des Kaisers, an Andreas Brehme, der mit der Präzision eines Herzchirurgen den Ball neben den linken Pfosten setzte. Die Unschuld der Jugend. Sport war Sport und Leben war Leben. Was interessierte mich damals, dass Brehme im eigentlichen Leben eher selten mit einem Kardiologen gleich gesetzt wird, oder dass Beckenbauer wohl schon damals ein – im weitesten Sinne – Lebemann war. Völlig egal. Was zählt ist die Erinnerung an die unbändige Freude, an den Stolz. Ja, den Stolz. Nach zwei schmerzenden Final-Niederlagen ’82 und ’86 endlich den Pokal zu haben. Ich war 14. Ich war gerade Weltmeister geworden.

Von da an ging es bergab. Ich kann mich natürlich noch an 94 erinnern, wir saßen beim Tischtennis-Verein auf dem Sommerfest, als Hristo Stoitchkov und Yordan Letchkov innerhalb von ein paar Minuten die Titelverteidigung verhinderten. Aber, es war wenig Trauer dabei. Ich war ja schließlich schon Weltmeister. Dann trinken wie eben Bier. 98 war genauso egal, wir haben ja 96 in England die Euro geholt. Football’s coming Home. Welche Explosion. Ich denke 1996 war mein persönlicher Peak mit der Nationalmannschaft. Der Pathos, die Wucht des Erfolgs, das perfekte Drama. David Baddiel und Frank Skinner begleiteten mich jahrelang durch die nachfolgende Fußball-Depression. Wenn der 1.FC Köln mal wieder abgestiegen war, wenn der DFB dachte, dass es vielleicht eine gute Idee sei Erich Ribbeck als Nationaltrainer zu installieren, wann immer dieses Fußball ist ein Arschloch-Moment hoch kam, die Three Lions konnten den Tag retten, denn es trieb mich immer zurück nach London. Gareth Southgate, the whole of England is with you.

Und dann kam irgendwann 2006. Über die Tränen des Oliver Kahn auf dem Platz in Yokohama weiß ich gar nicht mehr viel. Wir schauten das Spiel mittags beim Grillen, gingen dann in die Stadt und ich um sechs Uhr morgens direkt von dort zur Arbeit. Also 2006. Die Stunde Null des modernen Fußballs in Deutschland. Die Erweckungsmesse der Schlandies. Schwarz-Rot-Gold. Ein ganzes Land. Public Viewing auf dem Alter Markt, besoffene Engländer, ganze Busladungen blonder Schwedinnen, Deutschland-Argentinien im Biergarten. Jubel, Orkan. Schwarz-Rot-Gold. Welch Fest. Wir schrieen es in die Welt: Guckt uns an. Wir sind gar keine Arschlöcher mehr! Echt jetzt! Wieder war da ein bisschen Stolz im Spiel. Ausnahmslos jeder ausländische Fan mit dem ich sprach, war fasziniert von der guten Stimmung, von den freundlichen Gastgebern, von der Fairness. Sie alle wollten wiederkommen. Lustige Geschichte am Rande: Ein englisches Pärchen, dass sich – ein häufiger Fehler – den kleinen Kölsch-Gläsern überlegen fühlte, sprach mich in der Bahn nach Brühl an, wo sie denn wären, sie müssten irgendwie an ihrem Hotel vorbei gefahren sein, wüssten aber nicht mehr genau wo das ist, würden aber schwören die Aussicht auf Hürth-Fischenich noch nie genossen zu haben. Nach einem Blick auf den Hotelschlüssel konnte ich ausmachen, dass sie aber tatsächlich im damaligen Hansa-Hotel in Brühl wohnten. Ich bin dann mit ihnen noch dahin gegangen und hab sie abgeliefert. Das war ein schöner Spaziergang mit unfassbar betrunkenen aber netten Leuten, die sich überschwänglich bedankt haben und sich einfach nur wohl gefühlt haben bei uns. Das war für mich die Quintessenz von 2006. Der Slogan “Die Welt zu Gast bei Freunden” traf es mMn schon ziemlich gut. Der Italien-Schock war natürlich nicht der erhoffte Climax aber alles in allem habe ich 2006 genossen.

Little did we know…

Heute wünschte ich mir 2006 hätte nie stattgefunden. Alles was 2006 ausgemacht hat, ist zum Alptraum geworden. Die Schlandisierung ganzer fußball-ferner Bevölkerungsschichten, die L’Orealisierung der Spieler, die Daimlerwerdung der Funktionäre, die Ausschlachtung des schönen Spiels hin zu einer Chicken McNugget Bestie. Ein Einheitsfraß, der, in alberne Soße getunkt und rücksichtslos gefressen, den Massen vor die Füße geworfen wird. Es ist nichts echtes mehr an diesem Spiel, auf diesem Niveau. Da ist kein Knochen im Weg oder ein Stück dunkles Fleisch. Es ist ein Brei, der geformt und genormt ist, der überall gleich aussieht und gleich schmeckt, der perfekt portioniert werden kann und dank Chlor und Sulfat auch nicht verrottet. Es ist das was die Menschen wollen. Ein Monster ohne Seele, ohne Essenz.

Heute sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir das alles schon gar nicht mehr ernst nehmen können. Die Mannschaft. Best Never Rest. Die Rügenwalder Fußball-Leberwurst.

Und viele, viele Menschen, die ich vom Fußball kenne, die sich selbst als seriöse Fußball-Fans bezeichnen würden, die 30plus Spiele ihrer Mannschaft in der Saison im Stadion sehen, machen ihrem Ärger darüber (verständlicherweise) Luft. Was interessiert mich der ganze Scheiß denn noch? Der Zauber von damals wird nie wiederkommen. Alles nur noch Kommerz und Dreck.

Stimmt.

Dennoch…

Irgendetwas in mir lässt da nicht los.

Vielleicht bin ich aber auch ein Sonderfall, der sich völlig unironisch das dänische Pokalfinale auf DAZN anschaut, der Afrika-Cup-Qualifikation zwischen der Zentralafrikanischen Republik und Mali auf Eurosport 2 sieht, ohne sich zu fragen, ob er nicht wenigstens ein ganz klein wenig geisteskrank ist und der in der zweiten österreichischen Liga letzte Saison mehr Stunden verbracht hat, als objektiv gesund ist. Vielleicht stimmt mit mir was nicht, das kann schon durchaus sein.

Dennoch…

Es ist das größte Sport-Event der Welt.

Ich kann jedes einzelne Argument einer Verweigerung der WM verstehen. Ich unterschreibe es sogar mit zwei gekreuzten Finger hinter dem Rücken. Mir geht doch auch alles auf den Keks. Ich will doch auch den Fußball von früher zurück. Ich verteidige nichts. Aber wenn am Freitag um 14 Uhr Uruguay und Ägypten in Jekaterinburg aufeinander treffen, dann könnt Ihr Euch  sicher sein, dass der Fernseher an ist. Ich kann mir gar nicht vorstellen, da nicht hin zu schauen. Suarez gegen Salah. Hallo? Vielleicht ein Videoschiedsrichter aus Usbekistan? Wer könnte dem widerstehen? Danach Marokko gegen Iran, ein Fest und abends Portugal gegen Spanien, das erste echte Highlight der WM. Der Freitag ist schneller vorbei, als Uli Hoeness ‘Bolton Wanderers’ aussprechen kann.

Und so geht das dann vier Wochen. Costa Rica – Serbien, Sonntagmittag um zwei. Wer da nicht zuschaut, dem kann ich auch nicht helfen. Kolumbien gegen Japan, Schweden gegen Südkorea, ich werde mir das alles geben. Ich stehe nachts um eins auf um mir den Florida-Cup des FC anzuschauen, da kann ich doch nicht mittags auf ein WM-Spiel verzichten.

Tief in mir weiß ich, dass das falsch ist. Dass man nur mit kaltem Entzug und nur mit Protest etwas – und sei es nur etwas für sich selbst – verändern kann. Ich bin ja nicht komplett blöd, mir ist schon bewusst, dass ich mit meinem Verhalten genau in die Falle tappe, die die FIFA ausgelegt hat. Aber, ihr wisst es genauso gut, Chicken McNuggets schmecken ja nicht scheiße. Man fühlt sich hinterher schlecht und vielleicht auch schuldig aber im Moment des Konsums ist das ja schon ein bisschen geil.

Und, wer weiß, vielleicht erleben wir wieder etwas, das mit 2014 vergleichbar ist. Auch vor vier Jahren ist uns alles schon auf den Keks gegangen aber dann schießt Deutschland fünf Tore in 25 Minuten gegen Brasilien, die “für-jedes-Tor-ein Kurzer”-Flasche ist zur Halbzeit lange leer und wir lachen und feiern, denken an früher, können für eine Nacht wieder Kinder sein. Ohne Gedanken an die Enteignungen in den Favelas, an die Regenwald-Rodungen und die politischen Ungerechtigkeiten. Kritiklos sein zu dürfen ist ein Sportfan-Privileg.

Ganz sicher sind es auch die Freakigkeiten des Spiels und die Absurditäten der Gesamt-Gemengelage, die eine gewisse Faszination auf mich ausüben aber das alles zusammengenommen, das reicht dann schon. Ich freu mich auf die WM. Ernsthaft.

PS: Die Kommentare sind wieder offen. Trotz DSGVO. Es wird nix gespeichert, es muss keine eMail zum kommentieren hinterlassen werden… was soll ich sonst machen?


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Happy

Es steht der 33. Spieltag vor der Tür. Morgen schlachtet die C-Jungend des FC Bayern den ruhm- und glorreichen 1.FC Köln ab. Es ist noch nicht mal so, dass die Bayern Messer mitbringen müssten um den Straßenkampf zu gewinnen, ein stumpfer Löffel wird ausreichen.

Wir sind abgestiegen. Sang- und klanglos. Die Saison war brutal. Seit neun Monaten schleppen wir uns von Arschtritt zu Arschtritt, von einer Peinlichkeit zur nächsten. Wisst Ihr, was ich in einer solchen Situation von meinem Verein hören möchte? Am besten gar nix. Vielleicht, das gebietet der moderne Fußball und die damit einhergehende Professionalisierung, eine Spieltags-Ankündigung, die möglichen Aufstellungen und damit hat es sich dann aber auch schon. Ich will keine Phrasendrescherei hören, ich will nicht lesen, dass man nochmal alles raushaut. Ganz, ganz sicher nicht.

Herausragendes leisten? HERAUSRAGENDES LEISTEN? Wollt Ihr mich verarschen?

 

Stefan Ruthenbeck erwartet einen „heißen Gegner“, der „unbedingt gewinnen will“, schreibt die Vereins-Homepage. Ich gebe mich geschlagen. Mir fällt nichts mehr ein.

 

Wir sind die schlechteste Mannschaft der Liga, der 1.FC Köln 2017/18 ist der 1.FC Köln der negativen Rekorde, der in die Geschichte dieses Clubs eingehend wird. Wir liegen am Boden und sind schon drei Mal überfahren worden. Und das letzte was wir brauchen ist, dass der Krankenwagen, der uns eigentlich helfen soll, nochmal über uns drüber jagt. Ist es zuviel verlangt in einer solchen Phase mal seine Bullshit-Phrasen außen vor zu lassen? Einfach mal sachlich an die Sache rangehen und vielleicht ein “Es wird schwer aber wir wollen uns anständig von unseren Zuschauern verabschieden” zu vermelden?

 

HERAUSRAGENDES LEISTEN?

 

Ich fasse es nicht. 22 Punkte nach 32 Spielen. Da ist es wirklich an der Zeit herausragendes zu leisten. Nein, wirklich. Wenn nicht jetzt, wann dann?

 

 

Aber, es scheint zu passen. Der 1.FC Köln ist sich anscheinend nicht bewusst, dass uns im Moment so gar nicht nach Späßchen zu Mute ist. In seiner wirklichkeitsverdrängenden Parallelwelt, ist alles gut. Morgen kommen die Bayern und heute ist der lustige Video-Tag am Geißbockheim. Vierter Mai. Der effzeh ist sich wirklich nicht zu blöd diesen Tweet RAUSZUHAUEN(!):

Star Wars Tag. Verstehste? VERSTEHSTE? Spürbar anders. Selbst im Abstieg noch joot drupp. Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.

Nochmal, zur Erinnerung: 22 Punkte nach 32 Spielen. Der schlechteste 1.FC Köln aller Zeiten.

UND IHR MACHT WITZE? IHR SEID EUCH NICHT ZU DOOF DAFÜR?

Schämen solltet Ihr Euch und vergraben. Ihr verhöhnt alles, wofür der 1.FC Köln steht.
Ihr macht Uns und auch Euch vor der ganzen Welt lächerlich.

Das kann doch alles nicht wahr sein.

Trepp eraff

Schlägt man die Tageszeitung oder das örtliche Amtsblättchen auf, kommt man irgendwann, wenn man diszipliniert und sachlich keine Seite überschlägt, zu den privaten Anzeigen, die neben allerlei frivoler Anbändelei auch den traurigen Nutzen haben über Verstorbenen-News zu unterrichten. Nicht selten liest man: “Als die Kraft zu Ende ging, war’s kein Sterben, war’s Erlösung.” Und auch wenn der Vergleich natürlich hanebüchen ist, denn der 1.FC Köln ist weit davon entfernt das Zeitliche zu segnen, so passt dieser Spruch doch einigermaßen auf die, lasst sie uns einmal “verkorkste Saison” nennen. Vor recht genau 49 Wochen feierten wir den Einzug in den Europapokal, tranken die Stadt leer und sangen uns in die Herzen der viral denkenden Clickbait-Journalisten aus ganz Deutschland. Schaut nach Köln, die reißen da alles ab. Hast du das Video von dem Radfahrer schon geteilt? Gold, pures Gold!

Wenig wussten wir von der Zukunft und es kümmerte uns auch einen Dreck. Wir zählten die Tage bis zur Auslosung in Monaco, wir lachten einen ganzen Sommer. In London, in Misnk, in Belgrad. Die Tage wurden zwar wieder kürzer aber wer kann uns denn was? Leute, wir stehen hier nachts um halb eins noch im Stadion, haben keine Ahnung wie wir nach Hause kommen, es ist kalt, die Füße tun weh, wir haben Hunger und Durst, ich bin mit meinem Fußballverein gerade im wahrscheinlich schlechtesten Spiel der letzten 140 Jahre organisiertem Fußball aus der Gruppenphase der Europa League ausgeschiedenes, ist alles scheißegal, wer soll mir irgendwas können?

Natürlich war zu diesem Zeitpunkt schon alles gegessen. Die Bundesliga war lange verloren, der Preis für die Katharsis nach 25 Jahren war hoch. Über die Winterpause kam der Kater, wir schauten ernüchtert auf die Tabelle und wussten, dass der Sommer endgültig vorbei war. Keine Sonne kam mehr durch die dunklen Wolken über der Stadt.

Es regnete.

Und heute stehen wir vor den Trümmern der letzten vier Jahre. Mit der Verflichtung von Peter Stöger und Jörg Schmadtke ging der Börsenkurs immer weiter nach oben, die Analysten überschlugen sich mit Zukunftsprognosen. Kaufen! Kaufen! Bis dann mal die Börsenaufsicht genau hingeschaut hat und sachlich feststellte, dass es sich vermutlich um ein kriminelles Pyramidensystem handelt und der Kurs einstürzte wie ein schlecht geplanter Hochhausabriss. Ungläubiges Staunen in den Expertenrunden. Wie konnte das passieren? Was hat man übersehen? So richtig konnte man es sich nicht erklären.

Über die Gründe für den beispiellosen Absturz dieses Fußballvereins haben wir schon oft gesprochen, sie sind so offensichtlich wie unnötig, sie sind aber nun mal nicht mehr zu korrigieren. Uns bleibt keine andere Wahl, als die Konsequenzen zu akzeptieren. Zum sechsten Mal muss der 1.FC Köln den Gang in die Zweitklassigkeit antreten. Rut-wiess is the new black. Nach der Niederlage in Freiburg ist es dann jetzt auch endlich rechnerisch entschieden. Es bleibt keine Zeit mehr zu handeln.

Lasst uns auch gar nicht groß drum rumreden, der Abstieg ist so verdient und gerecht wie selten etwas im Fußball. 22 Punkte nach 32 Spielen, die mit weitem Abstand schlechteste Abwehr der Liga, die viert-wenigsten Tore erzielt, eine Mannschaft, zusammengestellt ohne Plan und Verstand, wir dürfen uns nicht beschweren. Natürlich kamen ein paar Dinge dazu, die nicht unbedingt in unsere Karten spielten aber wollen wir uns wirklich hinter Verletzungspech und VAR-Diskussionen verstecken? Das dürfen wir nicht. Der Club hat sich das alles selbst zuzuschreiben. Ausreden dürfen keine Antwort sein.

Das gestrige Spiel kann sogar recht sinnbildlich für die Saison stehen. Wir starten absolut desolat und nicht wettbewerbsfähig gegen keinesfalls starke Freiburger, kassieren Tore, die eine Bundesliga-Mannschaft -mit auch nur halbwegs motivierter Hintermannschaft- nicht kassieren darf, kommen dann irgendwie, keiner weiß warum, zurück, schaffen den Ausgleich, drängen sogar noch auf ein Wunder, haben die Chance, scheitern aber am eigenen Unvermögen und zeigen am Ende mit Slapstick-hafter Zuverlässigkeit, dass wir immer noch einen drauf legen können, wenn es darum geht Dummheit visuell auf dem Rasen darstellen zu können.

Nein, liebe Leute, der 1.FC Köln ist völlig verdient da, wo er gerade ist.

Und was passiert? Worauf haben all die Presse-Geier geifernd gewartet? Die Artikel sind schon geschrieben: “Kölner Fans rasten nach erneutem Abstieg aus!”, “Wieder Pyro-Schande der FC-Fans!”, “Mannschaft flüchtet vor aufgebrachten Fans!” und so weiter uns so fort. Seit Monaten reibt man sich die Finger und freut sich auf den sicher scheinenden Skandal. Aber wisst ihr was? Am Arsch, Freunde. Wieder zeigt es sich, dass dieser Verein doch etwas besonderes ist, dass das Herz des Clubs auf den Rängen schlägt und dass die Unterstützung nicht abhängig ist von Liga und Erfolg. Vor dem Spiel gab es eine Fahnen-Choreographie, nach dem Spiel kommt die Mannschaft in den Block, wird mit Applaus und dem Veedel empfangen. Kein böses Wort, obwohl wir, wie oben beschrieben, schon durchaus Grund hätten, nicht 100%ig zufrieden mit dem Saisonverlauf und den gezeigten Leistungen zu sein. Aber was würde das bringen? Jetzt, in der Krise, die natürlich nicht mit dem Existenz-bedrohenden Abstieg aus 2012 vergleichbar, aber dennoch eine Katastrophe ist, zeigen wir Zusammenhalt und Geschlossenheit.

Wir sind der 1.FC Köln. Gegen alle Widerstände und Fehler.

Und so wird es bleiben. Sollen sie halt alle über uns lachen, in Düsseldorf, in Hamburg, in Freiburg, sollen sie uns mit Häme überschütten, es kratzt mich nicht. Auch morgen geht die Sonne wieder auf und so sicher wie die Natur Äpfel geschaffen hat, wird der 1.FC Köln auch wieder den Weg in die erste Fußball-Bundesliga finden.

post nubila phoebus

Embrace the Pain

Am Ende ging noch einmal ein Grollen durch das Müngersdorfer Stadion, ein letztes Come on effzeh. Trotz allem. Einen Versuch noch, eine Grätsche, einen Ballgewinn, ein langer Ball. Die Fahne geht hoch. Abseits. Ende. Schwarz. Zwei Tore aufgeholt, ein Unentschieden gegen die zweitbeste Mannschaft der Bundesliga (bitte fügen sie hier ihre eigenen Witze ein) und doch kein Grund zur Freude, denn mit jetzt acht Punkten Rückstand bei noch drei Spielen, ist der Klassenerhalt wohl ausgeschlossen. Aber eine Erlösung ist es immer noch nicht. Die Saison fühlt sich an wie ein einziger aussichtsloser Kampf, der nicht enden will. Eigentlich sind wir schon seit Oktober abgestiegen und liegen seitdem künstlich beatmet auf der Intensivstation. Braindead, aber eben technisch immer noch nicht bereit unter die Erde zu gehen. Es ist furchtbar.

Und so unnötig. Wenn ich mir nur mal das gestrige Spiel anschaue, dann bekomme ich direkt wieder Bluthochdruck. Wie schon in der Vergangenheit überrascht Ruthenbeck mit einer Aufstellung, die gewürfelt und nicht Gegner-orientiert und planbar aussieht (ich erinnere nur an Frankfurt oder Mainz). Ich kann doch nicht ernsthaft mit einer Dreierkette (mit Freddie fuckin’ Sörensen auf rechts) gegen Schalke auflaufen, dafür gar keinen Plan im Mittelfeld haben, weil da fünf Sechser rumstehen, von denen einer auf der 10 agieren soll und der Rest halt mal guckt, wo noch Rasen ist und vorne, ja da arbeite ich dann mit einer Spitze, weil, hey, wir müssen ja nicht. Das ist doch nicht mehr normal. Ich bin ja schon froh, dass nicht wieder Christian Clemens auf dem Platz stand aber, mal ernsthaft, das geht doch nicht? Ruthenbeck kommt mir vor wie einer, der sich selbst als ungemein clever wahrnimmt, jemand der denkt, dass er die Gegenseite outsmarten kann und damit regelmäßig auf die Nase fällt. Das ist kein Überraschungsmoment, das ist Aktionismus. Dazu diese Selbstüberhöhung, diese Attitüde selbst keine Fehler zu machen. Bei aller fußballerischen Limitierung kann ich doch nicht Sörensen die (alleinige) Schuld für die debakulösen Anfangsminuten geben, das war doch schon mit der Aufstellung klar, dass das in die Hose geht. Nach einer halben Stunde umzustellen ist dann auch kein taktischer Kniff, sondern das Eingeständnis wieder mal in die Scheiße gegriffen zu haben.

Ruthenbeck ist als Trainer völlig überfordert, seine Auftritte in der Öffentlichkeit, seine Aussagen in Interviews (“die Jungs” (ich natürlich nicht!) “haben Fehler gemacht”, “die Weinen weil sie auch erschöpft sind”, “wir haben den Gegner analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir ihn schlagen können”), seine Phrasendrescherei, seine platten Durchhalteparolen, sein ganzes Ich-bin-der-tollste-Auftreten hätte nur funktionieren können, wenn die Ergebnisse gestimmt hätten. Und, machen wir uns nichts vor, die Ergebnisse stimmen nicht. In der Ruthenbeckschen Rückrunde sind wir auf Tabellenplatz 14. Es wurden vier von 14 Spiele gewonnen. Man lässt sich in Hoffenheim 0:6 zerlegen (bringt aber beim zwischenzeitlichen 0:3 noch einen Stürmer, weil, hey, Torverhältnis? Fuck it!), spielt gegen Mainz den größten Scheiß zusammen, bricht in Berlin in sich zusammen und tritt gegen Schalke mit einer taktischen Vorgabe an, dass mir die Fußnägel abfallen. Junge, Junge. Mit einem anständigen Trainer hätte der FC vielleicht tatsächlich noch in den Abstiegskampf eingreifen können. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch mit Stöger nicht schlechter, sondern eher besser dastehen würden. Man darf einfach nicht vergessen, dass es eine andere Mannschaft ist, als in der Hinrunde. Allein, dass mit Terodde ein Zielspieler auf dem Platz stehen kann, ist eine andere Ausgangssituation als unter Stöger. Hat man dann ja auch gegen Gladbach und den HSV gesehen. Meint Ihr, dass die Siege Ruthenbecksche Genialität war? Nein, Mann, da stand dann einer der die Tore gemacht hat. Was sich ja auch schon wieder relativiert hat aber, hey, immerhin.

Bei allen Fehlern, die der 1.FC Köln in dieser Saison begangen hat, Ruthenbeck nur einen Vertrag bis zum Sommer gegeben zu haben, gehört nicht dazu.

Überhaupt ist das Sportliche im Moment unser kleinstes Problem. Ja, okay, wir steigen ab. Na und? Wir hatten Europa, wir werden nächstes Jahr wieder ein paar mehr Spiele gewinnen, vielleicht sind wir in 365 Tagen betrunken am Steinauto und feiern den Aufstieg, wir werden ein paar richtig coole Mannschaften besuchen, vielleicht (wohl eher nicht, aber die Hoffnung stirbt ja zum Schluss) steigt der HSV mit ab, der ganze Stress mit Gladbach/Leverkusen/Schalke/Düsseldorf fällt weg, es wird mal wieder normale Karten geben, die Aasgeier werden vielleicht etwas weniger werden und am Ende ist die Hütte dann doch wieder voll, weil sich die Liebe zu diesem Verein nicht über eine Liga-Zugehörigkeit definiert. Weil es eben der 1.FC Köln ist. Unser 1.FC Köln. Wenn du in dieser Stadt lebst, ist es völlig egal, ob du dich für Fußball interessierst, ob du keinerlei Sympathien für den effzeh hast, du kommst nicht daran vorbei. Der 1.FC Köln ist ein Teil unserer DNA, er ist größer als ein weiterer beschissener Abstieg.

Und er ist größer als seine Protagonisten. Er ist größer als ich und du, er ist größer als alle Spieler und ganz sicher ist er auch größer als ein Vorstand, Pressesprecher oder Aufsichtsrat. Diesen Satz sollte man in großen Lettern ans Geißbockheim sprühen. Es geht um den 1.FC Köln, nicht um Werner Spinner. Nicht um Alexander Wehrle. Nicht um Toni Schumacher und auch nicht um Markus Ritterbach. Ich habe das Gefühl, dass das nicht Konsens ist. Dieser Vorstand ist ein Debakel. Ein würdeloser Haufen. Ich ertrage es nicht mehr. Es wird keine Gelegenheit ausgelassen um sich selbst in gutem Licht dastehen zu lassen, es wird gehetzt, wie man es sonst nur aus der großen Weltpolitik kennt, es werden Artikel lanciert, die als Gefälligkeits-Journalismus noch milde umschrieben sind und vor allen Dingen werden die Leute für dumm verkauft. Es wird mit dem Klischee des idiotischen, selbstverliebten Kölners gespielt und -das ist das schlimme- es klappt auch noch. Solange jemand besoffen in Belgrad vom Tisch fällt, dabei kölsche Lieder singt und den Schal schwenkt, klatscht das Volk. E Jeföhl dat verbink, FC Kölle. Solange nur ein Feindbild etabliert ist und dieses für jeden Mist, der passiert auch immer schön und unwidersprochen verantwortlich gemacht werden kann, ist doch alles gut. In einem Verein mit >100.000 Mitgliedern hast du halt genau die gleiche kritische Masse wie in einem Verein mit 10.000 Mitgliedern, die fallen halt nur nicht mehr auf, weil es so viel Klatschvieh gibt.

Diese Woche lanciert der Verein wieder einen Artikel in der Rundschau, der so unglaublich schlechten Stil hat, dass man den Autor Thorsten Moeck fragen möchte, was er denn als Gegenleistung bekommen hat. Werner Spinner darf referieren, dass “die Ultras sich aus dem Dialog verabschiedet [haben]. Es wird mit haltlosen Verschwörungstheorien Stimmung gegen den Vorstand gemacht, der wegen der sportlichen Situation erstmals seit Jahren angreifbar scheint“, es wird aus Fan-Foren(!) zitiert und Volker Lange, Schutzheiliger aller Ehrenfelder Kebap-Läden, darf natürlich auch noch seine Sicht der Dinge aus dem Wolkenkuckucksheim funken. Dieser Artikel (am Spieltag veröffentlicht) reiht sich ein in eine ganze Liste tendenziöser Berichterstattung über die Führungsriege des FC. Die Richtung ist immer die gleiche: Wir sind die Retter dieses Vereins, wer gegen uns ist, ist ein Spalter und schadet dem Club.

Dabei sind es nicht nur Ultras, die diesem Vorstand kritisch gegenüber stehen. Ich z.B. würde mich als sehr, sehr weit entfernt von der Ultra-Bewegung einschätzen und kann dennoch nicht verhehlen, dass die Entscheidungen des Vereins, seien es Stadionverbote, der berühmte offene Brief, die dauerhafte Diffamierung einzelner Personen, mir ebenso bitter aufstoßen wie es wohl in den Gruppen selbst der Fall ist. Da wird im GBE vor dem Spiel gegen Schalke im Vorwort wieder der Kritik-Hammer rausgeholt, wohl wissend und absolut berechnend, dass alles was da steht nur dem Zweck dienen soll, die Fans in Misskredit beim Rest-Stadion-Publikum zu bringen. Hat ja auch ziemlich gut geklappt, wie man an der Reaktion auf das “Vorstand raus” der Südkurve gesehen und gehört hat. Da fahren 4-5.000 Kölner zum Auswärtsspiel des abgeschlagenen Tabellenletzten nach Berlin, sorgen da für diese unnachahmliche Atmosphäre und der Vorstand kann es nicht lassen herauszustellen, dass “umso mehr die wenigen, denen das Gespür für die Situation fehlt auffallen”. Dass da fünf Plastik-Becher auf Leichenfledder-Fotografen geworfen wurden und Jonas Hector sein Trikot wieder aufsammeln musste, das steht da nicht, das wird nicht herausgestellt. Es könnte alles passiert sein. Der Jupp, der mit seinem Trikot und dem Hütchen und dem Schal und dem Sitzkissen seit hundert Jahren mit dem FC durch et Führ jeht, der weiß das nicht. Der war nicht in Berlin. Der sitzt zu Hause, liest DuMont und vielleicht noch Nordkorea, guckt in das Geißbock Echo und hat wieder was, über das er sich aufregen kann. Das ist schon clever gemacht.

Ebenfalls diese Woche sorgte ein Artikel bei effzeh.com für Erheiterung, in dem klar gestellt wurde, dass der Verein bzw. der Vorstand wieder mal nicht satzungsgemäß gearbeitet hat. Nein, angeblich nicht satzungsgemäß gearbeitet hat. Ich muss im Konjunktiv bleiben, da ich es ja auch nicht weiß. Der FC erklärt auf der Vereins-Homepage, dass das natürlich gelogen sei. Die Vereins-Version wird von Karl-Ludwig Kley (Beiratsvorsitzender) und Lionel Souque (Aufsichtsratsvorsitzender) bestätigt. Die Mitgliederrat-Teilnehmer am gemeinsamen Ausschluss, Stefan Müller-Römer und Carsten Wettich werden nicht genannt. Man möge sich selbst ein Urteil bilden. Wenn man die Historie dieses Vorstands zu Rate zieht, dann kommt man vielleicht selber drauf.

Spätestens seit der Hoodie-Schmach auf der JHV, eigentlich aber schon nach der Rede zur Saisoneröffnung, in der Werner Spinner in bedenklicher Weise gegen einen demokratischen Vorgang in unserem Verein als Misstrauens-Bekundung propagierte ist die wahre Natur der drei Spitzen ans Tageslicht gekommen. Es geht hier um Posten- und Machterhalt, es geht um persönliche Eitelkeiten und erst ganz zum Schluss um die Sache. Dieser Vorstand hat jahrelang das Glück gehabt, dass sich die sportliche Situation verbessert hat. Jetzt, bzw. im Sommer, als klar war, dass das Kartenhaus einstürzen wird und der Verein mit voller Wucht gegen die Wand gefahren wird, hat man seine Kontrollfunktion nicht ausgefüllt, man hat keine Entscheidungen getroffen, sondern ist in den Fuchsbau zurück gekrochen und hat gehofft, dass alles nicht so schlimm wird. Es wurde aber noch schlimmer.

– Ein starker Vorstand hätte in der Sommerpause eine Entscheidung pro Stöger oder pro Schmadtke gefällt und nicht sehenden Auges weiter auf den Abgrund zugesteuert
– Ein starker Vorstand hätte nach London den Mund aufgemacht und die verteidigt, die es verdient gehabt hätten und nicht diese duckmäuserischen Erklärungen abgegeben
– Ein starker Vorstand stellt sich hinter seiner Mitglieder und arbeitet nicht aktiv gegen sie
– Ein starker Vorstand hätte sich bei einem Sachargument, wie es bei der angestrebten Satzungsänderung sicher der Fall war, einem demokratischen Prozess ausgesetzt, hätte versucht mit Argumenten seinen eigene Sicht der Dinge darzulegen
– Ein starker Vorstand hätte eine Mitgliederbestechung nicht nötig gehabt
– Ein starker Vorstand sollte das Gespräch mit Kritikern suchen, statt beleidigt die Presse einzuschalten und Politik zu machen
– Ein starker Vorstand hat es nicht nötig einzelne Personen namentlich zu diskreditieren
– Ein starker Vorstand wäre transparent, was Investoren-Pläne angeht
– Ein starker Vorstand wäre transparent, was Stadionpläne angeht
– Ein starker Vorstand schützt seine Mitglieder vor Repressionen, statt diese zur forcieren
– Ein starker Vorstand hätte sich nach Belgrad informieren können, was da denn passiert ist
– Einem starken Vorstand geht es in erster Linie um dem Verein

Nichts davon ist dieser Vorstand. Er muss zur Wahl gestellt werden. Es muss sich in der Vereinskultur grundlegendes ändern. Es geht nicht, dass wir uns als Mitglieder vom Vorstand auf der Nase rumtanzen lassen. Wir müssen laut sein und diese Missstände ansprechen. Es ist nicht der 1.FC Werner Spinner, es ist der 1.FC Köln. Und wie oben gesagt, ist dieser Club größer als wir alle. So geht es nicht weiter. Vielleicht ist die Gelegenheit mit dem sportlichen Abstieg gar nicht so schlecht. Vielleicht kann man sich in der Diaspora der zweiten Liga konsolidieren und in Ruhe eine Opposition aufstellen. Ich weiß es nicht. Alles was ich weiß, ist, dass ich meinen Verein behalten will, dass ich mich nicht in einen HFC-Falke-Zustand transferieren muss, denn darauf steuern wir gerade gewaltig zu.

Noch ist es aber nicht soweit. Nach dem Spiel gestern kam die Mannschaft in die Kurve und lernt, dass diese Unterstützung, die der Verein erfährt keine temporäre Laune ist. Dieses Team hat nach 31 Spielen 22 Punkte auf der Habenseite und wird dennoch mit Applaus empfangen. Einzelne Spieler weinen, es ist ein hoch-emotionaler Moment. Ein Moment, der nur durch dieses Miteinander ensteht, für das der 1.FC Köln steht und stehen muss. Nur zesamme simmer stark. Vielleicht wird es dem ein oder anderen doch schwerer fallen den Verein zu wechseln als bei anderen Clubs, weil das Müngersdorfer Stadion eben doch etwas besonderes ist. Weil es doch etwas anderes ist für einen Verein zu spielen, der eine ganze Stadt, der hunderttausende Menschen in Beschlag nimmt. Ich weiß es nicht, ich kann das auch nicht objektiv beurteilen, ich bin Fan, das sind Profis, die haben einen anderen Fokus und das ist auch völlig legitim. Aber erste Anzeichen, dass es Teile des Teams gibt, die weiter in Köln spielen wollen gibt es ja. Marco Höger erklärte sich letzte Woche pro Verbleib, von Timo Horn liest man auch immer, dass es ernsthaft darüber nachdenkt zu bleiben und heute unterschreibt dann Jonas Hector einen neuen Vertrag bis 2023.

Es wäre problemlos möglich gewesen, nach dieser Saison zu einem anderen Verein zu wechseln, aber für mich fühlte sich das nicht richtig an. Wir haben viele Gespräche in den letzten Wochen geführt und ich habe mir viele Gedanken gemacht. Das Ergebnis ist für mich eindeutig: Ich gehöre zum FC und will mit dem Team und unseren Fans im Rücken in der neuen Saison wieder voll angreifen.

Diese Bekenntnis zum 1.FC Köln macht mich stolz. Es gibt gar kein anderes Wort dafür. Hector ist Nationalspieler, riskiert damit absolut seine internationale Karriere und verzichtet wahrscheinlich auch auf einen Haufen Geld. Das ist nicht selbstverständlich und auch nicht rational erklärbar. Es ist eine Gefühls-Entscheidung. Und wenn ein Verein bei einem Profi einen solche auslösen kann, dann kann dort nicht alles schlecht sein. Dieses Gefühl, das besonders-sein, das müssen wir uns erhalten. Ob nun in der zweiten Liga oder im Europapokal.

Es geht weiter.

Come on effzeh!

Hoffenheim – FC: Zombieland

Tja, was will man da groß schreiben? Der effzeh blamiert sich in Sinsheim bis auf die Knochen, macht sich es sich schön schwer, um es mal dezent auszudrücken. Von Beginn an überläuft Hoffenheim die völlig verunsicherte und gnadenlos überforderte FC-Abwehr, jeder Zweikampf wird verloren, im Mittelfeld kommt nicht ein Ball an und vorne guck Osako dem Gegenspieler den Ball vom Fuß. Wenig überraschend klappt das nicht ganz so gut und man muss es nur der Gnade der Hoffenheimer zuschreiben, dass es zur Pause nur 0:1 aus Kölner Sicht steht. Nach der Halbzeit brechen dann alle Dämme. Der effzeh bettelt um weitere Gegentreffer, es kommt zu keinem Aufbäumen, die Körpersprache ist katastrophal.

Spätestens nach dem 0:3 muss Ruthebeck reagieren und die weiße Fahne schwenken, um die Niederlage in erträglichen Dimensionen zu halten. Du merkst doch, dass du in allen Belangen unterlegen bist, da nützt es doch nichts, sehenden Auges in den totalen Untergang zu reiten? Es kann doch nicht sein, dass ich mich zum Vollhorst mache.

Man muss doch versuchen in einem solchen Spiel dem Gegner keine Räume zu geben, mit körperlicher Härte die spielerischen Nachteile auszugleichen und dann möglicherweise über ein, zwei schnelle Ballkontakte in eine Konter-Situation zu kommen. Gesehen habe ich nichts davon. Es wurde versucht jede Situation spielerisch zu lösen, was ja nur als “Marschrichtung” interpretiert werden kann. Wenn ich Marco Högers Versuche, den Ball nicht wie eine alte Schweineblase platt zu treten (oder zu köpfen – noch schlimmer) und dabei körperlich unversehrt zu bleiben, sehe, frage ich mich wirklich wie so ein Kabinen-Gespräch aussehen mag:

– “Marco, Du musst den Ball nicht wegschlagen, du musst unser Kurzpaßspiel umsetzen”
– “Was?”
– “Kurze Pässe, Marco. Immer schön in den Fuß.”
– “Fuß?”
– “Ja, in den Lauf eben. Damit wir umschalten können!”
– “Schalten?”
– “Ja! Genau! Jetzt hast Du es! Super! Und jetzt raus mit Dir, Tiger!”

So in etwa?

Dabei ist er ja nicht alleine. Yuya Osako hat die körperliche Präsenz eines sehr alten, sehr kranken Kaninchens, Marcel Risse läuft gegen Mauern als würde er Werbung für einen zynischen Optiker machen und… ach… das könnte ich jetzt endlos weiterführen aber mir fehlt die Energie.

Ganz schöner Scheisstag.

Ich bin schon ein bisschen sauer. Nicht richtig aber ein bisschen. Fraglich, wie die Reaktionen ausfallen.

Durch das Unentschieden des HSV muss der FC nicht wieder auf den 18. Platz runter, sondern bleibt auf 17, morgen spielt Mainz und Wolfsburg. Verlieren beide, ist nichts passiert, punkten beide, wär das eher so semi. Mainz ist dann auch der nächste Gegner. Zu Hause. Um mal das Ruthenbecksche Phrasenschwein zu bemühen: Ich erwarte eine Reaktion unserer starting eleven!

Freunde, mal ehrlich: So muss man nicht runter gehen, ne?

Warten wir es ab.

Was anderes: Wer sich ein wenig über Werner Spinner informieren möchte, der lese bitte diesen Artikel im KStA. Er übernimmt keinerlei Verantwortung und schiebt alles von sich. Das ist schon sehr speziell.

Frohe Ostern.

Bremen – FC: 28 Weeks later

Wir können uns alle noch erinnern. Der 25. August in Monaco. Eine Ewigkeit ist es her, ein ganzes Leben fast. Wir lagen uns wieder in den Armen, schlugen die Hände über dem Kopf zusammen und tanzten an diesem Freitag wie von Sinnen durch die Stadt. Arsenal! Roter Stern! Alter! Wir schauten uns an, mit einem Glanz in den Augen, der einer ganzen Generation von FC-Fans bisher verwehrt geblieben war. Wir wussten – tief in uns drinnen – dass wir so etwas vielleicht nie wieder erleben würden, dass es ein Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes darstellt, dass eine Wiederholung, sollte sie denn überhaupt möglich sein, nie wieder diese Katharsis, diese völlige Reinwaschung von allem fußballerischen Übel sein wird. Sein kann. Wir genossen den Moment, wie wir noch nichts im Fußball genossen haben. Weltmeister? Hab ich morgen wieder vergessen. Es war mit nichts auf der Welt zu vergleichen.

28 Wochen später ist die Welt eine andere.

Abgeschlagen Letzter in der Liga, Trainer weg, Sportdirektor weg, im Innenverhältnis zerstrittener als die Grünen unter Joschka Fischer. Die Saison ist eine einzige negative Schlagzeile. Es ist als wären wir am 25.08. in einen wundervollen Fiebertraum gefallen und wachen nun schweißgebadet in der Realität auf. Okay, natürlich waren wir auch vorher schon mal wach und haben nach draußen geguckt aber irgendwie sah das noch alles nach Welt aus. Die Bäume waren noch da und die Vögel auch. Heute stapfen wir durch eine Zombie-Apokalypse. Im Hintergrund brennt das Geißbockheim.

All die Fehler aufzuzählen, die uns an diesen Punkt ohne Wiederkehr geführt haben, wäre eine wahre Herkulesaufgabe also lasst uns nur den wichtigsten nehmen: Der Kader ist schlecht. Wir sind ja letzte Saison nicht nach Europa gekommen, weil wir so gut waren, sondern weil die Liga so schlecht war. Wir profitierten von der unfassbaren Quote von Tony Modeste, wir hatten Spielplanglück, es kam einfach alles zusammen und kaschierte die – auch schon im letzten von vorletzten Jahr vorhandenen – Probleme so sehr, dass es uns und die Verantwortlichen blind machte. Es war ein zuckersüßer aber vergifteter Trank Glück, den wir da gierig in uns rein stürzten.

Erinnert Euch bitte an die Rückrunde. Nach dem Sieg in Darmstadt haben wir keinen Sieg mehr auswärts eingefahren. Zwischen dem Aus im DFB-Pokal in Hamburg und dem nächsten Sieg in der Liga (zu Hause gegen Hertha) lagen fünf Spiele ohne Sieg. Insgesamt gewannen wir seit dem 17.02.2017 nur vier Spiele und verloren sieben! Das ist nicht die Bilanz einer Mannschaft mit europäischen Ansprüchen. Es war uns egal. Irgendwie klappte es ja trotzdem. Wir wussten, dass wir rechts eine Schwachstelle haben. Wir wussten, dass es im zentralen Mittelfeld nicht auf Dauer gut gehen kann und was wir wirklich wussten war, dass man Modeste nicht genug danken kann, für das was er da geleistet hat. Wir kannten die Baustellen. Am 20.05. standen wir auf den Ringen und am Zülpicher Platz, prosteten uns zu, keine Gedanken an irgendeine Sorge in der Welt. Wir haben Stöger, wir haben Schmadtke, jetzt haben wir auch die Kohle, jetzt wird es besser. Die Leute sind ja nicht blind.

Es war wie Ferien auf dem Bauernhof. Naiv und unschuldig.

Mit der Bewertung des Sommers in Köln wird es aber jetzt doch schwierig. Ich möchte es bewusst überspitzt formulieren: Entweder ist Schmadtke nicht der smarte Manager, für den er allgemein gehalten wird, oder er hatte es sich zum Ziel gesetzt den FC nachhaltig zu zerstören. Es gibt da fast kein Zwischending. Aufgrund der vorherigen Transferperioden (Clemens, Rudnevs, to name a few) tendiere ich immer noch zu Lösung A, obwohl ich dem Charme von Option B durchaus auch etwas abgewinnen kann. Ohne auf die zwischenmenschlichen Gerüchte zwischen Stöger und Schmadtke näher eingehen zu wollen, kann man es, wenn man ein wenig bösartig ist und sich Schmadtkes bisherigen Stationen anschaut, durchaus als ein Muster erkennen und die Augen in der Zukunft offen halten.

Es wurde keine der Baustellen geschlossen, der Kader wurde signifikant schlechter, es gab keinen Spielplan hinter den Verpflichtungen (wer soll Zielspieler sein? Osako? Zoller? Oder gar wirklich Cordoba?), es war unausgewogen und viel zu teuer. Die Saison wurde ein Debakel mit Vorankündigung. Wir spielten die schlechteste Hinrunde in der Geschichte, wir waren nicht mehr als ein Sandsack für den Gegner. Und dennoch fahren wir mit 5.500 Menschen nach Belgrad, der FC kann machen was er will, er ist nun mal der Club dieser Stadt und diese Stadt ist manchmal eigen.

Zitternd und durchnässt, wütend und müde, ohne Feuer dafür mit schmerzenden Füßen standen wir einen Tag nach Nikolaus im Stadion Rajko Mitić, sahen ein Spiel, welches man nur mit sehr viel gutem Willen als Fußball erkennen konnte und spätestens dort, an diesem eigentlichen Sehnsuchtsort, wurde es uns allen klar: Wir sind wieder auf Null. Wir sind wieder der Scheißverein der letzten 25 Jahre. Wir sind wieder mal Boden, am Tiefpunkt, liegen mit der Schnauze schon im Wasser und kriegen keine Luft mehr. Wir werden nie wieder hier sein. Wir werden nächstes Jahr um die Zeit in Aue stehen oder in Magdeburg. Es ist vorbei und alles ist verloren singen leise die Wise Guys.

Später in der Nacht stehen wir im Hotel auf dem Balkon, schauen auf die Stadt, rauchen noch eine Zigarette, rekapitulieren das Spiel. Einer sagt dass es keinen Spaß mehr macht, dass er keinen Bock mehr hätte. Wir stimmen zu und lachen dann fast wahnsinnig auf. Es nützt ja nichts, wir wissen, dass wir von diesem Verein nie loskommen werden. Jedenfalls nicht in Gänze.

Genauso geht es mir heute. Gott, das war eine lange Vorrede, nicht wahr?

Das Spiel in Bremen, wieder ein neuer Versuch den letzten Platz an den HSV abzugeben, war wieder nichts als pure Enttäuschung. Der FC spielt mMn die erste Halbzeit völlig ohne Plan, er sieht zwar nominell offensiv ausgerichtet aus, auf dem Platz sieht man aber davon nichts. Es fand eigentlich gar kein Aufbauspiel statt. Keine schnellen Bälle auf die Außen, nicht einmal aggressives Pressing, keine Versuche den Ball zu erobern und dann auch etwas mit diesem anzustellen. Die zwei Situationen, in denen der 1.FC Köln vielleicht mit ein wenig Druck nach vorne hätte spielen können, weil man im Mittelfeld ungefähr zwei Saarland-Größen Platz hatte, wurden durch Yuya Osako recht schnell entschärft. Sonst war da nichts. Es gab vorne auch keine Anspielstationen, denn Claudiao Pizarro (dem man für sein biblisches Alter immerhin noch eine Teilnehmer-Urkunde ausstellen kann) und Simon Terodde rannten wirkungslos im Kreis. Koziello versuchte immerhin ein paar Dribblings, blieb aber auch hinter den Eindrücken von den Spielen gegen Leipzig und Stuttgart zurück. Okay, das ist aber nicht weiter schlimm, der Junge macht Spaß und hat den Ball nicht zum Feind. Eine Eigenschaft, die in dieser Mannschaft immer noch nicht unglaublich weit verbreitet ist.

In der zweiten Halbzeit wurde es durch die Hereinnahme von Leo Bittencourt ein wenig besser aber insgesamt ist das dann auch zu wenig, wenn du dich nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich anstellst wie Marco Höger vor dem 2:1. Dieser Kopfball ist eine perfekte Zustandsbeschreibung des 1.FC Köln im März 2018. Irgendwas hat man vor aber man weiß nicht genau was, oh, da ist der Ball ja schon, okay, dann köpfe ich ihn mal irgendwo hin. Huch. So benehmen wir uns auf allen Ebenen. Das ist mit Frechheit noch wohlwollend umschrieben. Ja, jeder kann Fehler machen, ich weiß. Ja, ich mache auch Fehler. Ja, wichtig ist, dass man daraus lernt. Ich weiß es, gottverdammt. Das Problem ist: Wir machen dauernd Fehler. Irgendein Spieler hat in jedem Spiel seinen Aussetzer. Sörensen, Horn, Höger, Özcan, Heintz, Jojic, die Liste ließe sich, je nach dem wo man den Fehler als wegweisend für das Gegentor ansetzt, beliebig fortsetzen. Es stimmt einfach qualitativ nicht in dieser Mannschaft.

Dazu kommt dann noch, dass du die einzige Flanke, die Marcel Risse in den Strafraum bringt dann auch noch vergibst wie der Papst den Sündern und dann gucken wir uns wieder an und wissen nicht weiter. Die Spiele gegen Stuttgart und Bremen waren einfach noch mal ein Schlag in die eh schon reichlich ramponierte Magengrube. In beiden Spielen schlagen wir uns selbst. Beide Gegner waren weiß Gott nicht unschlagbar und die Vorlagen der Liga, sich doch noch einmal in den Abstiegskampf zu robben, lagen auf einem silbernem Tablett mit akkurat gefalteter Serviette.

Es soll dieses Jahr nicht sein und wir dürfen uns darüber nicht beschweren. Die Probleme sind alle hausgemacht. Es gibt keine dunkle Macht, die dem effzeh an den Kragen will, es gibt keine Weltverschwörung und keine finsteren Pläne der DFL. Wir sind an allem selber schuld, weil wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben. Aber Ruthenbeck hat bestimmt gute Ansätze gesehen. Ist ja auch was wert.

Sei es wie es sei, ich wünsche mir vom 1.FC Köln in dieser Saison nicht mehr viel. Ich wäre froh, wenn man die Spielzeit mit Anstand und Würde zu Ende bringt, wenn man sich im Sommer dann (erneut) neu aufstellt und wenn man sich überlegen würde, dass wir, die Mitglieder und Fans des Vereins, immer noch die sind, die den Verein zu etwas besonderem machen. Wir werden auch nächstes Jahr nach Müngersdorf gehen, wir werden auch nächstes Jahr wieder tausende Kilometer mit der Mannschaft reisen und wir werden im Sommer 2019 wieder am Steinauto stehen und die Stadt wird tanzen. Wir sind der 1.FC Köln, das ist dann eben so.

In Belgrad saßen wir in der Kneipe und fragten “Liebst Du den Verein überhaupt?”.

Ja, Mann, ich liebe den Verein. Ich bin verloren. Es ist der 1.FC Köln.

Auch 28 Wochen später.

FC – Stuttgart: Junimond

Am Ende, nach 94 Minuten, fragst du dich, in welchem Film du heute denn schon wieder gewesen bist. Das Spiel gegen den VfB könnte eine Blaupause der Saison sein. Alles, was bei uns schief gelaufen ist und auch weiterhin schief läuft, ist in diesem Sonntag-Nachmittag komprimiert. Sportliche Tiefschläge, eigene Dummheit, Nebenkriegsschauplätze aus der hintersten Ecke der Idiotenhölle, Videobeweise und ein klitzekleines bisschen Pech. Das muss man gut umrühren, über Nacht im Kühlschrank stehen lassen und am nächsten Morgen steigt man ab.

Der FC startet einigermaßen frech und zielorientiert in das Spiel, das 1:0 fällt früh, danach werden immer wieder große Lücken in der Stuttgarter Hintermannschaft herausgespielt, die mit einem vorgezogenen Badstuber und fahrigen, fehleranfälligen Außenverteidigern in den ersten 30 Minuten kaum in der Lage sind, den FC zu verteidigen. Der bärenstarke Koziello im Zentrum leitet Angriff über Angriff ein, verteilt die Bälle mit gutem Auge und viel Geschick an den vor ihm positionierten Osako oder direkt nach Außen auf Risse respektive Hector, von wo aus dann der Ball den Weg Richtung letzte 20 Meter findet und… leider versandet. Es war, nein, es ist immer noch zum verrückt werden. Der VfB spielt so schlecht wie keine andere Mannschaft vor ihm in Müngersdorf aber wir schaffen es nicht diese Fehler zu nutzen. Das 2:0 wird zurecht zurück gepfiffen, darüber dürfen wir uns nicht ärgern. Worüber wir uns ärgern müssen, ist, dass es nicht gelang mehr als diese eine klare Chance zu kreieren. Wenn du so viel Raum hast, wenn der Gegner offensichtlich noch gar nicht im Spiel ist, dann musst du den Sack schon nach 25 Minuten so fest zugeschnürt haben, dass da keine Luft mehr raus kommt. Letzte Woche profitierten wir von den unzureichenden Schnürfähigkeiten des Gegners, diese Woche gucken wir dumm aus der Wäsche, weil es umgekehrt passiert ist. Das ist mit ‘frustrierend’ noch sehr milde umschrieben.

Mir fehlt die Energie jetzt einen Spielbericht zu schreiben, jeder hat gesehen, was passiert ist. Vielleicht rächt sich das Universum für seine letztjährige Nachlässigkeit? Es ist zu billig jetzt auf Timo Horn drauf zu schlagen oder die Wände anzuschreien wie ungerecht doch alles ist. Letztlich ist Fußball ein Spiel das durch wenige Aktionen entschieden wird. Es ist eben kein Handball oder Basketball wo Fehler und daraus resultierende Gegenpunkt leicht wieder gut zu machen sind. Das Tor ist ein seltenes Ereignis. Im Fußball dreht sich dadurch das Spiel, im Fußball kann die schlechtere Mannschaft immer gewinnen, wenn die Götter es wollen.

Es ist zum davonlaufen.

Natürlich hat sich die Mannschaft auch in der zweiten Hälfte nicht wirklich aufgegeben aber wenn wir uns anschauen, wie sich die Körpersprache verändert hat, wie zittrig die ersten Minuten nach Wieder-Anpfiff waren, wie unnötig auch der dritte Gegentreffer war, da muss man schon von Wirkungstreffern reden. Irgendwann müssen wir realisieren, dass alle Anstrengung vergebens war, dass es einfach nicht sein soll und dass der Kampf um den Klassenerhalt am Ende dann doch einer gegen Windmühlen sein wird.

Am Ende, nach 94 Minuten, fragst du dich, in welchem Film du heute denn schon wieder gewesen bist. Jonas Hector und Timo Horn liegen weinend auf dem Boden, das Stadion leer sich schnell, allerdings nicht ohne vorher der Mannschaft einen anständigen Empfang in der Südkurve zu bereiten. Es gab keine Pfiffe, keine Pöbeleien, es hatte etwas von: Jungs, wir wissen es, ihr wisst es, nächstes Jahr machen wir es zusammen wieder gut. Es war fast ein Zen-Moment, in der größt möglichen Frustration.

Der FC verliert also gegen den VfB Stuttgart, der damit das nächste Jahr Bundesliga ziemlich sicher buchen kann, und hat wieder einen Punkt auf den Relegationsplatz verloren. Acht sind es diese Woche. Ist immer noch aufzuholen, ja, ich weiß. Dennoch sind solche Spiele wie gestern eigentlich die Spiele, über die wir am Ende der Saison, wenn wir wieder mal ungläubig auf die Tabelle schauen werden, diskutieren werden: Mann, hätten wir gegen Freiburg gewonnen, hätten wir gegen Stuttgart gewonnen, hätte de Blasis auch nur einen Funken Ehre im Leib… das werden die Diskussionen sein, im Mai.

Es ist wie es ist.

Neben dem sportlichen Misserfolg sorgte gestern (wieder mal) die Fansezene in Köln für helle Aufregung in den sozialen Medien. Man konnte über die SKY-Außenmikrophone in der zweiten Halbzeit sehr gut einen Pöbler hören, der ohne Unterlass in Richtung Ron-Robert Zieler krakelte. „Zieler, warum bringst du dich nicht um?“ oder „Deine Mutter ist mit Enke verwandt“ wurden da neben dem “Hurensohn” und “Deine Mutter fickt alles” bundesweit übertragen und sorgten (nicht nur) bei mir für gehöriges Fremdschämen. Gestern war ich noch nicht sicher, dass es wirklich jemand auf dem Zaun war, heute weiß ich es besser. Es ist so unnötig, so blöd. Und es macht müde. Das Unglück der Welt, der Untergang des Fußballs geht sicher nicht von einem einzelnen, fehlgeleiteten Ultra auf einem Zaun in Köln-Müngersdorf aus, aber gerade jetzt, wo sich auch außerhalb der aktiven Fanszene immer mehr Leute gegen die Repressionen des Vereins und der Liga stellen, wo aber auf der anderen Seite auf jede noch so kleine Verfehlung gewartet wird, ist es einfach bescheuert sich mit diesen Sprüchen wieder ins Abseits zu schießen. Natürlich schreibt der EXPRESS darüber, damit es auch jeder mitbekommt. Natürlich wird das in das kleine, schwarze Buch des 1.FC Köln eingetragen und natürlich wird das auch Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die ein härteres Vorgehen gegen Ultras fordern. Das Schlimme ist: Es gibt keine Gegenargumente. Ja, vielleicht sind solche Sprüche in allen Stadien an der Tagesordnung und niemand regt sich darüber auf, weil sie niemand mitbekommen hat aber in Köln war nun mal das Mikrophon an, es wurde übertragen. Es gibt darüber schlicht nichts zu diskutieren. Wenn ich mit 170 über die Ringe brettere und dabei von der Polizei erwischt werde, kann ich ja auch nicht argumentieren, dass gestern einer mit 150 die Lux runter gebrettert ist und dem ist nix passiert. Die Sprüchen waren bescheuert und dumm, sie lassen jeden Anstand vermissen. Wenn eine ganze Kurve “Arschloch, Wichser, Hurensohn” schreit, dann ist das eigentlich schon traurig genug aber Folklore. Geflucht und beschimpft wurde im Fußball schon immer, der Sport kann seine Wurzeln nie verraten aber die Sprüche gestern hatten eine andere Qualität. Ich kann auch nicht alles mit “Emotionen” erklären. Scheiße, ich bin auch emotional und dennoch würde mir nicht einfallen Zieler zum Selbstmord aufzufordern. Das gibt es doch nicht.

So passt dann alles zusammen an diesem deprimierenden Nachmittag. Nächste Woche gibt es ein Montagsspiel. In Bremen. Wegen Europapokal, sie wissen schon…